Ampel fordert Union zur Zusammenarbeit auf

Union droht mit Blockade im Bundesrat: Wackelt die Einführung des Bürgergelds?

Bürgergeld statt Hartz IV! Das ist eines der zentralen Vorhaben der Ampelregierung. Kommen soll es zum 1. Januar. Aber das Datum könnte wackeln. Die Union droht mit einer Blockade im Bundesrat.
Der Bundesrat hat die Ampel-Regierung zu Nachbesserungen aufgefordert. Der Bundestag will sich am 10. November in zweiter und dritter Lesung mit dem Gesetz befassen. Danach ist der Bundesrat wieder am Zug. Jetzt gibt es Streit zwischen den Parteien.
Lese-Tipp: Was ändert sich mit dem geplanten Bürgergeld? Das müssen Sie wissen!

Ampel-Parteien fordern Union zur Zusammenarbeit auf

Die Ampel-Parteien haben die Union zur Zusammenarbeit aufgefordert: „Wer täglich in der Zeitung mehr Entlastungen fordert, sollte die Menschen bei deren Umsetzung nicht im Regen stehen lassen“, sagte Grünen-Chefin Ricarda Lang dem „Tagesspiegel“ und der „Rheinischen Post“. Es liege in der Verantwortung aller Parteien, für soziale Sicherheit zu sorgen und den Zusammenhalt im Land zu stärken. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken signalisierte Gesprächsbereitschaft. Zuvor hatte CDU-Generalsekretär Mario Czaja mit einer Blockade des Gesetzes im Bundesrat gedroht.

Noch ist offen, ob die Ampel-Regierung die Reform wie geplant durchbringen kann. Sie ist im Bundesrat auf Stimmen aus dem Lager der Unionsländer angewiesen. Eine Blockade könnte sich auch auf den ohnehin engen Zeitplan auswirken. Als Starttermin ist der 1. Januar vorgesehen.

CDU-Generalsekretär Czaja hatte dem „Tagesspiegel“ zur geplanten Reform gesagt: „Ich gehe davon aus, dass wir darüber im Vermittlungsausschuss werden sprechen müssen.“ Der Ausschuss ist ein Gremium von Bundestag und Bundesrat, das einen Konsens finden soll, wenn vom Bundestag beschlossene Gesetze in der Länderkammer keine Mehrheit finden.

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Kritik der Union: Bürgergeld setzt falsche Anreize

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert nannte die Kritik der Union „ein durchsichtiges und populistisches Manöver“. „Die Partei von (CDU-Chef) Friedrich Merz ist also mal wieder bereit, für eine schnelle Schlagzeile jegliche Ernsthaftigkeit über Bord zu werfen, und dabei auch die von Kanzlerin Merkel geprägte Politik in den Dreck zu ziehen“, sagte er dem „Tagesspiegel“. Die kritisierten Regeln zum Schonvermögen seien „keine neue Erfindung“, sondern von Union und SPD bereits zu Beginn der Corona-Pandemie beschlossen worden.

Der FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte ebenfalls dem „Tagesspiegel“, es sei nicht die Zeit „für parteitaktische Manöver“. Verzögerung und Blockade hätten nichts mit Verantwortung zu tun.

Das Bürgergeld soll die bisherige Grundsicherung Hartz IV ablösen. Ziel der Ampel-Koalition ist es, Betroffene in die Lage zu versetzen, sich stärker auf Weiterbildung und die Arbeitssuche konzentrieren zu können. Sie sollen dafür vom Jobcenter weniger unter Druck gesetzt werden. Die Regelsätze der Grundsicherung sollen um rund 50 Euro pro Monat steigen.

Aus Sicht von Czaja setzt der bisherige Entwurf die falschen Anreize - etwa durch den höheren Vermögensfreibetrag. "Wir befürchten, dass damit Menschen dauerhaft aufgegeben werden und keine Anreize mehr haben, sich zusätzliche Arbeit zu suchen. Wir möchten, dass es auch gerecht zugeht denen gegenüber, die dieses Bürgergeld finanzieren - und das sind diejenigen, die jeden Morgen aufstehen und mit ihrer eigenen Hände Arbeit dafür sorgen, dass unser Sozialsystem finanziert ist und funktioniert", so Czaja im RTL-Interview.

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Esken: Bereit dazu, Detailfragen mit der Union zu klären

09.10.2022, Berlin: Saskia Esken, SPD-Vorsitzende, äußert sich nach den ersten Hochrechnungen der Landtagswahl in Niedersachen. Foto: Fabian Sommer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
„Wenn die unionsgeführten Bundesländer beim Bürgergeld Detailfragen klären wollen, sind wir dazu bereit“, so SPD-Chefin Saskia Esken.
som, dpa, Fabian Sommer

SPD-Chefin Esken sagte der Funke-Mediengruppe: „Wenn die unionsgeführten Bundesländer beim Bürgergeld Detailfragen klären wollen, sind wir dazu bereit.“ Klar sei, dass es bei der Einführung in erster Linie um Respekt gehe, das stehe nicht zur Verhandlung. „Es geht nicht nur um einen Ausgleich der Inflation, sondern es geht vor allem um den Respekt, den die Menschen in Not verdient haben, und um nachhaltige Wege zur Überwindung dieser Not.“

Unionsfraktionsvize Hermann Gröhe (CDU) betonte, dass die Partei einen Inflationsausgleich ausdrücklich unterstütze und sich dafür einsetze, dass die Erhöhung zum 1. Januar 2023 in Kraft trete. „Dafür gibt es Mittel und Wege auch außerhalb des Bürgergeld-Gesetzes“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Ein Vermittlungsverfahren zum Bürgergeld macht Sinn, wenn sich die Ampel bereiterklärt, die tiefgreifenden Webfehler ihres Vorhabens zu korrigieren.“

Aus Sicht der Linken gehen die geplanten Reformen dagegen nicht weit genug. Der Vorsitzende Martin Schirdewan sagte der „Rheinischen Post“, notwendig sei eine solidarische Mindestsicherung, „die ohne Wenn und Aber soziale Teilhabe ermöglicht und auf die die Menschen sich auch verlassen können“. (dpa/eku)

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