Todesurteil im Iran vollstrecktTochter (19) tritt eigener Mutter bei Hinrichtung Stuhl weg

Weil sie ihren Ehemann umgebracht hat, soll Maryam im Iran zum Tode verurteilt worden sein. Vollstreckerin des Urteils offenbar: Ihre eigene Tochter. Der Fall wirft ein besonders finsteres Licht auf die Gesetze in dem muslimischen Staat.
Iran: Frau 13 Jahre nach Mord offenbar zum Tode verurteilt
Über Jahre hinweg soll Maryam von ihrem Ehemann misshandelt worden sein. Besserung war keine in Sicht, eine Scheidung unmöglich, denn im Iran müsste der Mann dem Ende der Ehe zustimmen.
Maryam entschloss sich daraufhin, ihren Mann umzubringen. Gemeinsam mit ihrem Vater Ebrahim tötete die Frau ihren Partner. Maryam und Ebrahim landeten im Gefängnis, ihre damals sechsjährige Tochter wurde in die Obhut der Großeltern des getöteten Mannes gegeben.
Dieser Fall ist mittlerweile viele Jahre her. Doch jetzt sorgt die Hinrichtung von Maryam und Ebrahim für Schlagzeilen. Denn: Maryams Todesurteil fällte offenbar ihre eigene Tochter – 13 Jahre nach dem Mord an ihrem Vater.
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Tochter soll Mutter den Stuhl bei Hinrichtung am Galgen weggetreten haben
Im vergangenen Jahr soll die zu diesem Zeitpunkt 19-jährige Tochter ihre Mutter zum Tode verurteilt haben. Maryam und Vater Ebrahim saßen bis dahin offenbar in einem iranischen Gefängnis.
Maryam starb am Galgen. Ihre eigene Tochter soll den Stuhl unter ihren Füßen weggetreten haben. Ebrahim musste sich den Leichnam seiner Tochter wohl noch selbst ansehen. Im Juni dieses Jahres soll auch er getötet worden sein.
Als erstes berichtete der englische „Mirror“ über den Fall. Der iranische Menschenrechtler Mahmood Amiry-Moghaddam hatte dem Blatt von den Geschehnissen berichtet.
Qisas: Im Iran können Opfer oder Angehörige über Todesstrafe entscheiden
Im Iran gilt bei Vergehen wie Mord, Totschlag oder schwerer Körperverletzung das Qisas, das Prinzip der Wiedervergeltung. Dieses besagt, dass nicht Richter, sondern die Opfer oder die Angehörigen der Opfer über die Strafe entscheiden können.
Dabei können die Opfer den Tätern das antun, was ihnen selbst widerfahren ist. Opfer von Säureattacken dürfen den Täter beispielsweise ebenfalls mit Säure übergießen. Bei Mordfällen fällt dieses Urteil den Angehörigen des Opfers zu – im Fall von Maryams Ehemann somit der gemeinsamen Tochter. Diese durfte das Urteil allerdings erst fällen, als sie volljährig war.
Die Angehörigen können den Tätern ein Todesurteil auch ersparen und im Gegenzug eine Geldsumme als Entschädigung einfordern. Auch eine Vergebung der Tat ist möglich.
Menschenrechtler kritisiert Gesetze im Iran
Menschenrechtler Amiry-Moghaddam kritisiert dieses System der Rechtsprechung scharf: „Das iranische Strafgesetzbuch enthält nicht nur unmenschliche Strafen, es fördert auch die Gewalttätigkeit innerhalb der Gesellschaft“, sagt er. „Aus Opfern werden darin Henker gemacht.“
„Die Opfer werden so manipuliert, dass sie sich schuldig fühlen, wenn sie keine Vergeltung fordern“, so Amiry-Moghaddam weiter. Aber: „Die Zahl, der Menschen, die Geld oder Vergebung anstelle der Todesstrafe wählen, ist deutlich größer als die der Menschen, die Erhängen wählen.“
Der Iran verhängt jährlich die zweitmeisten Todesstrafen der Welt. Nur in China werden noch mehr Menschen zum Tode verurteilt. Laut Amiry-Moghaddam nimmt die Tendenz jedoch ab.
„Obwohl die Todesstrafe über 40 Jahre lang beworben wurde, entscheiden sich immer mehr Menschen dagegen“, sagt er. „Selbst wenn es eigene Familienmitglieder betrifft.“