Dreifache Mama im Kampf gegen häusliche Gewalt„Ich konnte jeden Freitagabend um 22.40 Uhr sagen, ich werde heute zusammengeschlagen“

Mit Hoffnung und neuem Gesetz gegen Gewalt an Frauen!
Die Zahl der in Deutschland von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen steigt stetig. Der Weg in ein Frauenhaus scheint oft der einzig mögliche Ausweg zu sein. Das Saarland macht nun einen Schritt nach vorn. Dort soll künftig die elektronische Fußfessel für häusliche Gewalttäter eingesetzt werden. Aber kann moderne Technologie das Leid tatsächlich stoppen? Sadaf Zahedi erzählt als Betroffene im Gespräch mit RTL von ihrem schwierigen Weg.
Scheinbar sicherer Hafen wird zur Hölle
Sadaf Zahedi, eine mutige Frau mit Herzschmerz in der Stimme und Entschlossenheit in den Augen. Sie ist ein Beispiel für den aufwühlenden Kampf gegen häusliche Gewalt. Die dreifache Mutter durchquert die Dunkelheit und steht heute als ein starkes Symbol des Widerstands gegen Gewalt gegen Frauen. „Ich habe es erlebt, dass mein Vater meine Mutter sehr stark geprügelt hat, dass er uns Mädchen immer sehr stark unterdrückt hat, eingeprügelt hat und wir gar keine Rechte hatten”, erinnert sich die Gründerin der Initiative „Bildung ohne Bücher“. Die traumatischen Erfahrungen ihrer Kindheit prägen sie nachhaltig, doch die dunkelsten Zeiten liegen noch vor ihr.
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Mit 19 Jahren lässt Zahedi, in der Hoffnung auf ein besseres Leben, einen deutschen Mann in ihr Leben. Doch was zuerst wie ein sicherer Hafen erscheint, entpuppt sich als Hölle. „Der erste Schritt war, als er mich am Kopf gepackt, gegen die Wand geschlagen hat. Ich bin einmal durch das ganze Wohnzimmer geflogen”, erinnert sie sich an die ersten gewaltsamen Übergriffe.
„Dieser Mensch war noch schlimmer als mein Vater. Ich konnte jeden Freitagabend um 22.40 Uhr sagen, ich werde heute zusammengeschlagen und die Polizei wird wieder gleich an der Tür stehen.“ Zahedi stellt fest: Gewalt kennt keine Nationalität. Vier Jahre ist sie der häuslichen Gewalt ausgesetzt, verzeiht wieder und wieder und glaubt an seine Entschuldigungen. „Gerade aus Liebe vergeben diese Frauen oft, weil ich es selbst genauso gemacht habe.“
„Er hat mein Kind aus dem Arm gerissen und mit voller Wucht in das Kinderbett geworfen“
Doch der Moment, der bei Zahedi den Schalter umlegt, ist der Angriff auf ihren gemeinsamen Sohn. „Er ist auf mich losgerannt, um auf mich einzuschlagen und hat mir das Kind aus dem Arm gerissen und meinen Sohn mit voller Wucht in das Kinderbett reingeworfen.” Ab diesem Moment weiß sie: „Es geht hier nicht mehr nur um mich. Jetzt muss ich ein neues Leben schützen.“

Trotz aller Widrigkeiten schafft es Zahedi, sich selbst und ihren Sohn zu schützen. Sie sucht Hilfe, verlässt das gewalttätige Umfeld und baut für sich und ihren Sohn ein neues Leben auf. „Ich habe nur ein Leben und kann zwar meine Vergangenheit nicht ändern, aber ich kann mein Morgen neu schreiben“, erklärt sie heute entschlossen.
Im Video: Hier gibt es Hilfe für Betroffene
Saarland stimmt über Gesetz zu häuslicher Gewalt ab
Offizielle Statistiken zufolge wurden im Jahr 2023 bundesweit mehr als 180.000 Frauen Opfer von „geschlechtsspezifischen Gewaltstraftaten gegen Frauen” – eine erschreckend hohe Zahl. Die Dunkelziffer ist jedoch wahrscheinlich viel höher. Das Saarland reagiert nun mit einem neuen Gesetz, das den Einsatz elektronischer Fußfesseln zur Überwachung von potenziellen Tätern erlaubt. Viele Politiker und Aktivisten fordern eine umfassendere nationale Gesetzgebung zur Bekämpfung häuslicher Gewalt.
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Sadaf Zahedi äußert Zweifel. „Ich weiß nicht, wenn man jetzt eine Fußfessel trägt, man muss bedenken, falls ein Alarm ausgelöst wird, wie lange dauert es, bis Hilfe eintrifft? Es könnte bereits zu spät sein“, hinterfragt Sadaf Zahedi die Effektivität von elektronischen Fußfesseln. Sie plädiert für härtere Strafen für Täter.
Anstelle von Technologie setzt Zahedi auf Bildung und Aufklärung. „Mädchen sollten schon von Anfang an gestärkt werden“, betont sie. Sie spricht sich für mehr Sensibilisierungsarbeit und Prävention an Schulen aus, um jungen Mädchen bewusst zu machen, wie wertvoll sie sind.
„Es ist manchmal einfacher, mit jemand Fremdes darüber zu reden“
Mittlerweile hat Sadaf Zahedi einen fürsorglichen Partner an ihrer Seite und möchte ein strahlendes Vorbild für ihre Töchter sein. Sie hat ihr Leid in Stärke verwandelt – um für Veränderungen zu kämpfen, das Bewusstsein für das Thema zu schärfen und betroffenen Frauen den Mut zu geben, ihre eigenen Geschichten zu erzählen und Hilfe zu suchen. „Es gibt 750 Beratungsstellen in Deutschland. Es gibt 400 Frauenhäuser. Und es gibt regionale Angebote. Es gibt ein Gewalthilfetelefon“, betont sie. „Es ist manchmal einfacher, mit jemandem Fremden darüber zu reden und dadurch Glaubwürdigkeit zu gewinnen.“
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Häusliche Gewalt ist grausam, vielfältig und nimmt unterschiedlichste Formen an – von physischer Gewalt, wie Tritten und Schlägen, bis hin zu sexueller Gewalt. Aber auch psychologische Gewaltformen wie Nötigungen, Beleidigungen und Demütigungen gehören dazu. Organisationen wie der Weiße Ring setzen sich unermüdlich für die Stärkung und Unterstützung der Betroffenen ein.
Seid ihr von häuslicher Gewalt betroffen?
Gibt es auch in eurem Leben häusliche Gewalt? Unter der kostenlosen Nummer 08000 - 116 016 oder unter www.hilfetelefon.de findet ihr Menschen, mit denen ihr darüber sprechen könnt.