Opfer: „Etwas in ihr sei gestorben“15-Jährige in Hamburg vergewaltigt: Zehn Angeklagte - nur einer muss ins Gefängnis

von Annika Redmer und Sophia Haak

Eine Partynacht wird für eine 15-jährige Schülerin zur Horronacht!
Als die Richterin ihr Urteil fällt, stellt sie klar: „Ein Teil ist in dieser Nacht in ihr gestorben.“ Damit meint sie ein junges Mädchen, welches mehreren Männern zum Opfer fiel. Das Unfassbare: Von zehn Angeklagten ist nur einer verurteilt worden.
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Eine Haftstrafe, sonst Bewährungsstrafen und Freispruch

Nach rund 70 Prozesstagen und etwa 100 Zeugenaussagen wurden die zehn Angeklagten von der Jugendkammer des Hamburger Landgerichts am 28. November verurteilt. Ein Täter wird mit zwei Jahren und neun Monaten Haft bestraft, die übrigen Angeklagten kommen mit Bewährungsstrafen oder Freispruch davon. So lautet das Urteil um die Gruppenvergewaltigung einer 15-Jährigen, die vor drei Jahren im Hamburger Stadtpark geschah. Von Reue zeigen die Angeklagten keine Spur. Im Gegenteil: Einer der Verurteilten verweigert sogar eine Therapie. „Dann lieber ins Gefängnis“, sagt er.

„Keiner hat nur ein Wort des Bedauerns über die Lippen gebracht“

„Alle verstecken sich hinter Schutzmasken, Mützen, die sie tief ins Gesicht ziehen, Aktenordnern“, beobachtet unsere RTL-Reporterin die Situation im Gerichtssaal, als die Angeklagten nach und nach eintreten. Die Richterin muss die jungen Männer sogar zweimal auffordern sich zu demaskieren.

„Keiner hat nur ein Wort des Bedauerns über die Lippen gebracht“, sagt die Richterin. Insgesamt sei es zu vier sexuellen Übergriffen an vier verschiedenen Orten gekommen. Auch wenn es keine Gruppenvergewaltigung war: Was die Angeklagten dem jungen Mädchen angetan haben, ist schwer in Worte zu fassen.

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Junge Männer vergewaltigen Schülerin (15) auf Party im Hamburger Stadtpark

Es ist der 19. September 2020. Die 15-Jährige besucht eine Party auf der Festwiese des Hamburger Stadtparks. Vier junge Männer sehen die Schülerin, die sichtlich betrunken ist. Sie hätten die Situation ausgenutzt, so das Gericht. Von der Festwiese entfernt missbrauchen sie das junge Mädchen, anschließend klauen sie ihr Handy und Portemonnaie und hauen ab.

Die Schülerin sucht daraufhin ihre Freunde, jedoch ohne Erfolg. Beim Herumirren trifft sie auf eine Zeugin, die auch vor Gericht aussagt. „Als wenn ihre Welt gerade zusammengebrochen wäre“, beschreibt sie den Zustand der 15-Jährigen.

Dann trifft sie auf zwei weitere Männer – auch sie nutzen ihren hilflosen Zustand aus. Es habe sich auf der Festwiese herumgesprochen, dass sie alleine sei, alkoholisiert und schon in sexuelle Handlungen verwickelt war. Weitere junge Männer missbrauchen die Schülerin – insgesamt sind es neun. Als die 15-Jährige dann den Stadtpark verlässt, stößt sie auf eine Gruppe 25-Jähriger. Sie erkennen sofort, in welchem Zustand sie sich befindet und alarmieren die Polizei.

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Richterin findet deutliche Worte: „Wir finden nicht, dass das zu viel verlangt ist“

Seit dem 10. Mai 2022 müssen sich die jungen Männer vor Gericht verantworten. „Es war ein höchst aufwändiges und aufreibendes Verfahren“, beschreibt die Richterin den Prozess. Neun Männer bekommen Jugendstrafen, mit und ohne Bewährung, zwischen einem Jahr und bis zu zwei Jahre und neun Monate. Ein Angeklagter wird freigesprochen, gegen ihn gibt es keine Beweise.

Die Richterin beruft sich auf ein neues Sexualstrafrecht: „Nein heißt nein und ja heißt nur dann ja, wenn es keinen Zweifel an der Zustimmung des Anderen gibt“. „Wir finden nicht, dass das zuviel verlangt ist“, ergänzt die Richterin noch. Die Angeklagten erklärten vor Gericht, dass die Schülerin mit den sexuellen Handlungen einverstanden sei. „Sie, die Angeklagten, haben sich ihre Wahrheit zurechtgelegt“, so die Richterin.

Etwas ist in der jungen Schülerin gestorben

Zum Gesundheitszustand des Opfer sagt die Richterin: „Sie entwickelte später eine posttraumatische Belastungsstörung unter der sie bis heute leidet.“

Weiterhin erklärt die Richterin den Prozessbeteiligten: „Sie ist eine sehr tapfere jungere Frau, die sich nicht unterkriegen lässt.“ Sie wolle kein Opfer sein, ihr Leben weiterleben. Aber natürlich habe sich in dieser Nacht alles verändert: „‚Etwas in ihr‘, so sagte sie es hier, sei ‚gestorben‘.“