Die wichtigsten Begriffe erklärt

Sturmflut, Hochwasser, Überschwemmung: Was ist eigentlich was?

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Hochwasser am Niederrhein
www.imago-images.de, IMAGO/Markus van Offern, IMAGO/Markus van Offern (mvo)
von Phil Göbel

In ganz Deutschland sind Gebiete überschwemmt. Tagelange Regenfälle haben vielerorts zu hohen Wasserständen geführt. Aber ab wann spricht man eigentlich von Hochwasser, Sturmfluten oder Flutwellen?

Hochwasser, Sturmflut & Co.: Was bedeutet eigentlich was?

Ortschaften im ganzen Bundesgebiet kämpfen mit hohen Wasserpegelständen. Insbesondere in Teilen von Sachsen, Thüringen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sind Flüsse, Bäche und Seen massiv angeschwollen. Tagelanger Dauerregen traf auf teils seit Monaten ausgedörrte Böden. In vielen Städten und Gemeinden steht das Wasser bereits auf Feldern, flutet Straßen. In einigen Kreisen mussten Menschen vorsichtshalber ihre Wohnungen verlassen, um nicht von den Wassermassen eingeschlossen zu werden.

Seit Tagen wird die Lage wie selbstverständlich mit Begriffen wie Hochwasser oder Sturmflut beschrieben. Aber ab wann werden diese Begriffe überhaupt verwendet? Der stern gibt Auskunft.

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Überschwemmung: Ab wann spricht man von Hochwasser?

Grundsätzlich sind Hochwasser natürliche Ereignisse. In maritimen Gewässern und angeschlossenen Flüssen beschreibt der Begriff den höchsten Stand des Wasserpegels während der Flut (mittleres Hochwasser). Im Gegenteil dazu spricht man von Niedrigwasser als niedrigster Pegel während der Ebbe. Das Haushaltswassergesetz definiert Hochwasser als „zeitlich begrenzte Überschwemmung von normalerweise nicht mit Wasser bedecktem Land durch oberirdische Gewässer oder durch in Küstengebiete eindringendes Meerwasser.“

Laut dem Umweltbundesamt haben regelmäßige Hochwasser eine wichtige ökologische Funktion. Tiere und Pflanzen haben sich etwa an Flussauen an das Wechselspiel zwischen Überschwemmung und Austrocknung angepasst. In Gebieten, in denen häufige Hochwasser auftreten, sind etwa Anwohner meist gut auf diese Fälle vorbereitet, Schäden sind sehr selten. Ein Beispiel hierfür ist die Stadt Hamburg, wo das Hochwasser der Elbe mehrmals im Jahr den St. Pauli Fischmarkt überschwemmt.

Die Gründe für Hochwasser von gezeitenunabhängigen Gewässern wie Seen oder kleineren Flüssen liegen meistens in einem Zusammenspiel von Niederschlägen und versiegelten Böden. Besonders langanhaltende oder kürzere aber besonders intensive Regenfälle treffen hierbei auf einen Boden, der die Wassermengen nicht mehr aufnehmen kann. Besonders häufig ist dies im Winter zu beobachten, wenn Böden gefroren sind und somit kein Wasser versickern kann, während Niederschläge oder auch Schneeschmelzen Flüsse und Bäche zu reißenden Strömen anschwellen lassen.

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Sturmflut: Was ist das?

Was genau eine Sturmflut ist, definiert in Deutschland sogar eine DIN-Norm. Demnach wird ein solches Ereignis als „durch starken Wind verursachtes Ansteigen des Wassers an der Meeresküste und in den Flussmündungen im Küstengebiet, wenn die Wasserstände einen bestimmten Wert überschreiten“, beschrieben. Oder um es einfacher zu sagen: Sturmfluten entstehen dadurch, dass starke Winde Meereswasser etwa gegen Küsten oder in die „Deutsche Bucht“ drücken und so die Pegelstände erhöhen.

Ab einer Pegelhöhe von 1,5 Meter über dem mittleren Hochwasser warnt das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) vor einer Sturmflut. Eine solche Sturmflut wird beispielsweise in Hamburg aber nur als deutlich höherer Wasserstand wahrgenommen. Ab 2,5 Meter über dem mittleren Hochwasser gilt die Einstufung „schwere Sturmflut“, ab 3,5 Meter über dem mittleren Hochwasser spricht man von einer sehr schweren Sturmflut.

Ob Wasserstände in dieser Höhe aber überhaupt Auswirkungen haben und ob es zu Überschwemmungen kommt, lässt sich pauschal nicht sagen. Dies kommt jeweils auf die baulichen Gegebenheiten und das Umland an.

Springflut: Was ist das?

Die Springtide wird im Volksmund häufig, wenn auch fälschlicherweise als „Springflut“ bezeichnet. Sie ist eine besonders starke Form der Gezeiten, entsteht zweimal im Monat und ist das Ergebnis einer besonderen Sonne-Erde-Mond-Konstellation. Ebbe und Flut werden durch die Gravitation von Mond und Sonne beeinflusst. Wenn Sonne und Mond auf einer gedachten Linie zur Erde liegen, addieren sich die Anziehungskräfte.

Das Ergebnis ist eine stärkere Ebbe beziehungsweise Flut, die das Wasser in Meeren oder anliegenden Flüssen besonders stark „zurückzieht“ und schließlich wieder „vordrückt“. Die Springtide ist ein natürliches Phänomen und passiert meistens ohne besondere Auswirkungen.

Flutwelle: Was ist das?

Wer bei Flutwellen direkt an sich aufbäumende Wassermassen oder gar so etwas wie Tsunamis denkt, ist auf dem Holzweg. Häufig werden genau die Wellen, die brechen, wenn sie auf Land treffen fälschlicherweise als Flutwellen bezeichnet. Die Erklärung liegt dabei nahe: eine Welle, die eine Flut, also eine Überschwemmung, auslöst.

Doch diese Erklärung ist ein Irrglaube. Die Hydrographie definiert eine Flutwelle schlicht und ergreifend als eine „regelmäßig wiederkehrende Flachwasserwelle, die durch die Auswirkungen der Gravitationswechselwirkungen zwischen Sonne, Mond und Erde auf den Ozean verursacht wird.“ Ein Tsunami wird dagegen durch ein äußeres Ereignis wie etwa einem Unterwasserbeben ausgelöst und geht nicht auf die Gezeiten zurück.

Sturzflut: Was ist das?

Eine Sturzflut ist für Katastrophen- und Wasserschützer eine besondere Herausforderung. Wissenschaftler definieren sie als eine plötzliche Überschwemmung, beispielsweise durch einen Dammbruch oder auch durch extreme Regenfälle, bei denen weder der Boden noch die Kanalisation den Niederschlag aufnehmen kann, und sich oberirdische Wasserstraßen bilden.

Sturzfluten gelten als gefährlich, weil sie schnell und unvorhersehbar auftreten. Besonders gefährlich sind sie, wenn starke Regenfälle auf trockenem Gebiet fallen. Die Wasserstraßen können eine zerstörerische Kraft haben, ganze Gebäude mitreißen und sich mehrere kilometerweit bewegen. Bereits Wasserstände von 50 Zentimeter können dabei Autos wegschwemmen.

Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst bei stern.de.