Debatte um Schumi junior
Steiner tritt auf die Mick-Bremse: "Wir müssen die Situation beruhigen"
Das Thema Mick Schumacher hat die Formel 1 mächtig im Griff. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht über den angeschlagenen Haas-Piloten diskutiert wird. Immer wieder geht es um seine Unfälle, um seine Null-Punkte-Serie und seine Zukunft in der Motorsport-Königsklasse. Im exklusiven RTL/ntv-Interview (einen Ausschnitt gibt’s oben im Video) spricht Teamchef Günther Steiner nun darüber, wie sehr diese Debatten den jungen Fahrer, aber auch das Team belasten.
Steiner-Ansage: "Der Einfluss von außen hilft niemandem"
Wenn die Formel 1 an diesem Wochenende in Kanada gastiert (alle Sessions im Live-Ticker bei RTL.de), dann hat Haas-Teamchef Günther Steiner wieder nur einen Wunsch: „Punkte!“ Endlich wieder Punkte. Endlich wieder etwas Zählbares. Endlich wieder etwas in der Hand, dass die zermürbenden Diskussionen um den Rennstall und sein heftig in der Kritik stehendes Top-Talent Mick Schumacher deutlich abkühlt. Steiner selbst hatte mit kritischen Ansagen diese Debatten befeuert. Vor dem Grand Prix in Aserbaidschans Hauptstadt Baku hatte er gesagt: "Er kennt die Erwartungen, die bestehen, wenn man einen Teamkollegen hat, der Punkte holt. Dann muss man es ihm gleichmachen. Und wenn du dies nicht tust, wird es schwierig."
Im exklusiven Interview mit RTL/ntv rudert Steiner nun ein wenig zurück. Aber lediglich von der Art und Weise. Nicht von seiner Überzeugung. „Man kann immer etwas besser machen. Aber wir sollten mal die Kirche im Dorf lassen. Der Einfluss von außen hilft niemandem.“ Und der ist gewaltig. Von allen Seiten prasseln Kritik und Verteidigungsreden auf Mick und das Team herein. Keine gute Lage, wie Steiner findet. „Wir müssen die Situation beruhigen und dürfen uns nicht nervös machen lassen.“ Als erfahrenem Mann in der Szene habe Steiner sich ein dickes Fell angeschafft, für junge Fahrer sei es dagegen nicht so leicht, mit den Umständen umzugehen.
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Jeder dürfe und solle seine Meinung haben, betont Steiner. Aber er sieht es eben auch so: „Ich finde es nicht fair, dass Mick jetzt von allen Seiten Ratschläge bekommt, was richtig und was falsch ist. Das muss man im Team lösen.“ Dass der 23-Jährige in einer schwierigen Situation stecke, würde ja fast jeder sehen. Aber es sei eben auch für die Crew nicht leicht, wenn wieder Unruhe hereingetragen werde. Wie Steiner und Schumacher die Situation der vergangenen Wochen aufgearbeitet haben, darüber möchte der Italiener nichts verraten. „Wenn er mir etwas sagt, dann soll das unter uns bleiben und nicht die ganze Welt mit eingebunden werden.“
"Er hat sein Bestes gegeben, aber es hat dann eben nicht geklappt"
Dass seine Kritik an den Unfällen und der Belastung für das Teambudget hohe Wellen geschlagen hat, das ist Steiner bewusst. Aber er möchte dazu etwas klarstellen. Es sei eben „keine Kritik, sondern ein Fakt.“ Steiner glaubt, dass Mick, das auch genauso verstanden habe. „Er machte die Fehler ja nicht mit Absicht. Er hat sein Bestes gegeben, aber es hat dann eben nicht geklappt“, sagt der Teamchef und bezieht sich dabei auf die schweren Unfälle von Schumacher.
Den ersten baute er im Qualifying zum zweiten Saisonrennen in Saudi-Arabien. Mit über 200 Stundenkilometern schlug sein Wagen in die Mauer ein. Den zweiten Crash fabrizierte er in Monaco. In beiden Fällen schrottete er seinen Boliden komplett und verursachte hohe Extrakosten für das Team.
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Sein Ratschlag an den jungen Piloten: „Ruhig und fokussiert bleiben. Sich nicht verrückt machen lassen.“ Als guter Partner steht Schumacher übrigens Kevin Magnussen zur Seite, für den Steiner lobende Worte findet. „Mick hat seinen sehr fairen Teamkollegen, auf den er sich verlassen kann.“ Der Däne würde sich nicht damit zufriedengeben, dass er das interne Duell bislang klar dominiert. „Kevin kümmert sich sehr um Mick. Er möchte, dass auch Mick Erfolg hat.“ Wie es für den 23-Jährigen in der kommenden Saison weitergeht, also ob er weiter im Haas-Cockpit sitzt, darüber sei noch nicht gesprochen worden.
Was Steiner Hoffnung macht: das angekündigte Update an den Boliden. Auch wenn das nun etwas später kommt als geplant. „Wir wollten es schon für Frankreich haben, aber da kommen wir nicht ganz hin, aber vielleicht dann für Ungarn.“ Die Techniker seien überzeugt, „dass wir einen schönen Schritt machen.“ Nun gilt es erstmal wieder die richtige Balance zu finden und die ersten Punkte zu holen.
Steiner: Wir werden ein Update bringen
Crash-Häufigkeit dickes Problem fürs Team
Es sei dabei ein schmaler Grat zwischen Risiko am Limit und Risiko über dem Limit, findet Steiner. Der Fahrer selbst müsse einschätzen, wie weit er bereit zu gehen ist. Wie belastend das auch für das Team sein kann, macht der Italiener am Beispiel der Frontflügel deutlich. Als Rennstall würde man vor der Saison kalkulieren, doch wenn die Zahl des benötigten Teils schon so früh verdopple, dann würde das für die Lieferanten zum Problem. Drei Wochen würde es eben dauern, ein neues Teil zu beschaffen. „Wir sind bereits weit über Planung bei den Frontflügeln.“
Grundsätzlich hat Steiner aber kein Problem damit, wenn Fehler passieren. Sowohl beim Team, als auch beim Fahrer sei das normal. Formel 1 sei eben Hochleistungssport. Wichtig sei, wie man damit umgehe. So haben sich das Haas-Team nach der bitteren Panne im Baku-Qualifying sofort bei Mick entschuldigt. Nach dem Rennen, in dem man sehr gut mithalten konnte, setzte sich die Erkenntnis durch, dass das Missgeschick dem 23-Jährigen womöglich die ersten Saisonpunkte gekostet habe.
Auf Punktekurs war dagegen Kevin Magnussen unterwegs, ehe seine Power-Unit versagte. Ein Problem, das Steiner durchaus Sorgen bereitet, dem wiederum aber die Hände gebunden sind: „Ich muss mich auf Ferrari verlassen, dass sie das abarbeiten. Die Power-Unit ist sehr stark und gut von der Leistung her, aber man hat bei den letzten Rennen gesehen, dass es Schwächen bei der Standfestigkeit gibt.“ Mit Blick auf die Strecke in Montreal, die Baku sehr ähnlich ist, sagt Steiner: „In der Kürze der Zeit kann Ferrari nichts verändern. Hoffen wir mal, dass sich das nicht wiederholt oder wir Glück haben.“