Urteil vor dem Oberlandesgericht München Neuneinhalb Jahre Haft und Psychiatrie für Brandstifter von Waldkraiburg

ARCHIV - 11.05.2020, Bayern, Waldkraiburg: Große Zerstörung hat ein Brand in einem türkischen Geschäft angerichtet. Das oberbayerische Waldkraiburg wurde von Anschlägen auf Geschäfte türkischstämmiger Inhaber erschüttert. Ein junger Mann, der nach Angaben der Ermittler mit der IS-Terrormiliz sympathisiert, steht deswegen vor Gericht. Nun soll das Urteil fallen. Foto: Angelika Warmuth/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Terror-Prozess um Anschläge von Waldkraiburg
awa reu, dpa, Angelika Warmuth

Der Brandstifter von Waldkraiburg ist verurteilt und muss in psychiatrische Behandlung: Neuneinhalb Jahre Haft sowie die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung, so das Oberlandesgericht München. Muharrem D hatte gestanden, die Anschläge im oberbayerischen Waldkraiburg 2020 begangen zu haben. verantwortlich zu sein. Unter anderem zündete er ein türkisches Geschäft an und brachte die Menschen in den Wohnungen darüber in Lebensgefahr.

Er plante auch einen Anschlag auf die Moschee

30.04.2020, Bayern, Waldkraiburg: Eine Frau fotografiert die Zerstörung, die ein Brand in einem türkischen Geschäft angerichtet hat. Eine Sonderkommission ermittelt unter der Leitung der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) der Generalstaatsanwaltschaft München. Foto: Lino Mirgeler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Dieses türkische Geschäft wurde bei einem Brandanschlag in Waldkraiburg schwer beschädigt
lim htf, dpa, Lino Mirgeler

Ferner hatte D. zugegeben, dass er einen Anschlag auf die Ditib-Moschee in Waldkraiburg plante. Außerdem zündete er eine Mülltonne vor der Wohnung an, in der der Imam mit seiner Familie lebte.

Die Bundesanwaltschaft warf ihm 31 versuchte Morde, Brandstiftung, Körperverletzung, Sachbeschädigung, unerlaubten Waffenbesitz und die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat vor. Sie hatte 13,5 JahreHaft gefrodert. Wegen seiner Schizophrenie geht die Anklage von einer "erheblich verminderte Schuldfähigkeit" aus.

Dem schloss sich das Gericht an. "Ohne die Schizophrenie sind die vom Angeklagten verübten Anschläge in Waldkraiburg nicht denkbar", sagte der Vorsitzende Richter. Sie seien aber"«ebenso wenig denkbar ohne die islamistisch-dschihadistische Ideologie". Diese sei "das Fundament, auf dem die Schizophrenie aufgesattelt hat".

Bereits während des Prozesses war D. in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen worden.

Vor seiner Einbürgerung war er selbst türkischer Staatsbürger

Laut Anklage radikalisierte sich der Mann "scheinbar aus dem Nichts", forderte plötzlich Frauen in seinem Umfeld auf, Kopftuch zu tragen und gab ihnen nicht mehr die Hand. Ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu seiner radikalen Auslegung des Islam: "Hassbotschaften von salafistischen Predigern im Internet", wie es im Plädoyer der Bundesanwaltschaft heißt. Auf seinem Instagram-Profil soll er Videos von brutalen Hinrichtungen "Ungläubiger" gepostet haben - also von Menschen, die den Islam nicht so radikal konservativ, so fundamentalistisch auslegten wie er.

So gelangte vor allem der türkische Moscheeverein Ditib ins Visier des Deutschen, der vor seiner Einbürgerung selbst Türke war. Er habe "Staatsislam von Erdogan" abgelehnt und Umgang mit "richtigen Muslimen" gesucht, sagt die Bundesanwaltschaft. Der Mann bezeichnete sich als Anhänger der Terrororganisation Islamischer Staat.

Seine Festnahme könnte weitere Taten verhindert haben. Als die Polizei zugriff, hatte er Rohrbomben und kiloweise Sprengstoff dabei, die er vorher lange in seinem Auto in einer Tiefgarage in Garching an der Alz gelagert hatte. (dpa / uvo)