Verschärftes Sexualstrafrecht in Spanien
Unverbindlich am Ballermann war gestern: Warum Urlauber sich Sex jetzt absegnen lassen müssen

Urlaub am Ballermann: Das bedeutet meist tolles Wetter, fette Partys und heiße Flirts – am Strand und natürlich auch hinterher im Hotelzimmer. Doch das könnte nun für Einheimische und Urlauber komplizierter werden. Denn Spanien hat sein Sexualstrafrecht verschärft. Ab sofort müssen alle beteiligten Personen den sexuellen Handlungen ausdrücklich zustimmen, sonst droht der Knast!
Das Gesetzt gilt für alle - auch für deutsche Urlauber!
Das sogenannte „Nur Ja heißt Ja“-Gesetz hebe die Unterscheidung zwischen Missbrauch und Aggression auf, schreibt die Deutsche Presse-Agentur vergangene Woche. Das heißt: Sexuelle Übergriffe werden nach Inkrafttreten des Gesetzes als Vergewaltigung betrachtet, egal ob die Opfer sich wehren oder nicht. Bis zu 15 Jahre Haft drohen den Tätern. Auch die Verbreitung von Sexvideos und Catcalling werden ab sofort unter Strafe gestellt.
Und das gilt nicht nur für die Einheimischen. Denn im internationalen Strafrecht gelte grundsätzlich das „Territorialitätsprinzip“, wie Rechtsanwältin Kristin Fieberg im Gespräch mit RTL erklärt: „Spanisches Recht gilt in Spanien für alle Taten, welche im Inland begangen werden.“ Die Staatsangehörigkeit des Täters oder der Täterin spiele dabei keine Rolle. „Ein verschärftes Sexualstrafrecht gilt somit in Spanien – sofern es in Kraft tritt – für alle Urlauber, auch für deutsche.“
Doch was bedeutet das genau? Muss sich nun jeder vor dem Sex eine schriftliche Einwilligungserklärung unterzeichnen lassen, selbst beim Geschlechtsverkehr mit der eigenen Ehefrau?
"Wenn ein Partner das nicht möchte, sollte man es unterlassen“
Nein, eine schriftliche Einwilligung sei laut Fieberg nicht nötig, vor allem, weil das in der Praxis kaum umsetzbar sei. Außerdem könne sich der Wille eines Beteiligten während der sexuellen Handlung ändern und dann sei die vorher eingeholte Einwilligung nicht mehr ausreichend. „Ziel des Gesetzes ist es, die Opferrechte zu stärken“, erklärt er. Es komme vor allem darauf an, dass Betroffene, die in einer Gewaltsituation aus Angst, Alkohol oder Drogen einfrieren oder nicht mehr in der Lage seien, „nein“ zu sagen oder sich zu wehren, geschützt werden. „Das heißt jedoch nicht, dass es für Urlauber gefährlicher wird“, stellt Fieberg klar. „Sofern man sich an die Gesetze hält und keinen Dritten zu einer sexuellen Handlung zwingt, besteht grundsätzlich auch keine Gefahr.“
Zudem sei es auch weiterhin möglich, seine Zustimmung stillschweigend, zum Beispiel durch Handlungen, erkennbar zu machen. „Wichtig ist, dass Beteiligte sofort aufhören, sobald vielmehr nicht mehr explizit eindeutig erkennbar ist, dass die andere Person das auch möchte.“ Und das gelte eben auch für Paare in einer Beziehung oder Ehe: „Wenn ein Partner das nicht möchte, sollte man es unterlassen.“
Davon aber abgesehen gelte vor Gericht auch weiterhin der „Zweifelssatz“, erklärt Fieberg. Ist das Gericht nicht von der Schuld des Täters überzeugt, kann demnach das Urteil zugunsten des Täters ausfallen. „Im Ergebnis bleibe es bei ‘Aussage gegen Aussage’“, fasst die Anwältin zusammen.
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Im Zweifel für den Angeklagten
Eine solche Verschärfung des Sexualstrafrechts sei laut Fieberg übrigens auch in Deutschland denkbar. Dafür müsse nur eine Formulierung im Strafgesetzbuch geändert werden. „Das hätte zur Folge, dass es auch in Deutschland nicht mehr darauf ankäme, dass der Täter den Willen des Opfers erkennt, sondern es vielmehr darauf ankäme, ob das Opfer nach außen erkennbar seine Zustimmung erteilt hat oder eine solche Zustimmung auch erteilen konnte.“ Statt „Nein heißt nein“ hieße es dann auch in Deutschland „Nur Ja heißt Ja“.
Kritiker befürchten zwar, dass das Gesetz den Zweifelssatz aushöhle und der vermeintliche Täter seine Unschuld beweisen müsse, statt andersherum, doch die Gefahr sieht Fieberg nicht. „Sofern es dabei bleibt, dass die Staatsanwaltschaft nachweisen muss, dass der Täter ohne erkennbare Zustimmung durch das Opfer gehandelt hat, ist eine solche Verschärfung auch in Deutschland denkbar“, sagt er. Im Zweifel würde weiterhin gelten, dass der Angeklagte frei zu sprechen sei, wenn dem Gericht Zweifel an seiner Schuld verbleiben.
Das Gesetz in Spanien muss jetzt nur noch vom Senat gebilligt werden, doch das gilt als reine Formsache.