Internationaler Tag der Biodiversität

"Jeden Tag verlieren wir 150 Arten"

von Philipp Sandmann

Der bekannte Vogelkundler Prof. Peter Berthold kennt sich besonders gut aus mit dem Artensterben in Deutschland. Über 500 Vogelarten kennt der Ornithologe – viele davon hat er aber schon lange nicht mehr gehört. Schon seit Jahrzehnten warnt er vor dem Aussterben von Tieren, Pflanzen und Insekten.

Berthold, 82 Jahre alt, hat im Rahmen der Heinz Sielmann Stiftung, 44 Biotope am Bodensee mitentwickelt. Die Bedingungen für Natur und Tier sind ideal: 70 Brutvogelarten haben sich hier wieder angesiedelt. Das macht ein bisschen Hoffnung.

Im Gespräch mit RTL/ntv sagte Berthold: „Deswegen bleibe ich auch motiviert, das zu machen. Noch sind wir in Deutschland mit der sehr stark verarmten Artenvielfalt in einer Lage, in der wir immer noch renaturieren können.“ (Im Video)

Der internationale Tag der Biodiversität (Samstag) soll auf die dramatischen Entwicklungen aufmerksam machen.

"Wir haben viel Waldfläche verloren"

ARCHIV - 10.11.2020, Sachsen-Anhalt, Wernigerode / Brocken: Ein Waldstück mit abgestorbenen Fichten an den Hängen des Brockens. Die Nadelbäume sind vom Borkenkäfer befallen, dazwischen noch grüne Nadelbäume. (zu dpa: «Mittelmeertannen neben Buchen? A
Trockenheit und Borkenkäfer: Dem Wald in Deutschland geht es nicht gut
kdg;cse sto, dpa, Klaus-Dietmar Gabbert

Doch der Klimawandel, monokulturelle Landwirtschaft und anhaltende Dürren machen es der Natur nicht gerade leicht. Das alles führt zu einem Artenrückgang von Tieren und Pflanzen in Deutschland. Auch der Wald leidet unter der Trockenheit der vergangenen Jahre, warnt Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner:

„Wir haben viel Waldfläche verloren, weil Bäume abgestorben sind. Deswegen sind wir dabei, sehr flächendeckend, mit Kommunen und mit Walbesitzern, den Wald mit Baumarten wieder aufzuforsten, die sehr klimastabil sind“, sagte Klöckner zu RTL.

In Deutschland sind viele Vogelarten, wie das Rebhuhn, stark gefährdet. Der Gänsegeier gilt sogar als ausgestorben. Weltweit sind von etwa acht Millionen Tier und Pflanzen-Arten eine Million vom Aussterben bedroht. Jedes Jahr gehen vor allem durch Rodungen zehn MillionenHektar an Wald verloren. Das entspricht der unglaublichen Menge eines Fußballfeldes – alle vierSekunden.

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) erklärt es so: „Die Biodiversitäts-Krise ist die dritte globale Krise neben der Pandemie und die Klimakrise. Jeden Tag verlieren wir weltweit 150 Arten – Tier und Pflanzenarten.“

"Es reicht nicht aus"

Deswegen hat Müllers Ministerium diese Woche eine Welt-Naturerbe-Stiftung mit ins Leben gerufen. Geld kommt von Ländern und Privatpersonen. Deutschland gibt für den Fonds am Anfang rund 80 Millionen Euro.

Aber auch in Deutschland muss von der Politik mehr kommen, sagen die Grünen und fordern milliardenschwere Investitionen, um gesunde Natur in Deutschland wiederherzustellen. Zum Beispiel für Moore, Sümpfe oder Salzwiesen, weil sie CO2 speichern können.

Die naturpolitische Sprecherin der Grünen, Steffi Lemke, kritisiert: „Die Biodiversitätsziele von 2010, das Artensterben bis 2020 zu stoppen, wurden komplett verfehlt. Deswegen müssen wir einfach mehr machen. Es reicht nicht aus, was bisher getan wurde.“

Die Biotope von Peter Berthold wären eine Lösung. Der Vogelkundler sagt: Wenn man alle zehn Kilometer so ein Biotop schafft, dann könnte man zumindest viele Arten erhalten.