Er musste einst vor dem Krieg fliehen

"Vergeben ist das Allerwichtigste" - Zweitliga-Trainer Selimbegovic mit starkem Appell

18.09.2021, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Fußball: 2. Bundesliga, Fortuna Düsseldorf - Jahn Regensburg, 7. Spieltag, Merkur Spiel-Arena. Der Regensburger Trainer Mersad Selimbegovic gestikuliert. Foto: Roland Weihrauch/dpa - WICHTIGER HINWEIS: Gemäß den Vorgaben der DFL Deutsche Fußball Liga bzw. des DFB Deutscher Fußball-Bund ist es untersagt, in dem Stadion und/oder vom Spiel angefertigte Fotoaufnahmen in Form von Sequenzbildern und/oder videoähnlichen Fotostrecken zu verwerten bzw. verwerten zu lassen. +++ dpa-Bildfunk +++
Mersad Selimbegovic trainert seit 2019 Jahn Regensburg
rwe pil, dpa, Roland Weihrauch

Mersad Selimbegovic ist Trainer von Zweitligist Jahn Regenburg – und weiß wie wenig andere im Profigeschäft, wie unwichtig der Fußball doch sein kann. Der 1982 in Bosnien-Herzigowina geborene Selimbegovic musste einst mit seiner Familie vor dem Krieg auf dem Balkan fliehen. In einem Interview erinnert der 39-Jährige, worauf es wirklich ankommt im Leben.

"Toleranz ist das höchste Level von Macht"

Die Erlebnisse seiner Kindheit prägten ihn „noch heute brutal. Oft auch haben meine Handlungen damit zu tun“, sagte Selimbegovic der „Welt“.

Es gebe „so viele Probleme, bei denen wir denken, dass sie riesig sind. Ein echtes Problem aber ist, wenn du um dein Leben läufst oder drei Tage kein Trinkwasser hast. Ein Problem ist, wenn du zwei Monate kein Brot mehr siehst, wenn du vier Stunden im Wald nach Essen suchst, wenn du ein Feld zum hundertsten Mal verzweifelt nach einer Kartoffel absuchst und wahrscheinlich schon der Tausendste bist, der das tut“, sagte Selimbegovic.

Im Bosnienkrieg war er mit seiner Familie geflohen und bis Kriegsende 1995 als Flüchtling heimatlos. Er stelle sich angesichts seiner Erlebnisse „oft die Frage: Ist dieses oder jenes jetzt wirklich so schlimm, dass du schlecht gelaunt bist?“

Auf die Frage, ob er schon einmal an Vergeltung gedacht habe, sagte der Coach des Zweitliga-Zweiten: „Nein. Gott sei Dank nicht.“ Dies habe er seinen Eltern und deren Erziehung zu verdanken. „Toleranz ist das höchste Level von Macht. Rache ist das erste Anzeichen von Schwäche. Sie hilft dir auch nicht. Das Vergeben ist das Allerwichtigste. Wenn du das nicht schaffst, wirst du keine Ruhe finden“, sagte Selimbegovic. (mar/dpa)