Er war zu 400 Jahren Haft verurteilt worden
Zu Unrecht im Gefängnis: Sidney Holmes kommt nach 34 Jahren hinter Gittern frei
Was mag er wohl bei diesem Gang empfinden! Nach 34 Jahren hinter Gittern spaziert Sidney Holmes in die Freiheit: Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen verlässt er am Montagnachmittag (13. März) die Haftanstalt in Broward County. Das erste mal nach so langer Zeit kann der heute 57-Jährige seine Familie als freier Mann in die Arme schließen. Darüber berichtete der US-amerikanische Nachrichtensender CNN.
Doch wie schaffte er es, nach über drei Jahrzehnten doch noch seine Unschuld zu beweisen? Und was tut er mit der neu gewonnenen Freiheit?
Sidney Holmes: Im Jahr 1989 zu einer 400-jährigen Haftstrafe verurteilt
„Ich habe nie die Hoffnung verloren und war mir immer sicher, das dieser Tag kommen würde“, sagte Holmes, als er von seiner Freilassung erfuhr. „Ich kann es gar nicht erwarten, meine Mutter das erste Mal seit 34 Jahren in Freiheit zu umarmen“.
Laut CNN war der heute 57-Jährige im Jahr 1989 zu einer 400-jährigen Haftstrafe verurteilt worden – zu Unrecht, wie sich jetzt herausstellte. Dem mittlerweile aufgehobenen Urteil zufolge soll er 1988 zwei unbekannten Verbrechern als Fahrer geholfen haben. Die beiden Männer begingen einen bewaffneten Raubüberfall vor einem Gemischtwarenladen in Broward County (Florida).
Überzeugt von seiner Unschuld nahm Sidney Holmes im November 2020 Kontakt zu der für die Überprüfung von Urteilen zuständige Stelle der Staatsanwaltschaft in Broward Count auf und versicherte den Strafverfolgern, unschuldig zu sein.
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"Eine Reihe merkwürdiger Umstände" führten zur Verdächtigung
Also wickelten die zuständige Stelle der Staatsanwaltschaft und das Innocence Project of Florida, eine Organisation, die unschuldigen Häftlingen zur Freiheit verhilft, den Fall neu auf – was sie fanden „ließ ernsthafte Zweifel an seiner Schuld aufkommen“, wird die Staatsanwaltschaft von CNN zitiert.
Dem Innocence Project of Florida zufolge führte eine „Reihe merkwürdiger Umstände“ zu der Verdächtigung von Holmes. Denn der Mann wurde nicht bei dem Überfall gefasst. Vielmehr will der Bruder des Opfers Wochen nach dem Vorfall in Holmes Auto das Täterfahrzeug erkannt haben: Als der Afroamerikaner an ihnen vorbeifuhr, notierten sie sein Nummernschild und gaben es an die Polizei weiter. Heute sagt die Staatsanwaltschaft, Sidney Holmes habe ein Alibi gehabt und sein Wagen unterscheide sich in wesentlichen Aspekten vom Täterfahrzeug.
„Es gab weder materielle noch wissenschaftliche Beweise und auch keine Zeugen, die Holmes mit dem Verbrechen in Verbindung bringen konnten“, sagt das Innocent Project of Florida. Als einem der Opfer des Raubüberfalls Fotos von verschiedenen Leuten vorgelegt wurden, erkannte es den heute 57-Jährigen erst beim zweiten Mal, beim ersten Mal jedoch nicht.
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Staatsanwaltschaft: Heute hätte man gar nicht erst Anklage gegen ihn erhoben
Nach der erneuten Ermittlung in dem Fall, ließen sich die Strafverfolger von Holmes Unschuldsbehauptung überzeugen. Die Hautpgründe dafür waren die Art und Weise, wie er in Verdacht geriet und „die fragwürdige Augenzeugen-Identifikation“, die vor Gericht das Hauptbeweismittel gegen ihn darstellte. Wenn der Vorfall sich heute genauso ereignet hätte wie 1988, so die Staatsanwaltschaft Broward County, dann hätte man gar nicht erst Anklage gegen Holmes erhoben.
Wie CNN unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft weiter berichtet, hob ein Richter am Montag die Verurteilung und Strafe des Amerikaners auf. Damit gab er einem dahingehenden Antrag des Innocence Projects of Florida und der Staatsanwaltschaft statt.
Noch am selben Tag durfte Sidney Holmes die Haftanstalt verlassen und seine Mutter und Tante in die Arme schließen. „Ich danke Gott und allen, die das hier ermöglicht haben“, sagt seine Mutter Mary Holmes mit Tränen in den Augen zu CBS News Miami.
Die neu gewonnene Freiheit möchte der 57-Jährige laut CBS News Miami nutzen, um mehr über das amerikanische Strafrecht zu lernen und so anderen unschuldig Inhaftierten helfen zu können. (rhe)
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