Polizei warnt vor perfidem Spiel

Eiskalte Betrugs-Masche kopiert die Stimmen unserer Liebsten

ARCHIV - 11.10.2019, Bayern, Würzburg: Eine ältere Frau telefoniert mit einem schnurlosen Festnetztelefon. In Hessen werden viele Seniorinnen und Senioren durch den sogenannten Enkeltrick oder Schockanruf um ihr Erspartes gebracht. (zu dpa: "Die Masche mit der Angst: Telefonbetrüger setzen auf Panik bei Opfern") Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Vor allem ältere Menschen werden Opfer von Schockanrufen.
kjh arb axs akb axs nis pil, dpa, Karl-Josef Hildenbrand

Wie soll man sich vor Betrugsanrufen schützen, wenn sogar die Stimme wie die von Freunden oder Familienmitgliedern klingt?
Vor allem Senioren werden immer wieder Opfer von sogenannten Schockanrufen. Kriminelle geben sich dabei beispielsweise als das eigene Kind aus, das angeblich in einen Unfall verwickelt sei und dringend Geld brauche. Klingt die Stimme dann auch noch wie das eigene Kind, lässt sich der Betrugsanruf kaum noch enttarnen, warnt nun die Polizei. Was es mit der neuen Betrugsmasche auf sich hat – und wie Sie sich schützen können.

„Schockanrufe noch heimtückischer“

Künstliche Intelligenz hat viele Vorteile, doch sie macht es auch Kriminellen leichter. Die Polizei warnt nun vor einer Kriminalitätsform: Betrüger nutzen Künstliche Intelligenz offenbar, um bekannte Stimmen bei Schockanrufen höchst realistisch zu imitieren.

„Die neusten Möglichkeiten, Stimmen mit höchster Qualität nachzuahmen, wird jetzt von Kriminellen genutzt“, erklärt Ralf Kusterer, stellvertretender Bundesvorsitzender der Polizeigewerkschaft am Samstag. „Damit werden die Schockanrufe noch heimtückischer und es entwickelt sich eine neue Kriminalitätsform.“

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„Stellen Sie sich vor, eine ihnen bestens bekannte Stimme ruft sie an“

Bei sogenannten Schockanrufen spielen Betrüger ihren Opfer vor, ihren Angehörigen sei etwas zugestoßen und sie bräuchten dringend Geld.

„Schockanrufe bezwecken – wie der Name schon sagt – einen Schockzustand beim Gegenüber hervorzurufen, um sodann unter Vorspiegelung falscher Tatsachen einen Vermögensschaden bei den Opfern zu bewirken“, erklärte Andrea Steinbach von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz im RTL-Interview bereits kürzlich zum Thema. „Je emotionaler die Masche, desto erfolgreicher der Betrug.“

Ertönt nun am Telefon eine Stimme, die entfernt klingt wie der oder die eigene Angehörige, erkennen gewiefte Menschen den Betrug möglicherweise.

Doch: „Stellen Sie sich vor, eine ihnen bestens bekannte Stimme ruft sie an“, gibt Kusterer zu bedenken. „Nicht etwa eine weinende Person, die im Entferntesten eine Ähnlichkeit mit jemandem haben könnte. Eine Stimme, die sie nicht von der ‘echten Person’ unterscheiden können.“ Das sei eine „neue Dimension“.

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Selbst wenn die Opfer nicht auf die heimtückische Betrugsmasche reinfallen, sei der psychische Schaden oft erheblich, warnt die Polizeigewerkschaft. Zudem könne der Anruf dazu genutzt werden, um die Stimme des Angerufenen abzufangen und so weitere Schockanrufe vorzunehmen. Diese Gefahr bestehe übrigens etwa auch, wenn der Anrufer lediglich angebe, sich verwählt zu haben.

Besonders unheimlich: Nicht selten werden Telefonnummern und die Beziehungen von Opfern zuvor gezielt ausgespäht. „Alleine, dass die Täter eine Beziehung zwischen Opfern erkennen, denen man die Stimme ‘geklaut’ hat, und einem weiteren Opfer, bei der man erfolgversprechend diese Stimme einsetzen kann, ist besorgniserregend“, heißt es weiter.

Woran erkennen wir also mögliche Betrugsanrufe und wie sollten wir uns im Fall der Fälle verhalten?

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Wie erkennt man Betrugsanrufe?

Auch wenn Sie vielleicht glauben, Sie würden niemals auf eine solche Betrugsmasche hereinfallen, sollten Sie bedenken: In der Situation der Angst um das eigene Kind schaltet sich der Verstand nicht selten aus. Wie erkennt man also solche Betrugsmaschen?

Meist täuschen die Täter den Opfern dubiose erfundene Geschichten vor, um an die Beute zu kommen. Die Vorschläge der Anrufer sind dabei meistens völlig unrealistisch, erklärt Andrea Steinbach von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.

  • So würde eine „echte“ Strafverfolgungsbehörde nie Geld verlangen, wenn eine Person in einen Unfall verwickelt sei.

  • Ein weiteres Indiz: Die Täter wollen mit allen Mitteln verhindern, dass die Opfer jemand anderen kontaktieren wie beispielsweise Angehörige oder die Polizei. Der Grund dahinter: Die Masche würde ansonsten aufliegen. Die Opfer werden darum oft stundenlang am Telefon gehalten, bis ein sogenannter „Geldabholer“ zum Wohnortes vom Opfer kommt, erklärt Pascal Widder vom Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz auf RTL-Nachfrage.

Wie sollten sich Opfer im Falle eines Schockanrufes verhalten?

Die Polizei rät bei verdächtigen Anrufen:

  • Reagieren Sie mit einem gesunden Argwohn, Vorsicht und Umsicht auf Anrufe, bei denen Sie nicht sicher sind, ob diese seriös sind.

  • Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen.

  • Geben Sie keine Daten weiter und stimmen Sie keiner Installation und Nutzung unbekannter Software zu.

  • Sprechen Sie am Telefon nie über Ihre persönlichen und finanziellen Verhältnisse.

  • Übergeben Sie niemals Geld oder Wertsachen an unbekannte Personen.

  • Legen Sie bei verdächtigen Anrufen auf und gehen Sie nicht auf den Täter ein.

  • Lassen Sie sich von der Polizei in Ihrer Nähe oder über den Notruf 110 beraten, wenn Sie nicht sicher sind, ob es sich wirklich um einen Betrug handelt.

  • Ziehen Sie eine Vertrauensperson hinzu.

  • Überprüfen Sie die Angaben, die der Anrufer macht und kontaktieren Sie den Angehörigen, dem etwas passiert sein soll, unter der Ihnen bekannten Nummer.

  • Bedenken Sie: Die Polizei oder andere Amtspersonen fordern von Ihnen kein Geld am Telefon und niemals ist die Behandlung eines Unfallopfers von einer vorherigen Zahlung eines Geldbetrages abhängig.

  • Melden Sie Anrufe mit vermeintlich betrügerischer Absicht immer bei der Polizei.

Da vor allem ältere Menschen bei solchen oder ähnlichen Fake-Anrufen kontaktiert werden, rät die Polizei darüber hinaus, sich aus dem Telefonbuch entfernen zu lassen oder zumindest den Vornamen abzukürzen. Betrügern falle es dann schwerer, Opfer ausfindig zu machen.

Sie sind Opfer geworden? Betroffene von betrügerischen Anrufen können sich bei Bedarf zusätzlich an Opferberatungsstellen wie beispielsweise den Verein „Weisser Ring“ wenden, rät das BKA.