Schon mit 20 trug ich Omas StützstrümpfeRTL-Reporterin hat die gleiche Krankheit wie Sophia Thomalla: "Wir teilen ein schmerzhaftes Schicksal"

Giulia Asbeck hat venöse Malformation - wie Sophia Thomalla
RTL-Reporterin Giulia Asbeck hat die gleiche Krankheit wie Sophia Thomalla.
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von Giulia Asbeck

Sophia Thomalla bricht ihr eigenes Tabu und spricht bei Instagram einmalig über eine seltene Krankheit. „Ich habe eine venöse Malformation.“ Was bei vielen für Fragezeichen sorgt, hat mich aufgewühlt. Schließlich ist die Moderatorin damit der erste Mensch, von dem ich weiß, dass er sich mit mir ein gemeinsames, fieses, schmerzhaftes und lebenslanges Schicksal teilt.
Lese-Tipp: Sophia Thomalla spricht erstmals über unheilbare Krankheit

Falsche Diagnosen und unsinnige OPs

Meine Odyssee begann, als ich zwölf Jahre alt war. Ich habe jahrelang leidenschaftlich Ballett getanzt - Blessuren an meinen Beinen war ich gewöhnt. Nur plötzlich war an meinem linken Schienbein eine dicke, dicke Beule. Es war anders, als alles, was ich je vom Sport erlebt hatte. Die Beule ging nicht weg. Mein Bein schwoll immer mehr an. Schmerzen, die Laufen zur Qual machten.

Als ich mich meiner Mutter anvertraute, war sie sicher, dass mir nur Experten helfen können. Kein Problem - schließlich haben wir in NRW renommierte Venenforscher und Phlebologen. So leicht sollte es mir aber nicht gemacht werden. Selbst die bekanntesten Venenexperten haben sich an mir die Zähne ausgebissen. Das ging sogar so weit, dass ich mich einer OP unterzog, die meiner damals noch undiagnostizierten Krankheit mehr schadete als nützte. Mit 16 Jahren wurden mir Krampfadern entfernt. Die Ärzte dachten, damit sei es getan. Von wegen! Als sich nichts besserte, wurde mir empfohlen, die ambulante OP ein zweites Mal durchzuführen. Da war ich etwa 20.

Von einem Arzt zum anderen

Bei der Voruntersuchung bin ich dreimal ohnmächtig geworden. Schließlich mussten die Experten mit einem Ultraschallgerät auf meinen schmerzenden Beulen herumdrücken. Nur durch Zufall hat dort ein sehr aufmerksamer und neuer Arzt auf die Bilder geschaut und sofort erkannt: Das sind keine Krampfadern! Während ich schon erneut für den OP vorbereitet wurde, kam er zu mir und erklärte mir alles. Bei mir ist eine tiefe Vene löchrig, die sich hinter den Muskeln befindet. Keine Krampfadern, also bringe diese OP auch nichts. Das Problem sei gefunden - dachte ich…

Dann ging es erst los. Phlebologe, Klinik, Sanitätshaus und und und. Mein linkes Bein schmückte inzwischen ein Stützstrumpf wie bei einer Oma. Sah nicht nur echt bescheiden aus, tat auch noch richtig weh beim Anziehen. In einer großen Uniklinik in NRW hörte ich nur, wie ein Arzt telefonierte und bei mir von einem „sehr besonderen Fall sprach“. Er sei aufgeregt, wüsste aber nicht, ob sie mir helfen könnten. Spoiler: konnten sie nicht. Sie schlugen mir eine OP vor, die zu einem ziemlich hohen Prozentanteil dazu geführt hätte, dass meine komplette Vene zugegangen und abgestorben wäre.

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Zehn Jahre dauerte die Odysee

Ich hab mir zum Glück ordentlich Bedenkzeit genommen, denn nach einigen Wochen bekam ich einen rettenden Brief der behandelnden Ärzte. Sie hatten über mehrere Ecken erfahren, dass es in Bayern für genau solche Fälle einen Spezialisten gibt. Sofort hab ich Kontakt aufgenommen und wurde zum Vorgespräch eingeladen. Halleluja! Als die Ärztin sagte, „solche Fälle habe ich täglich auf dem OP-Tisch“, hab ich geweint. Man konnte mir helfen. Endlich. Das linke Bein war inzwischen 15 cm dicker als mein rechtes und hatte drei Beulen statt anfangs nur einer.

Mit 22 Jahren stand die Diagnose fest: venöse Malformation. Eine angeborene Fehlbildung der tiefen Venen. Ein seltener Fall, der normalerweise früh erkannt wird. Mit 22 Jahren lag ich weit über dem Durchschnitt. Ich bekam meine erste Sklerosierung, die einzige OP, die bei meiner seltenen Krankheit hilft. Hierbei wird eine Art Alkohol-Schaum in meine Beulen gespritzt. Damit sollen sich die löchrigen Venenwände kontrolliert entzünden, verdicken und damit die Löcher schließen. Meine liebevoll genannten „Beulen“ sind Aussackungen voller Blut, das aus der Vene rausfließt und enorm auf den Muskel drückt. Kein Wunder, wie weh das tut… Auf dem OP-Tisch war ich so aufgeregt, endlich wurde mir geholfen. Nach zehn langen Jahren.

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Linkes Bein ist dicker als das rechte

Heute bin ich 26 Jahre alt; von meinen drei Beulen konnten zwei durch die letzte OP geschlossen werden. Bei der dritten Beule hat sich mein Körper geweigert. Sie muss eines Tages separat operiert werden. Das gehört für mich jetzt zum Leben dazu.

Mein linkes Bein ist zwar immer noch viel dicker als das andere und schmerzt, wenn ich mich drauflehne, stoße oder manchmal doof sitze. Aber kein Vergleich zu den Schmerzen vorher! Es tröstet einen ungemein, wenn man nach jahrelanger Qual und einem Krankenhausmarathon endlich jemanden gefunden hat, der weiß, wie man helfen kann. Und noch mehr tröstet es mich, dass Sophia Thomalla mit ihrem Schritt in die Öffentlichkeit hoffentlich mehr Aufmerksamkeit auf diese seltene und echt ätzende Krankheit lenkt.