Bananen und Affenlaute taten weh

"Mir schauten zwei Milliarden Menschen beim Versagen zu“ - Kahn offenbart Burnout und Depressionen

Er war der „Titan“, der die Unhaltbaren aus dem Winkel kratzte. Der brüllte, die Zähne fletschte und als DFB-Kapitän Kommandos gab. Torwart-Legende Oliver Kahn. Doch hinter der Fassade des starken Mannes war da eine verletzliche Seele, gab es Burnout und Depressionen, wie Kahn jetzt in einem Podcast verraten hat. Eine Rolle spielten dabei auch die Affenlaute der gegnerischen Fans und die Bananen, die sie in Kahns Strafraum warfen.

Kahn musste medizinische Hilfe suchen

Kahn polarisierte. Wo er mit dem FC Bayern in der Bundesliga auftauchte, da war ihm die Abneigung der Gastgeber gewiss. Im Zweiwochentakt hagelte es um den Kasten des Keepers Bananen, die gegnerischen Fans machten Kahn mit Affenlauten verächtlich.

Aktionen, die Kahn als „erniedrigend“ empfand, wie der heutige Vorstand des FC Bayern in einem Podcast mt seinem langjährigen Therapeuten Florian Holsboer offenbart. Sie hätten dazu beigetragen, dass er sich im Laufe seiner Karriere medizinische Hilfe suchen musste, um mit Burnout und Depressionen umzugehen.

VIDEO: Sport-Psychologe räumt mit Mythen über Depression auf

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Patzer im WM-Finale machte Kahn fertig

Kahn erinnert sich in dem Podcast auch daran, wie er fast an seinem Torwartfehler im Weltmeisterschaftsfinale 2002 zerbrochen wäre, der die 0:2-Niederlage der deutschen Mannschaft gegen Brasilien einleitete. „Mir schauten zwei Milliarden Menschen beim Versagen zu“, sagt der heute 53-Jährige.

Die Scham darüber, sein überbordender Ehrgeiz, wachsender Erfolgsdruck von außen und sportliche Misserfolgserlebnisse wie das in der Nachspielzeit verlorene Champions-League-Finale mit den Bayern 1999 hätten ihn schließlich verzweifeln lassen.

ARCHIV - 30.06.2002, Japan, Yokohama: Der deutsche Torhüter und Kapitän Oliver Kahn sitzt bei Spielende deprimiert am Pfosten. Die deutsche Fußballnationalmannschaft verliert am 30.06.2002 im International-Stadion in Yokohama das Endspiel der 17. Weltmeisterschaft gegen Brasilien mit 0:2. In einem Podcast spricht Kahn jetzt darüber, wie er danach in eine Depression stürzte. (zu dpa: «Kahn über Burn-out: Milliarden Menschen schauten mir beim Versagen zu») Foto: Oliver Berg/Deutsche Presse-Agentur GmbH/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Oliver Kahn nach dem WM-Finale 2002 - untröstlich
dpa, Oliver Berg

Kahn wollte "neue Widerstandskraft"

Erst mit Hilfe des Münchner Medizinprofessors Holsboer habe er sich aus seinem Tief herausgearbeitet. Es sei für ihn aber nie in Frage gekommen, den Leistungssport Fußball zu verlassen. Vielmehr wollte „ich in meinem Beruf einen Weg suchen, neue Widerstandskraft zu entwickeln“.

Mit dem im Auftrag von Holsboers Stiftung entstandenen Podcast wollen der Mediziner und Kahn psychische Erkrankungen von ihrem Stigma befreien. Kahn wies in diesem Zusammenhang auch auf den jüngst bekannt gewordenen Fall des des Münchner Abwehrspielers Benjamin Pavard hin, der seine Depression ohne negative Folgen habe öffentlich machen können. Das sei zu seiner aktiven Zeit bis 2008 undenkbar gewesen, sagt Kahn.

Es habe sich aber vieles im Fußball geändert. So sei er auch überzeugt, dass das Werfen von Bananen und Affenlaute heute in Stadien nicht mehr toleriert werden und erst recht nicht als originell empfunden werden würde. (dpa/mar)