Australien lässt ungeimpften Djokovic nicht rein

Tennis-Star sitzt am Flughafen fest: Djokovic isoliert und mit Handy-Verbot

Marijan Murat
Novak Djokovic hatte seinen Impfstatus bislang stets offen gelassen.
deutsche presse agentur

Nachdem die Australier außer sich sind, dass Tennisstar Novak Djokovic eine Extrawurst bekommt, schaltet sich jetzt die Politik ein. Nach dem Wirbel um seine Ausnahmegenehmigung für die Australian Open hat der wohl ungeimpfte Serbe nun Probleme bei der Einreise in Melbourne. Das berichten australische und serbische Medien übereinstimmend.

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic hat sich in die kuriose Hängepartie um die Einreise des Tennisstars Novak Djokovic nach Australien eingeschaltet. "Ich habe ein Telefongespräch mit ihm geführt und ihm gesagt, dass ganz Serbien bei ihm ist", schrieb Vucic am Mittwochabend bei Instagram.

Er fuhr fort: "Unsere Behörden werden alle Maßnahmen ergreifen, um die Belästigung des besten Tennisspielers der Welt in kürzester Zeit zu stoppen. In Übereinstimmung mit allen Normen des internationalen Rechts wird Serbien für Novak Djokovic, für Gerechtigkeit und Wahrheit kämpfen."

Auch Djokovics Vater äußerte sich bereits zu der Angelegenheit. Sein Sohn werde derzeit in einem bewachten Raum festgehalten, sagte sein Vater Srdjan Djokovic am Mittwoch dem Internetportal B92. „Novak befindet sich derzeit in einem Raum, den niemand betreten kann“, sagte er. „Vor dem Raum stehen zwei Polizisten“, fügte er hinzu.

Australiens Premier bleibt hart

Bundestaat Victoria verweigert Unterstützung

Wie die Zeitung The Age berichtete, versuchte Djokovic mit einem Visum einzureisen, das keine medizinischen Ausnahmen für ungeimpfte Personen zulässt. Doch mit genau einer solchen medizinischen Ausnahmegenehmigung will der Titelverteidiger beim ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres auf Rekordjagd gehen. Und da die Regierung des Bundesstaates Victoria Unterstützung zur schnelleren Klärung des Problems ablehnte, wie Sportministerin Jaala Pulford auf Twitter klarstellte, verzögerte sich Djokovics Einreise. Serbischen Medienberichten zufolge wurde er in einem Raum isoliert und durfte sein Handy nicht nutzen.

Der Start der ganz offensichtlich ungeimpften Nummer eins der Welt bei den Australian Open ist Down Under längst zu einem Politikum auf allerhöchster Ebene angewachsen. Sogar Australiens Ministerpräsident Scott Morrison ließ öffentlich Zweifel an der Grundlage für die medizinische Ausnahmegenehmigung durchblicken. "Wenn diese Beweise nicht ausreichen, dann wird er nicht anders behandelt als alle anderen und sitzt im nächsten Flugzeug nach Hause", sagte der Regierungschef am Mittwoch auf einer Pressekonferenz.

Damit sprach er seinen Landsleuten, die während der Corona-Pandemie durch zahlreiche strikte Lockdowns und strenge Einreiseregelungen selbst für Einheimische immense Entbehrungen hinnehmen mussten, aus der Seele. "Für Novak Djokovic sollte es überhaupt keine Sonderregelungen geben. Überhaupt keine", sagte Morrison - und brachte damit auch Craig Tiley, Turnierdirektor der Australian Open, in Erklärungsnot.

"Niemand wurde besonders begünstigt, es gab keine Sonderbehandlung für Novak", verteidigte sich Tiley und wusch seine Hände in Unschuld. Schließlich hätten zwei vom Bundesstaat Victoria und Tennis Australia unabhängige medizinische Expertengremien in Unkenntnis von Namen dem Weltranglistenersten die Sondergenehmigung für den Start bei den Australian Open erteilt. Ohne Ausnahmeerlaubnis dürfen dort nur vollständig geimpfte Profis aufschlagen.

Und doch forderte der Turnierboss - auch gezwungen durch den großen öffentlichen Aufschrei - Djokovic dazu auf, die Hintergründe offenzulegen. "Es wäre sehr hilfreich, wenn Novak erklären würde, auf welcher Grundlage er die Ausnahmegenehmigung beantragt und erhalten hat", sagte Tiley.

Die Kriterien für eine solche Sondererlaubnis sind äußerst streng, sodass eigentlich nur schwer kranke Menschen von der Impfpflicht ausgenommen werden - etwa wegen Herzproblemen oder gravierenden Operationen in jüngster Vergangenheit. Auch eine Corona-Infektion in den vergangenen sechs Monaten berechtigt zu einer medizinischen Ausnahmegenehmigung.

Von Djokovic ist öffentlich aber nur eine Infektion aus dem Sommer 2020 bekannt. Seinen Impfstatus hatte der 34-Jährige, der sich in Melbourne zum alleinigen Grand-Slam-Rekordchampion krönen will, nie veröffentlicht.

Das Unverständnis in der australischen Bevölkerung - Zuschauer dürfen übrigens nur vollständig geimpft in die Stadien - über die Ausnahme für den besten Tennisspieler der Welt ist schon jetzt riesig, der Blick in die Gazetten gab ein gutes Stimmungsbild ab. "Regeln sind Regeln - es sei denn, man ist reich und berühmt wie Djokovic", schrieb die Zeitung The Age.

Die Courier Mail titelte "You must be Djoking" (übersetzt: Das soll wohl ein Scherz sein), und die Canberra Times beschrieb die Gefühlslage der Australier: "Entsetzt, vielleicht. Wütend, ja. Frustriert, enttäuscht, angewidert, mit dem Gefühl, dass wir alle gerade eine schallende Ohrfeige bekommen haben."

Der ehemalige australische Tennisprofi Sam Groth sprach in einer Kolumne für Herald Sun von "kranker Heuchelei". Djokovics Teilnahme an den Australian Open sei "eine Beleidigung für jeden Australier, der wegen COVID durch die Hölle gegangen ist".

Und The West Australian schrieb Djokovic bereits eine filmreife Rolle für das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres zu. "Der Djoker", kommentierte das Blatt, "hat sich in den Joker verwandelt und sich schamlos die Rolle des Bösewichts zugewiesen, bevor er seinen Versuch startet, die Tenniswelt zu beherrschen."

(dpa/sid/jma)