Zahl der Vasektomien schießt in die Höhe
Nach Abtreibungs-Urteil in den USA: 900 Prozent mehr Männer legen sich unters Messer

Es ist eine folgenschwere Entscheidung, da sind sich sowohl Kritiker als auch Befürworter einig: Der Supreme Court in den USA hat das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche gekippt. Zahlreiche Frauen machen sich nun große Sorgen, in vielen Fällen ergreifen Männer die Initiative, um zu helfen. Die Zahl der Vasektomien schießt in die Höhe.
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Vasektomien in den USA: "Anzahl der Menschen ist um 900 Prozent gestiegen"

„Einer unserer Leiter sagte zu uns: ‚Macht euch bereit‘“, erinnert sich Christian Hettinger. Er ist Urologe an einem Krankenhaus in Kansas. „Seit Freitag ist die Anzahl der Menschen. die eine Vasektomie vornehmen lassen wollen, um 900 Prozent gestiegen.“
Bei einer Vasektomie werden die Samenleiter eines Mannes durchtrennt, ein chirurgischer Eingriff, der zur Sterilisation führt. „Es ist eine dauerhafte Form der Sterilisation“, erklärt Hettinger. „Es ist keine vorübergehende Lösung. Nichts, was ich durchführen lassen und später wieder rückgängig machen würde.“
Und doch entscheiden sich nach dem Urteil des Obersten Gerichtshof in den USA zahlreiche Menschen für die Operation. „Normalerweise haben wir ungefähr drei an einem Wochenende“, sagt Hettinger. “Am letzten Wochenende waren es 50, die hierher kamen und eine Vasektomie haben wollten.“
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Männer denken nach Abtreibungsurteil in den USA über Sterilisierungen nach

Einer der Männer, die sich Gedanken über eine Vasektomie machen, ist Lyon Lenk. Seine Freundin Kelsey hatte in der Vergangenheit immer wieder gesundheitliche Probleme. Eine Schwangerschaft wäre für sie ein großes Risiko. Erst Recht jetzt, wo sie womöglich keine Abtreibung vornehmen lassen könnte.
„Kelsey ist mein Ein und Alles. Ich habe noch nie so eine schöne, nette, rücksichtsvolle Person getroffen“, sagt Lyon. „Ich muss in Betracht ziehen, was für die Person, die ich am meisten liebe, lebensrettend sein könnte.“
Die Männer sind gefragt: Vasektomie - ja oder nein?
USA: Supreme Court kippt 50 Jahre geltendes Recht auf Abtreibungen
Die Richter am mittlerweile konservativ dominierten Supreme Court in den USA hatten in der vergangenen Woche entschieden, das fast 50 Jahre lang geltende Recht auf Schwangerschaftsabbrüche zu kippen. Nun sollen wieder die Gesetze der einzelnen Bundesstaaten gelten – die teilweise extrem streng sind und Abtreibungen nahezu gänzlich verbieten.
Texas etwa verbietet Abtreibungen nach der sechsten Schwangerschaftswoche. In Oklahoma gilt das so genannte Herzschlag-Gesetz, das Abbrüche der Schwangerschaft verbietet, sobald ein vermeintlicher Herzschlag bei der Untersuchung zu hören ist. Diese Gesetze können nun in Kraft treten, nachdem die einheitliche Regelung wegfällt.
Lyon Lenk und seine Freundin haben angesichts dieser neuen Gesetze schnell eine Entscheidung getroffen. „Entweder mache ich es oder wir gehen das Risiko ein, das ihr eine Operation vorenthalten wird. Das ist für mich nicht akzeptabel“, sagt er. „Deshalb ist es für mich kein Opfer. Es ist einfach richtig.“ (jda)