Kabinett beschließt Pflicht zur Tarifbezahlung

Spahn zur Pflegereform: "Hat nicht gereicht, nur Danke zu sagen"

Pflegekräfte sollen nach langem Streit um bessere Löhne und Arbeitsbedingungen künftig generell nach Tarif bezahlt werden müssen. Das sehen Gesetzespläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor, die das Kabinett am Mittwoch in Berlin auf den Weg gebracht hat – im Video. Greifen soll dies ab September 2022. Zugleich sollen Pflegebedürftige von immer weiter steigenden Zuzahlungen für die Pflege im Heim entlastet werden. Dafür sollen sie ab Januar 2022 Zuschläge bekommen, die den Eigenanteil für die reine Pflege senken.

Werden ungewollt Kinderlose bestraft?

Zu wenig Personal, zu wenig Geld und zu viel Arbeit: Bundesgesundheitsminister Spahn sagte am Mittwoch in der Pressekonferenz zu dem Gesetzesvorhaben, die Corona-Pandemie habe „einmal mehr gezeigt, wo es noch Defizite gibt.“ Es habe eben „nicht gereicht, jedenfalls nicht alleine, nur zu klatschen oder Danke zu sagen“. Viele Hunderttausend Pflegekräfte würden in Zukunft besser bezahlt, vor allem auch im Osten – wo es in dieser Hinsicht eine besonders große Schieflage gibt. Auch bekämen die Pflegenden mehr Verantwortung, indem sie zum Beispiel Pflegemittel selbst verordnen könnten.

Zur Frage, ob durch den geplanten Zuschlag für Kinderlose beim Pflegebeitrag um 0,1 Punkte auf künftig 0,35 Prozentpunkte nicht ungewollt Kinderlose bestraft würden, sagte der Minister: „Ich weiß, dass es sehr emotionales Thema ist.“ Das Vorhaben sei aber durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von vor 20 Jahren gedeckt. Ungewollt kinderlos zu sein sei emotional belastend, sagte Spahn. „Hier geht es aber um wirtschaftliche und finanzielle Belastungen.“

Gegenfinanzierung durch Zuschuss und Zuschlag für Kinderlose

Zur Gegenfinanzierung soll der Bund ab 2022 einen Zuschuss von jährlich einer Milliarde Euro für die Pflegeversicherung geben. Zugleich soll der Zuschlag für Kinderlose beim Pflegebeitrag um 0,1 Punkte auf künftig 0,35 Prozentpunkte angehoben werden. Damit steigt der Beitrag für sie von 3,3 auf 3,4 Prozent des Bruttolohns.

Die Reform soll voraussichtlich noch im Juni vom Bundestag beschlossen werden. Eine bessere Bezahlung dringend benötigter Pflegekräfte ist erklärtes Ziel der großen Koalition. In der Altenpflege mit rund 1,2 Millionen Beschäftigten bekommt laut Arbeitsministerium nur knapp die Hälfte Tariflohn. Ein Anlauf für einen Tarifvertrag, den die Regierung für die ganze Branche verbindlich machen wollte, war gescheitert.

Bei den Entlastungs-Zuschlägen für Pflegebedürftige gab es noch Änderungen. Der Eigenanteil für die reine Pflege soll damit nun schon im ersten Jahr im Heim um 5 Prozent sinken - im zweiten Jahr dann um 25 Prozent, im dritten Jahr um 45 Prozent und ab dem vierten Jahr um 70 Prozent. Zunächst war die Entlastung ab dem zweiten Jahr geplant. (dpa/ija)