Armin Laschet vs. Markus Söder

Polit-Kolumne: Wer ist Ihr Herzblatt, liebe Kanzlerin?

Francas Flurfunk - die politische Kolumne von Franca Lehfeldt für RTL.de
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Liebe RTL-Gemeinde,
unser ganzer Kosmos dreht sich derzeit um und mit Corona. Ich bin mir nicht sicher, ob man es laut aussprechen darf, ohne ignorant zu wirken, aber ich sehne mich nach einer coronafreien Oase. Wenn schon nicht in den Flieger und ab auf die nächste Insel, dann doch bitte gedanklich.
Ein Freund berichtete die Tage, er habe zu Hause eingeführt, dass jeder, der nach 18 Uhr das böse C-Wort ausspricht, eine Spende ins Haushalts-Sparschwein werfen muss. Auf diese Hardliner-Taktik bin ich noch nicht umgestiegen, aber ich mache euch das Angebot, ein paar C-Wort freie Zeilen zu genießen. Beschäftigen wir uns nun mit dem besonderen Verhältnis von Oma Anni und der Bundeskanzlerin. Und der Herzblatt-Frage der Union.

Wer ist Ihr Herzblatt?

 Armin Laschet und Markus Söder beim Wahlkampfauftakt der CDU und CSU zur Europawahl 2019 in der Halle Münsterland. Münster, 27.04.2019 *** Armin Laschet and Markus Söder at the start of the election campaign of the CDU and CSU for the European elections 2019 in the Halle Münsterland Münster 27 04 2019 Foto:xJ.xKrickx/xFuturexImage
Armin Laschet und Markus Söder beim Wahlkampfauftakt der CDU und CSU zur Europawahl 2019 in der Halle Münsterland.
www.imago-images.de, imago images/Future Image, Jens Krick, via www.imago-images.de

Einige von uns kennen sie vielleicht noch? Die Kuppelshow der Neunzigerjahre, die unter der Woche im Vorabendprogramm der ARD lief. In jeder Sendung durften ein Mann und eine Frau aus drei Kandidaten des anderen Geschlechts ihr „Herzblatt“ auswählen. Durch eine möglichst humorvolle und charmante Befragung sollte der passende Partner ermittelt werden. Während des Spiels waren die drei Kandidaten durch eine Wand von dem Fragenden getrennt, Optik spielte also keine Rolle. Warum erzähle ich euch das? Nun, weil diese Flirt-Show der neunziger gerade der Hit in der Unionspartei ist, möchte man zumindest als wachsamer Beobachter meinen.

Nur sitzen in dieser 2021er-Ausgabe nicht drei Kandidaten auf der einen Seite, sondern zwei: CDU-Chef Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder. Auf der anderen Seite der Trennwand sitzt eine Dame. Dreimal dürft ihr raten? Genau – es ist die Kanzlerin. Man könnte die Sendung also auch „Wer ist Dein Kanzlerkandidat“ nennen. Beide Herren strampeln dieser Tage und legen sich mächtig ins Zeug. Während der eine ein Testosteron geladenes Interview in einer Talkshow gibt, wirbt der andere für eine eigene neue Wortschöpfung, irgendwas mit „Brücke“, na ihr wisst schon. Diese „Brücke“ soll allerdings nicht von der Staatskanzlei in Düsseldorf direkt ins Bundeskanzleramt führen, sondern ein Fahrplan für das gesamte Land sein. Das ist wiederum nicht weniger ambitioniert. Die Liste der PR-Aktionen der beiden nicht uneitlen Herren ist lang, sie aufzuschreiben würde Seiten und Tage erfordern.

Es geht nicht nur um die Krisenpolitik

Konzentrieren wir uns auf das Wesentliche. Zurecht mag man sich fragen: Was hat die Kanzlerin mit der Kanzlerkandidatur der Union zu tun? Wird so eine weitreichende Entscheidung nicht zwischen den Kandidaten bei einem zünftigen Glas Weißbier, einer Brezel und ein paar Weißwürstchen entschieden? So lehrt es die Geschichte. Doch dieses Mal ist alles anders. Spätestens seitdem Markus Söder öffentlich erklärte, die Kanzlerin müsse in diese wichtige Entscheidung einbezogen werden. Nur so viel, in der Unions-Fraktion im Deutschen Bundestag hat er sich damit nicht viele Freunde gemacht. Viele stöhnen, der Graben zwischen der Fraktion und der Kanzlerin ist in der Krise tiefer geworden. Angela Merkel wird uns öffentlich nicht erklären, wen der beiden Alphamännchen sie für geeigneter hält oder sich gar wünscht.

Lesen wir also im Kaffeesatz des Kanzleramts. Ginge es nur um die aktuelle Krisenpolitik, wäre die Frage leicht zu beantworten, Markus Söder weicht der Kanzlerin nicht von der Seite, weder inhaltlich noch physisch auf den Pressekonferenzen nach den Krisen-Gipfeln. Söder ihr Musterschüler wäre also eine erklärbare Wahl. Aber Medienberichten zufolge aus dem sogenannten „Umfeld“ der Kanzlerin dementieren, dass Merkel ein Fan des Bayerns sei. Im Gegenteil, sie unterstreichen sogar, wie sehr Angela Merkel ihren neuen Parteichef Laschet schätzen würde. Man muss dazu sagen, solche Berichte aus dem „Umfeld“ entstehen nicht durch geschwätzige und indiskrete Kanzleramtsmitarbeiter, im Gegenteil, sie werden gezielt platziert und an Journalisten gegeben. Auch das ist Politik. Ist Armin Laschet also das „Herzblatt“ der Kanzlerin?

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Merkel macht für den Typ "Oma Anni" Politik

 Angela Merkel, Bundeskanzlerin, aufgenommen vor einer Regierungserklaerung im Deutschen Bundestag in Berlin, 25.03.2021. Bundeskanzlerin Merkel spricht in ihrer Regierungserklaerung ueber den Europaeischen Rat sowie zu den Beschluessen der Ministerpraesidentenkonferenz zur Bewaeltigung der Corona-Pandemie. Berlin Deutschland *** Angela Merkel, German Chancellor, recorded before a government statement in the German Bundestag in Berlin, 25 03 2021 Chancellor Merkel speaks in her government statement about the European Council as well as about the decisions of the Conference of Ministers to deal with the Corona Pandemic Berlin Germany Copyright: xFlorianxGaertner/photothek.dex
Wer wird auf Angela Merkel folgen?
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Auch Merkels „Oma Anni“ würde für Laschet sprechen. Oma wer? Nein, die Kanzlerin hat natürlich keine Oma Anni, die am Ende noch mitspricht. Aber gut unterrichtete Quellen, die im Kanzleramt ein- und ausgehen, vor der C-Zeit (das Wort ist tabu) gerne mal mit der Kanzlerin in illustren Runden speisten, berichten, dass Merkel den Typ Mensch, für den sie Politik macht, „Oma Anni“ nennt. Das ist keinesfalls despektierlich gemeint, erklärt aber worauf die Kanzlerin achtet. Ihre Reden, ihre Auftritte auf Parteitagen oder Pressekonferenzen – sprich: wie sie ihre Politik erzählt und erklärt – muss in fünfzehn Sekunden passen und für jeden verstehbar sein. Warum? Weil die Nachrichtenformate im Fernsehen genau so viel Zeit für Politiker-Sätze haben und diese Sätze im Kopf des Zuschauers, von Oma Anni, bleiben. Aufgeregte Reden, gar wütende und impulsive Auftritte passen nicht in dieses Modell. Wenn man sich jetzt an Laschets Rede auf dem CDU-Parteitag erinnert, auf dem er zum Vorsitzenden gewählt worden ist, kommt einem ein ruhiger und emotional sprechender Mann in den Kopf. Sogar die Bergmannsmarke seines Vaters hatte er dabei, stand neben dem Rednerpult und hielt sie in die Kamera. Das Bild schaffte es in alle Nachrichten des Tages, ein für die Politik gar romantisches Bild, von Wut und Empörung keine Spur. Das dürfte der Kanzlerin und Oma Anni gefallen.

Und noch ein zufälliges Déjà-vu deutet an, dass das Karma es gut mit Armin Laschet meinen könnte. Angesprochen auf sein privates Osterfest, erklärt Markus Söder in einem Interview, dass sein junger Hund namens „Molly“ krank gewesen und er somit über die Feiertage mit der Genesung beschäftigt gewesen sei. Dem kleinen Hund geht es inzwischen wieder gut – kein Grund zur Sorge. Aber jeder, der Angela Merkel in den letzten Jahren beobachtet hat, weiß, dass sie es nicht so mit Hunden hat, sie hat viel mehr Respekt vor ihnen. Mit der Hunde-Karte gewinnt man also auch nicht unbedingt das Herz der Kanzlerin.

Aber ehe die Liste jetzt zu lang wird und die Interpretation ins Uferlose gehen, fasst „die liebe Susi“ – wie es bei Herzblatt immer hieß – noch einmal zusammen: Wer ist Ihr Kanzlerkandidat, liebe Frau Merkel? Vielleicht der bodenständige Armin? Der Brücken baut, auch wenn noch nicht feststeht, wie weit das andere Ufer entfernt ist? Der eine Vorliebe für Zigarillos hegt und den Oma Anni versteht? Oder soll es doch lieber der impulsive Markus machen? Der in jeder Lebenslage die passende Metapher parat hat und für Oma Anni auch täglich eine Pressekonferenz gibt? Und versucht die Tritte gegen die Schienbeine seiner Gegner, die er in Talkshows verteilt, mit harmonischen Fotos seiner Hundedame Molly auf Instagram wieder wett zu machen? So liebe Frau Kanzlerin, jetzt müssen Sie sich entscheiden.

Übrigens, jedes Paar bekam bei „Herzblatt“ eine Reise geschenkt, diese startete immer gleich, mit einem Hubschrauberflug. Wen seht ihr im Hubschrauber neben der Kanzlerin? Schreibt mir gerne Eure Unions-Liebesbiefe und vielleicht wissen wir in der kommenden Woche schon mehr. Es soll ja jetzt „ganz schnell“ gehen mit der Entscheidung, munkelt und flüstert man in Berlin. Bleiben wir gespannt.

Ein schönes Wochenende – herzlich

Franca Lehfeldt