Was sagt der Erfolg des Ballermann-Hit über uns aus?
Psychologie-Expertin heizt „Layla“-Diskussion neu an: „Sexismus wurde uns total antrainiert“

„Ich hab' 'nen Puff und meine Puffmama heißt Layla! Sie ist schöner, jünger, geiler“, es ist diese Song-Zeile, die DJ Robin und Schürze ganz nach oben in die deutschen Charts katapultiert hat. Richtig erfolgreich wurde „Layla“ allerdings erst, als der Song in einigen deutschen Großstädten auf Festen verboten wurde. Der Grund: Das Lied sei sexistisch! Doch ist Sexismus nicht einfach auch ein Teil von uns und unserer Psyche? Die psychologische Beraterin und Therapeutin Ruth Marquardt hat die Antwort auf das „Layla“-Phänomen und erklärt, warum Sexismus so tief in unserer Gesellschaft verankert ist.
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„Layla“-Song erhitzt weiterhin die Gemüter: „Sexismus ist gerade großer Teil unseres Bewusstseins“
Egal, was Sie vom aktuellen Party-Song Nummer eins halten, über eins sind sich gerade alle einig, der Ballermann-Hit „Layla“ ist längst nicht mehr nur in der Schinkenstraße auf Mallorca ein Hit, sondern hat sich zu einem regelrechten Phänomen entwickelt! Auf vielen Festen wünschen sich Feierende brüllend und kreischend: „Layla“!
DJs setzen sich über Ansagen von Party-Veranstaltern hinweg und spielen das kontrovers diskutierte Lied, einfach nur dem unnachgiebigen Party-Volk zuliebe. Die psychologische Expertin Ruth Marquardt stellt in der aktuellen Debatte fest, dass Sexismus gerade ein großer Teil unseres Bewusstseins ist. Es sei uns gesellschaftlich wichtig, darüber nachzudenken, wie respektvoll und achtsam wir miteinander umgehen.
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„Layla“-Debatte: Steckt ein bisschen Sexismus in uns allen?
Doch steckt Sexismus in uns und in unserer Psyche, oder wurden wir einfach sexistisch sozialisiert?
„Sexismus wurde uns antrainiert. Das ist meiner Einschätzung nach vor allem in unserem Kulturkreis der Fall. Es gibt auch Kulturkreise, in denen die Frau geehrt und geachtet wird und in denen es solche Songs niemals geben könnte, weil es diese Lebensrealität nicht gibt“, erklärt die psychologische Therapeutin. In unserem Kulturkreis sei man seit tausenden von Jahren mit der Thematik konfrontiert, dass Frauen als etwas Minderwertiges betrachtet werden. Insbesondere im und durch das Prostitutionsgewerbe.
„Wir wissen aus Statistiken, dass es zwei bis fünf Prozent Prostituierte gibt, die dem Beruf gerne nachgehen und darüber aufklären. Das heißt aber auch, dass mindestens 95 Prozent aus einer sogenannten Elendsprostitution kommen“, schildert die Therapeutin und das sei der eigentliche Skandal.
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„Layla“-Song: „Wir müssen uns fragen, was wir an Prostitution so spaßig und normal finden“
Die echten „Laylas“ würden darin täglich Gewalterfahrungen mit Männern und Zuhältern machen. Auch Menschenhandel sei vielerorts schreckliche Realität. „Auch der Name ‘Layla’ weist auf einen Auslandsbezug hin. Sie heißt nun mal nicht Renate. Und in diesem Zusammenhang haben wir das Gewaltsystem Prostitution. Weder die Männer noch die Frauen machen sich darüber Gedanken, wenn sie zu dem Song grölen“, kritisiert Marquardt.
Das Positive an der „Layla“-Debatte sei jedoch, dass auch dieses Thema jetzt die Chance auf mehr Aufmerksamkeit bekommt. „Unser Zeitgeist und unser Bewusstsein hat sich verändert. Wir benutzen auch das ‘N-Wort’ aus gutem Grund nicht mehr und sollten auch über Prostitution mehr nachdenken. Wir müssen uns fragen, was wir daran so spaßig und normal finden und, ob das so richtig ist“, so Marquardt.
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Expertin: „Wir finden gerade das interessant, was verboten ist“
Doch klar sei auch, dass sich viele angetrunkene Feierende nicht auf der Party selbst diese Gedanken machen werden, aber vielleicht zu Hause. Letztendlich vermutet Marquardt, dass der Song vor allem wegen der vielen Verbote und der Zensur so erfolgreich gemacht wurde und nicht in erster Linie wegen seines Textes so durch die Decke geht.
„Es ist ein großer Teil unserer Psyche, dass wir gerade das interessant finden, was verboten oder ein Skandal ist. Das ist der Hauptgrund für den Erfolg von „Layla““, so Ruth Marquardt im RTL-Gespräch. Dramen würden unser Gehirn einfach mehr triggern als Harmonie, denn dann werden Botenstoffe wie Spiegelneuronen ausgeschüttet. Spiegelneuronen sind Nervenzellen im Gehirn, die aktiviert werden, wenn man eine Handlung durchführt, sie beobachtet oder über sie nachdenkt.