Finanzkrise verhindern
Taliban kämpfen mit "Charme"-Offensive gegen Wirtschafts-Chaos in Afghanistan

Sind die Taliban nun Finanzexperten? Zumindest scheinen sie verstanden zu haben, wie wichtig ein funktionierendes Bankensystem für die Wirtschaft Afghanistans ist. In Gesprächen mit Top-Bänkern des Landes haben sie sich sehr entgegenkommend gezeigt. Auch Frauen, die in Banken arbeiten, können offenbar ihre Jobs behalten. Teilnehmer des Treffens sprechen sogar von einer „Charme“-Offensive.
Neuer Zentralbank-Chef vor großen Aufgaben
In dieser Woche hat sich der kommissarische Chef der Zentralbank (DAB), Hadschi Mohammed Idris, mit Mitgliedern des Branchenverbands der Banken getroffen. Idris war vergangene Woche von den Taliban an die Spitze der DAB gesetzt worden, nachdem der ehemalige Zentralbank-Chef aus dem Land geflohen war. Idris verfügt über keine formelle Finanzausbildung und hat keine Hochschule besucht.
Dabei steht er vor großen Aufgaben. Das Land kämpft seit Jahren mit einer extrem schwankenden Inflation, die Landeswährung verfällt. Vor den Banken in Kabul wurden hunderte Meter lange Schlangen gesichtet. Am 15. August hatten die Taliban angeordnet, alle Banken des Landes zu schließen. Mittlerweile kam die Anordnung zur Wiedereröffnung, doch viele Banken bleiben geschlossen, wie CNN Business berichtet.

Frauen dürften offenbar weiter in Banken arbeiten
Idris habe bei dem Treffen versucht, Lösungen für die steigende Inflation und die Liquiditätsprobleme zu finden. Unklar blieb, wie die Taliban die Beziehung zu den USA gestalten wollen. "Rund 80 Prozent der von den Banken getätigten Transaktionen werden in Dollar abgewickelt", sagte einer der Banker des Treffens.
Daher sei die Beziehung zu den USA von großer Bedeutung. Der neue kommissarische Chef der Zentralbank habe zudem erklärt, dass nicht vorgeschrieben werde, ob die Banken Frauen einstellen dürfen. In einigen Banken machen weibliche Mitarbeiter etwa ein Fünftel der Belegschaft aus.
„Sie waren sehr charmant“, fasst ein Insider gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters das Treffen zusammen.
Während der ersten Herrschaft der Taliban von 1996 bis 2001 durften Frauen nicht arbeiten. Zudem gab es in dieser Zeit in Afghanistan nur einen kleinen funktionierenden Bankensektor. Zwar behielt eine Handvoll von Geschäftsbanken ihre Lizenzen, jedoch war keine davon funktionsfähig und es wurden kaum Kredite gewährt. (reuters)