Virologin Prof. Ulrike Protzer zweifeltBrauchen wir gar keine Herdenimmunität?

Die Delta-Variante wächst auch in Deutschland und nur mit einer schnellen Immunisierung der Bevölkerung können wir dagegen anrennen. Die Herdenimmunität wurde deshalb als Ziel angesetzt. Virologin Prof. Ulrike Protzer zweifelt aber daran, ob wir die überhaupt brauchen. Warum es so schwierig ist, sie zu erreichen, erklärt sie im Corona Talk mit RTL-Reporterin Nele Balgo. Mehr Infos sehen Sie oben im Video.
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Virologin Protzer: "Jetzt kann wohl ein Mensch sechs Ansteckungen machen"

Die Delta-Mutation, die zuerst in Indien festgestellt wurde, hat in der Kalenderwoche 24 (14.-20. Juni) schon 37 Prozent der Neuinfektionen ausgemacht. Das geht aus Daten des Robert Koch-Instituts vom 30.06.2021 hervor. Inzwischen könnte jede zweite Infektion eine Delta-Ausprägung haben, schätzen die Experten. Die Virus-Variante gilt als deutlich ansteckender als der Wildtyp.

„Das war am Anfang so, dass ein Mensch drei angesteckt hat, dann ein Mensch vier bis fünf – mit der Alpha-Variante – und jetzt kann wohl ein Mensch sechs Ansteckungen machen“, sagt die Münchner Virologin. Für eine Herdenimmunität müssten 84 Prozent der Bevölkerung als immun gelten. Dieses Ziel sei aber kaum zu erreichen, zweifelt Protzer. Denn kleine Kinder können noch gar nicht geimpft werden. Für alle unter 12-Jährigen ist nämlich noch kein Impfstoff zugelassen. Zudem gibt es einige Gruppen, die trotz Impfung keinen guten Schutz aufbauen. Das betrifft beispielsweise Menschen, die Medikamente einnehmen, die das Immunsystem bremsen. „Mit der Herdenimmunität wird es schwierig“, prophezeit die Virologin deshalb.

Brauchen wir gar keine Herdenimmunität?

Auch die zunehmend ansteckenderen Mutationen könnten es erschweren, die Herdenimmunität zu erreichen. Das „würde ja bedeuten, das Virus kann sich gar nicht mehr ausbreiten. Das brauchen wir vielleicht auch gar nicht“, erklärt Prof. Protzer von der Technischen Universität München im RTL-Interview.

Denn das Ziel sei ja bereits erreicht, wenn wir das Virus kontrollieren können und das Gesundheitssystem nicht überlastet werde, findet die Virologin. Auf den Intensivstationen liegen aber nach wie vor schwer kranke Covid-19-Patienten, Dutzende sterben noch jeden Tag. 70 Prozent der Covid-Patienten auf den Intensivstationen werden aktuell sogar beatmet. Die meisten sind Langezeitpatienten und hatten sich, nach Angabe der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, bereits während der dritten Welle im Frühjahr angesteckt. (nba)

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