Pflegeentlastungsbetrag wird kaum abgerufen
80 Prozent der pflegenden Angehörigen verschenken fast 1.500 Euro - wie Sie an das Geld kommen!

Dieses Geld steht Pflegenden zu!
24 Stunden, sieben Tage die Woche: Die Pflege eines Angehörigen ist nicht nur ein Vollzeitjob, sondern ein Rund-um-die-Uhr-Job. Kein Wunder, dass viele Pflegende an ihre eigenen Grenzen gehen. Um die Angehörigen zu entlasten, gibt es Geld – doch das rufen 80 Prozent gar nicht ab! Was Sie über den Entlastungsbetrag wissen müssen!
Sozialverband: Viele Angehörige kennen den Betrag gar nicht!
Wer zuhause gepflegt wird, hat Anspruch auf einen Entlastungsbetrag von bis zu 125 Euro im Monat, also bis 1.500 Euro im Jahr, informiert das Gesundheitsministerium auf seiner Webseite. Doch ein Großteil der pflegenden Angehörigen nimmt diese Hilfe gar nicht in Anspruch. Nur gut 20 Prozent rufen diesen Betrag laut einer umfassenden Pflegestudie des Sozialverbands VdK und der Universität Osnabrück ab. 54.000 Menschen wurden dafür 2021 befragt.
„Die allermeisten Pflegehaushalte nutzen den Entlastungsbetrag und auch weitere Unterstützungsleistungen, die beantragt werden müssen, nicht, weil sie keine Kenntnis von diesen Leistungen haben. Vielfach ist es ansonsten so, dass es vor Ort gar keine passenden Angebote gibt oder diese zu hochpreisig sind“, erklärt Olaf Christen vom VdK auf Nachfrage von RTL.
Ein Problem:
Das Geld ist zweckgebunden, wird nicht automatisch aufs Konto überwiesen. Die Pflegebedürftigen müssen die Hilfe erst aus eigener Tasche zahlen und sich dann das Geld von der Pflegekasse erstatten lassen. Der Aufwand schreckt möglicherweise viele ab. „In der Praxis bedeutet das, dass dieser Betrag ausschließlich für Leistungen von Anbietern genutzt werden darf, die diesen Ansprüchen entsprechen und auf einer Landesliste aufgeführt sind. Das ist sicher für Betreuungsleistungen in Haushalten mit dementiell erkrankten Menschen richtig, aber für reine Dienstleistungen im Haushalt vollständig überflüssig“, kritisiert Christen.
Wofür kann der Entlastungsbetrag genutzt werden?
Das Geld kann zum Beispiel für haushaltsnahe Dienstleistungen genutzt werden oder für Hilfe beim Einkaufen. Auch kann damit ein Bewegungskurs oder die Begleitung zum Arzt oder zu Behörden durch Ehrenamtliche mit dem Geld finanziert werden.
Die Idee dahinter: Geschulte Ehrenamtliche oder aber auch professionelle Betreuer helfen für einige Stunden mit, der Pflegebedürftige ist in dieser Zeit gut versorgt und die pflegenden Angehörigen können mal durchatmen und neue Kraft tanken.
Wir möchten Ihre Meinung wissen: Sollten pflegende Angehörige stärker entlastet werden?
Die Ergebnisse der Umfrage sind nicht repräsentativ.
Wer hat Anspruch auf das Geld – und wie bekomme ich es?
Jeder hat Anspruch auf den Betrag, sobald die Pflegebedürftigkeit festgestellt wird und man zu Hause gepflegt wird.
Sie gehen zunächst in Vorkasse und reichen die entsprechenden Rechnungen bei der Pflegekasse ein.
Achten Sie darauf, dass die Leistungen auch nach Ihrem Landesrecht für den Entlastungsbetrag qualifiziert sind. Entsprechende Musterschreiben bietet zum Beispiel die Verbraucherzentrale auf ihrer Webseite an.
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Verfällt der Anspruch zum Ende des Monats?
Nein. Das Gesundheitsministerium erklärt dazu auf seiner Webseite: Schöpft man das Geld nicht vollständig in einem Kalendermonat aus, wird der Rest-Betrag in die darauffolgenden Monate übertragen. „Leistungsbeträge, die am Ende des Kalenderjahres noch nicht verbraucht worden sind, können noch bis zum Ende des darauffolgenden Kalenderhalbjahres übertragen werden“, heißt es.
Die Verbraucherzentrale rät laut ihrer Webseite: „Lassen Sie sich dann aber regelmäßig eine Übersicht über die eingereichten Rechnungen geben, damit Sie den Überblick über Ihr vorhandenes Budget behalten.“
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Sozialverband und Opposition fordern Pflegegeld nach Vorbild des Elterngeldes
Für den VDK reichen die bisherigen Entlastungen für pflegende Angehörige nicht aus, der Verband fordert ein Pflegegehalt. „Die Angehörigenpflege bedarf einer besseren rentenrechtlichen Anerkennung. Erwerbstätige pflegende Angehörige brauchen einen ausreichend langen Anspruch auf Reduzierung und Unterbrechung der Erwerbsarbeit, gesichert durch ein Pflegegehalt, Entlastungsleistungen müssen in einem Budget flexibilisiert werden, damit Angehörige selbst die Entscheidung treffen können.“
Auch in der Politik wird derzeit eine Art „Elterngeld“ für Pflegende diskutiert und gefordert.
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