VNV Nation mit neuem Album "Electric Sun"

Musiker Ronan Harris über die Menschen: "Wir haben die Technik zu unserem Gott erklärt"

"VNV-Nation"-Frontmann Ronan Harris sprach mit RTL-Reporterin Denise Kylla über Musik, sein neues Album und warum er seit 22 Jahren in Hamburg lebt.
"VNV-Nation"-Frontmann Ronan Harris sprach mit RTL-Reporterin Denise Kylla über Musik, sein neues Album und warum er seit 22 Jahren in Hamburg lebt.
RTL
von Denise Kylla

Heilende Worte und ganz große Gefühle: In seinen Songs sagt Ronan Harris das, was er selbst manchmal gerne gehört hätte. 1990 gründete der irische Künstler das Projekt „VNV Nation“. Jetzt ist der Wahl-Hamburger auf Europa-Tour und veröffentlicht am 28. April sein neues Album „Electric Sun“. Im Interview mit RTL spricht er darüber, warum er glaubt, dass der Mensch die Natur gerne durch Technik ersetzen würde und warum seine Fans für ihn so wichtig sind.

Ronan, Du musstest das Konzert am 17. März in Köln absagen, weil Du krank geworden bist. Wie geht es Dir jetzt?

Ich habe mir vor dem Konzert eine Grippe eingefangen. Plötzlich schwoll mein Hals zu und ich ahnte schon, dass es mit dem Singen nicht klappen würde. Wir mussten das Konzert dann leider absagen, weil das Risiko zu groß gewesen wäre, dass ich mir langfristige Schäden an der Stimme zuziehe. Mein Arzt hat gesagt, dass ich anderthalb Wochen nicht sprechen darf.

Ronan Harris legte vor knapp 30 Jahren den Grundstein für VNV Nation.
Ronan Harris legte vor mehr als 30 Jahren den Grundstein für VNV Nation.
Franz Schepers, Franz Schepers

Bist Du denn jemand, der viel spricht?

Natürlich, ich bin Ire! Ich bin eine merkwürdige Mischung aus extrovertiert und introvertiert.

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Wie fühlt es sich für Dich an, wenn ein Konzert ausfallen muss?

Ich fühle mich schuldig. Ich hasse es, Menschen zu enttäuschen. Wir konnten das Konzert verschieben, es muss zum Glück nicht ausfallen. Aber die Fans haben so verständnisvoll reagiert, das bedeutet mir viel. Ich versuche, ehrlich mit den Leuten zu kommunizieren.

Deine Konzerte sind immer sehr emotional - wie schaffst Du diese besondere Verbindung zu Deinen Fans?

Es ist das höchste, eine emotionale Verbindung zu seinen Fans aufzubauen. Ich bin ein sensibler Mensch – wenn ich auf die Bühne gehe, schaue ich in die Menge und sehe, wie die Menschen reagieren. So baue ich eine Verbindung zu ihnen auf.

Die Musik ist meine emotionale Befreiung. Es ist ein Weg für mich loszuwerden, was mir schwerfällt, anderen Menschen zu sagen. Eigentlich bin ich immer derjenige gewesen, dem andere ihr Herz ausgeschüttet haben. Als ich dann etwas auf dem Herzen hatte, wusste ich nicht, mit wem ich reden sollte. Mein Ventil war dann die Musik. Ich habe in Songs das ausgedrückt, was ich gerne von anderen gehört hätte. Das hört jetzt das Publikum – und heute sind es Worte, die ihnen wiederum helfen. Das ist auch wie eine Therapie für mich.

Das Album "Electric Sun" erscheint bald. Worauf können sich die Fans freuen?

Das Album sollte eigentlich zu Beginn der Tour erscheinen, wir mussten den Veröffentlichungstermin aber leider auf den 28. April verschieben. Es gab Herausforderungen bei der Produktion – nicht zuletzt auch, wegen des Krieges in der Ukraine und den daraus entstandenen Lieferschwierigkeiten. Das Album erscheint diesmal also erst nach der Tour.

Aber: früher war es normal, das Album live zu hören und dann erst nach der Tour kaufen zu können. Ich bin 1983 in Dublin auf einem Konzert der Band New Order gewesen. Dort haben sie dann zum allerersten Mal das Lied „Blue Monday“ live gespielt. Niemand hat es je zuvor gehört. Es war magisch. Das Album konnten wir dann erst später kaufen.

Was ist die "Electric Sun"?

Die Idee für „Electric Sun“ war, dass wir in einer Welt leben, in der wir die Technik zu unserem Gott erklärt haben. Wir sind so abhängig von ihr geworden, dass wir glauben, sie löse all unsere Probleme. Wir lassen sie unser Leben bestimmen. Fortschritt ist zu einem religiösen Symbol geworden, das wir alle anbeten sollen.

Technologie ist aber nicht immer eine Hilfe, sie kann uns auch ausbeuten, wenn sie missbraucht wird. Ich glaube, dass der Mensch alles Natürliche durch Technik ersetzen würde. Einfach nur, weil er es kann. Das würde er auch mit der Sonne tun. Und dann würden wir mit der Technik Geld machen, indem wir sie an uns selbst verkaufen.

Ich glaube wir leben in einer Zeit, kurz vor Ende der Menschheit wie wir sie kennen. Künstliche Intelligenz hat sich so schnell entwickelt, wie ich es nicht für möglich gehalten hätte. Bis 2000 habe ich selbst in der Computer-Industrie gearbeitet und bin der Meinung: Wir sind Menschen und keine Taschenrechner.

Die berühmte Frage nach der einsamen Insel: Du darfst nur ein Album mitnehmen - welches ist das?

Ich nehme „A Walk Across the Rooftops“ von „The Blue Nile“ aus dem Jahr 1984 mit. Über diese Frage denke ich seit nach, seitdem ich ein Teenager war. Es enthält alle Facetten der Musik und Gefühle. Ich fühle eine Verbindung – ich fühle mich, als wäre ich ein Teil des Albums.

Ronan Harris ist gebürtiger Ire - im Interview zeigte er sich tiefgründig, emotional und auch von seiner lustigen Seite.
Ronan Harris ist gebürtiger Ire - im Interview zeigte er sich tiefgründig, emotional und auch von seiner lustigen Seite.
RTL

Wie lange lebst Du schon hier in Deutschland? Warum bist du hergezogen?

Ich lebe seit 22 Jahren in Hamburg. Ich bin 1987 nach London gezogen, es war eine verrückte Zeit. Die Stadt war voller unterschiedlicher Kulturen. Aber es gab eine Finanzkrise. Und dann wurde die Stimmung depressiv. Also bin ich für ein paar Jahre nach Kanada gezogen. Aber ich bin wieder nach London zurückgekehrt, weil das mehr meinen Vorstellungen entsprach. Es kam aber der Punkt, an dem ich mich eingeengt gefühlt habe. Immer, wenn ich Konzerte in Deutschland gespielt habe, habe ich mich auf eine seltsame Art wohlgefühlt. Deutschland hat für mich als Iren eine Romantik, die auch mit der Zeit des Kalten Krieges verbunden ist. Hier fühlt sich das real an, was Wim Wenders in seinem Film „Der Himmel über Berlin“ ausdrückt.

Hamburg ist eine Stadt mit der Seele eines Dorfes. Plus: Das Wetter ist genauso wie das, was ich aus Irland gewöhnt bin – viel Regen!

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