S-Bahn-Unglück in Schäftlarn

Schlimmer Verdacht! Verstieß Lokführer gegen Sicherheitsvorschriften?

15.02.2022, Bayern, Schäftlarn: Zwei aufeinander geprallte S-Bahnen sind an der Unfallstelle in der Nähe des Bahnhofes Ebenhausen-Schäftlarn zu sehen. Beim Zusammenstoß zweier S-Bahnen im Landkreis München sind am Montag ein Mensch getötet und mehr als zehn verletzt worden. Foto: Matthias Balk/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Bei dem Zusammenstoß im Februar 2022 starb ein Mensch (Archivfoto).
mbk tba, dpa, Matthias Balk

Viele Menschen werden sich noch daran erinnern: In Schäftlarn bei München stießen vor vier Monaten zwei S-Bahnen frontal zusammen. Ein Mensch starb, 18 wurden teils schwer verletzt. Die große Frage: Wie konnte so ein Unglück passieren? Die Ermittler sind der Ursache jetzt einen Schritt näher.

Kein Bericht an den Fahrdienstleiter

Es habe – entgegen erster Spekulationen – kein Problem mit den Signalen oder dem Sicherheitssystem gegeben, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Die Punktuelle Zugbeeinflussung (PZB), die Züge unabhängig vom Lokführer bremsen lassen kann, habe am Abend des 14. Februar wie vorgeschrieben funktioniert. Der Zugführer des aus Richtung Wolfratshausen kommenden Zuges, der S7, habe sich schlicht über Vorschriften hinweggesetzt.

Die Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung hat einen Zwischenbericht vorgelegt. Aus dem geht hervor, dass die PZB der S7 bereits vor dem Bahnhof Ebenhausen-Schäftlarn die Lok zum Bremsen zwang – denn der Lokführer sei zu schnell gefahren. Zugführer können in so einem Fall allerdings die Freitaste betätigen, und weiterfahren. Voraussetzung: Der Fahrdienstleiter muss informiert werden. Dies versäumte der Lokführer an diesem Winterabend. Es sollte nicht der einzige Fehler bleiben.

Lok noch 57 Stundenkilometer schnell

Nach dem Verlassen des Bahnhofes soll der Lokführer dann ein Halt zeigendes Signal ignoriert haben. Wieder griff die PZB ein, bremste den Zug. Und wieder drückte der Lokführer die Freitaste, ohne dem Fahrdienstleiter Bescheid zu geben. Das stellte sich als fatal heraus.

Das Signal für die auf demselben Gleis fahrende S-Bahn aus Richtung Baierbrunn stand ebenfalls auf Stopp. Zugführer und PZB bremsten die S-Bahn. Doch das verhinderte den Zusammenstoß nicht. Um 16.35 krachte die S7 aus Richtung Wolfratshausen mit gut 57 Stundenkilometern in den stehenden Zug.

Es ist nicht der erste Vorfall dieser Art: Immer wieder kollidieren Züge miteinander, weil Lokführer sich über die PZB hinwegsetzen oder dem Fahrdienstleiter nicht Bescheid geben. (eon)