Ein großer Verlust für die ganze Welt
Rock-Ikone Tina Turner mit 83 Jahren gestorben
Löwenmähne und Netzstrümpfe, High Heels und der wohl kürzeste Lederrock der Musikgeschichte: So rockte sich Tina Turner in die Herzen eines Millionenpublikums. Privat mochte es die gebürtige Amerikanern ruhiger: Sie lebte seit Jahren abgeschieden in der Schweiz am Zürichsee. Tina Turner starb nach langer Krankheit am 24. Mai 2023 im Alter von 83 Jahren in Zürich. Ein großer Verlust für die Musikwelt.
Rock-Legende Tina Turner ist tot
Schon wieder ist eine der ganz Großen von uns gegangen. Mit über 180 Millionen verkauften Tonträgern gehörte Tina Turner zu den weltweit erfolgreichsten Sängerinnen. Dabei erarbeitete sie sich selbst einen Platz in der Rockgeschichte − mit einer unvergleichlichen Stimme, Erfolgswillen und Sex-Appeal.
Nach einer Abschiedstournee 2009 zog sie sich im Alter von 70 Jahren ins Privatleben zurück. Sie genoss nach eigenen Angaben nach Jahrzehnten harter Arbeit fortan das Leben ohne Verpflichtungen. Mit ihrem 16 Jahre jüngeren deutschen Partner Erwin Bach lebte sie seit den 90er Jahren am Zürichsee in der Schweiz − nahm später sogar die schweizer Staatsbürgerschaft an. Doch auch nach ihrer Zeit im Rampenlicht blieb Tina Turner als Ikone unvergessen.
Tina Turner über belastende Erinnerungen an brutale Ehe mit Ike
Tina Turner, mit bürgerlichem Namen Anna Mae Bullock, wuchs im Südstaatennest Nutbush in Tennessee in einer Baumwollpflücker-Familie auf. Als Kind sang sie im Gospelchor, ehe der acht Jahre ältere Gitarrist Ike Turner sie entdeckte. Er formte die Band „Ike and Tina Turner Revue”. Mit ihrer ersten Single „Fool in Love” stürmten sie 1960 die Hitparaden. 1962 heirateten sie. Es folgten Hits wie „River Deep - Mountain High” und „Nutbush City Limits”. 1969 schafften sie als Akt im Vorprogramm der Rolling Stones den Durchbruch.
Wie sich herausstellte, war Ike ein brutaler Ehemann. Tina Turner erlitt traumatische Erlebnisse. Ike schlug und drangsalierte sie − und doch kam Tina Turner nicht los von ihm. Erst 1976 schaffte sie es, aus einem Hotel zu fliehen. Um die Scheidung schnell hinter sich zu bringen, gab sie alle finanziellen Ansprüche auf. Ende der 80er Jahre resümierte sie nüchtern: „Es war kein gutes Leben”, wie in dem Dokumentarfilm von 2021 zu sehen ist.
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Mit 45 Jahren strahlte Tina Turner wieder im Scheinwerferlicht
Tina Turner startete mit fast 40, nur mit ein paar Cents in der Tasche und als alleinerziehende Mutter zweier Söhne, erneut durch. Sie sang und tanzte zuerst in Clubs und Hotels. Sie habe geputzt, wo sie unterkam, sagte sie: „Lieber jemand anderes Putzfrau als Ike Turners Ehefrau!“ Und dann kam 1984. Mit 45 Jahren strahlte sie wieder im Scheinwerferlicht und schaffte den Durchbruch mit ihrem Album „Private Dancer“. Fortan füllte sie in aller Welt Stadien und Musikbühnen. Als sie in Rio de Janeiro 1988 vor mehr als 180 000 Zuschauern sang, kam sie mit dem Riesenpublikum ins Guinness-Buch der Rekorde. Auch für Zehntausende Fans in Deutschland wurden Konzerte zu unvergesslichen Erlebnissen, zuletzt 2009 in Köln, Berlin, Hamburg und München.
Sie landete zahlreiche Hits: „What's Love Got To Do With It?“, „Proud Mary“, „We Don't Need Another Hero“ oder „Be Tender with Me Baby“ sind nur einige davon.Turner gewann zahlreiche Musikauszeichnungen - gewann vier Grammys.
Rückzug aus dem Showgeschäft
2009 zog sie sich aus dem Showgeschäft zurück. Ohne es je zu bereuen, wie sie stets versicherte. Ich war so viel unterwegs, eine Frau vermisst es, wenn sie Zuhause nicht rumwuseln kann“, meinte sie 2017 in einer britischen Talkshow zur Premiere eines Musicals über ihre Lebensgeschichte, „Tina - Das Tina Turner Musical“. 78 Jahre alt war sie da, und ließ sich vom Moderator noch einmal zu einem ihrer heißen Hüftschwung hinreißen. Und die Löwenmähne? Alles fake, wie sie freimütig einräumte. Sie ziehe Perücken an wie andere Menschen Kleider.
Wenn andere sie ohne ihre Zustimmung nachzuahmen versuchten, wurde Turner grantig. In Deutschland kämpfte sie bis vor den Bundesgerichtshof gegen das Plakat für eine Show mit Tina-Turner-Liedern, weil eine Doppelgängerin darauf ihr so täuschend ähnlich sah. Man könne den falschen Eindruck haben, sie sei selbst auf dem Plakat abgebildet und folglich an der Show beteiligt, argumentierte sie. Und unterlag: Die Darstellung auf dem Plakat sei von der Kunstfreiheit gedeckt, urteilte das Gericht im Februar 2022.
Tina Turner: In der Schweiz Ruhe gefunden
Turner und Bach waren seit Mitte der 80er Jahre ein Paar. Zehn Jahre später zogen sie nach Küsnacht am Zürichsee in der Schweiz. Ihr mehr als 5000 Quadratmeter großes Anwesen am See benannte sie nach ihren indianischen Vorfahren „Algonquin“. Turner nahm später auch die Schweizer Staatsbürgerschaft an. Bachs Heiratsanträge wies sie jahrelang zurück, bis sie 2013 endlich Ja sagte - da war Turner 73, er 57. Dort feierten die beiden 2013 ein rauschendes Hochzeitsfest. Er nannte sie „Schatzi“, wie er der „New York Times“ 2019 verriet. In dem Dokumentarfilm erzählte er liebevoll von einer auch nach mehr als 30 gemeinsamen Jahren noch knisternden Beziehung.
Turners Sohn Craig aus einer Teenager-Beziehung starb 2018 im Alter von 59 Jahren durch Suizid. Auch ihr zweiter leiblicher Sohn aus der Ehe mit Ike Turner, Ronnie Turner, starb 2022 mit 62 Jahren. Die Sängerin hatte zusätzlich zwei Jungen adoptiert, die Ike mit in die Ehe gebracht hatte.
Vor dem Sterben hatte die Buddhistin nach eigenen Worten keine Angst. „Ich bin bereit, wenn die Tür sich öffnet“, sagte sie im Oktober 2018 der „Zeit“. Turner hatte etwa Darmkrebs und ein Nierenversagen. Ihr deutscher Mann Erwin Bach spendete ihr 2017 eine Niere.
Die Lücke, die sie reißt, wird niemand füllen können. (dpa/cba)