"Es hat doch nur das Bein gekribbelt!"Fynn (8) erleidet Schlaganfall

Erkältungen, Grippe und Kopfschmerzen sind Erkrankungen, an denen Kinder wie Erwachsene gleichermaßen regelmäßig leiden. Wenn wir hingegen den Begriff Schlaganfall hören, haben wir in der Regel Bilder älterer Erwachsener vor Augen. Doch auch Kinder können einen Schlaganfall erleiden – wie der achtjährige Fynn. Nur der geistesgegenwärtigen Reaktion seiner Mutter ist es zu verdanken, dass der Junge den Schlaganfall gut überstanden hat. Denn sie hat die Symptome richtig gedeutet und schnell gehandelt.
Pro Jahr erleiden 300 bis 500 Kinder in Deutschland einen Schlaganfall
Fakt ist: Ein Schlaganfall kann nicht nur Erwachsene treffen. Jährlich erleiden in Deutschland etwa 300 bis 500 Kinder einen Schlaganfall. So auch Fynn. Als der damals Achtjährige an einem Sommerabend im Jahr 2020 über ein Kribbeln im Bein klagt, denkt seine Mutter im ersten Moment, sein Bein sei eingeschlafen. Als der Junge aber erwähnt, dass auch seine Backe kribbelt, wird seine Mutter Petra hellhörig und handelt instinktiv. „Mein Mann ist mit ihm zum Kinderarzt gefahren. Dieser hat Fynn sofort an das Uni Klinikum Essen verwiesen“, erzählt Petra, die selbst einen Pflegedienst hat und mit diesem über 200 Menschen versorgt.
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Die Ärzte im Klinikum seien sich zunächst unsicher gewesen, da die erkennbaren Ausfallerscheinungen zwar für einen Schlaganfall sprachen, ein solcher in Fynns Alter jedoch sehr ungewöhnlich sei.
Bei Kindern dauert die Diagnose oft länger als bei Erwachsenen
„Nach einem CT und MRT innerhalb kürzester Zeit war jedoch klar: Ein Gerinnsel hatte sich gebildet und blockierte einen Teil im Gehirn“, berichtet Fynns Mutter weiter. Doch während es für Erwachsene eine Art Behandlungsroutine gebe, fehle diese für Kinder in Fynns Alter. Das bestätigt auch Lucia Gerstl, Leiterin des Deutschen Netzwerks Pediatric Stroke, bei einer Pressekonferenz der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft: „Während die Behandlung erwachsener Schlaganfallpatienten in Deutschland einem ausgefeilten Protokoll folgt und auf eine schnellstmögliche Versorgung ausgerichtet ist, dauert es bei Kindern noch immer durchschnittlich 23 Stunden, bis überhaupt die Diagnose gestellt wird.“
So wurde der Junge nach Angaben seiner Mutter erst einmal auf die Intensivstation verlegt und schließlich mit einem Medikament behandelt, das an Kindern noch nicht erprobt ist. Dadurch habe sich das Gerinnsel zwar nicht komplett aufgelöst, aber immerhin verkleinert werden können.
Fynn musste sich seine Fingerfertigkeit zurückerobern
„Zu dieser Zeit konnte Fynn kein Glas halten. Beim Trinken lief alles aus seinem Mund heraus. Beim Stehen knickte das rechte Bein weg. An Laufen war gar nicht zu denken“, erinnert sich Petra an die schwere Zeit.
Nach knapp zwei Wochen auf der Intensivstation erlangte Fynn in den folgenden Wochen und Monaten jedoch Schritt für Schritt seine Fingerfertigkeit zurück. Dabei geholfen habe ihm sein Stoffaffe „Herr Gedönsrat“ – und ganz viel Legobauen.
Wenden Sie sich im Zweifel an einen Arzt
Heute geht es Fynn so gut wie vorher. Seine Mutter möchte mit der Geschichte ihres Sohnes für das Thema Schlaganfall im Kindesalter sensibilisieren und anderen Familien, die ein ähnliches Schicksal teilen, Mut machen.
Sollte Ihr Kind über Symptome klagen, die Sie nicht einordnen können: Wenden Sie sich im Zweifel unbedingt an einen Arzt. Gerade bei einem Schlaganfall zählt jede Minute – je früher die Behandlung einsetzt, desto größer die Aussichten auf vollständige Heilung.