Auch ihre Zwillingsschwester kämpft gegen heimtückische Krankheit MS
Trotz Multipler Sklerose: Für ihren Olympia-Traum gibt Läuferin Lina (26) niemals auf!

Ihr größter Gegner sind nicht die Konkurrentinnen oder die Hürden auf der Tartanbahn. Lina Nielsen ist 26, ambitionierte Leichtathletin über die 400 Meter Hürden – und leidet an Multipler Sklerose (MS). Von der unheilbaren Krankheit will sie sich ihren großen Traum nicht rauben lassen.
Massiver Schub kurz vor dem wichtigsten Lauf
Kurz vor dem größten Rennen ihrer Karriere schlägt die Krankheit mit voller Wucht zurück. Erst auf der linken Seite ihres Körpers. Arm und Bein werden taub. Die Symptome werden stärker. Auch die rechte Seite fühlt sich nun nicht gut an. Lina Nielsen ist überwältigt. Sie weint den ganzen Tag. Es ist Juli 2022, die Leichtathletik-WM in Eugene ist in vollem Gange und ihr Körper rebelliert.
Die 26-Jährige geht dennoch an den Start. Sie scheidet als Letzte im Vorlauf aus. „Es war wahrscheinlich einer der härtesten Tage meiner Karriere, vielleicht sogar im Leben“, wird sie später im BBC-Interview sagen.
Die Platzierung ist erst mal egal. Es überwiegt der Stolz, gekämpft und am Lauf teilgenommen zu haben. Und trotzdem hat sich etwas verändert. Für Nielsen ist der Punkt gekommen, öffentlich über ihre Erkrankung zu sprechen. Nach Jahren des Schweigens.
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"Ich will meine Geschichte erzählen“
Lina Nielsen ist an Multipler Sklerose erkrankt. Eine heimtückische Krankheit. Eine, die nicht heilbar ist. Behandelbar ja, aber immer wieder flammen Symptome auf. Vor allem das zentrale Nervensystem, bestehend Gehirn und Rückenmark ist betroffen.
Die Diagnose erhielt Nielsen im Alter von 17 Jahren, vier Jahre lang hatte sie da nach eigener Aussage schon erste Symptome verspürt. Dann also die Gewissheit. Es ist ein Schock. Tränen, Panik-Attacken. Die Athletin ist bestürzt.
MS tritt bei ihr schubförmig auf. Das heißt: Die Symptome können längere Zeit kaum oder mild sein und dann plötzlich sehr stark auftreten. Ärzte rieten ihr zunächst davon ab, Sport zu machen. Nielsen aber fand Zuflucht im Sport. Training und Wettkämpfe geben ihr Halt. Trotz der Erkrankung wird sie Profi-Athletin. Erst über die 800 Meter, später wechselt sie zu den 400 Meter Hürden. Sie nahm an den Jugendeuropameisterschaften teil, an britischen Meisterschaften. Kaum einer ahnte, dass Nielsen gegen diese fiese Krankheit kämpft.
Sie wollte nie als „die Athletin mit MS“ bekannt werden, erzählte sie nach ihrem MS-Schock bei der WM dem „Telegraph“. „Aber ich denke, es ist etwas was Menschen hoffentlich inspiriert. Jetzt ist die richtige Zeit. Ich will meine Geschichte erzählen.“
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Multiple Sklerose: Auch Zwillingsschwester Laviai betroffen

Auch ihre Zwillingsschwester Laviai ist eine erfolgreiche Sprinterin, britische Meisterin über die 400 Meter. Auch sie bekam die MS-Diagnose.
Umso mehr sind die beiden in ihrem Kampf und dem steinigen Karriereweg verbunden. Die beiden Zwillinge unterstützen sich auf und neben der Strecke.
„Wenn man sie auf der Strecke laufen sieht, mich umarmen und wir beide dann weinen, dann ist es, weil wir die zwei einzigen Menschen sind, die wirklich verstehen, was es bedeutet, überhaupt an diesen Punkt gekommen zu sein“, erklärte Lina die enge Verbindung bei der BBC.
Ihre Schwester sei “so eine große Unterstützung“ gewesen, sagte Lina weiter. „Als ich nicht meine eigenen Haare kämmen konnte, hat sie das getan.“
Lina kämpft weiter. Ihr großes Ziel: bei den kommenden Weltmeisterschaften 2023 in Budapest und Olympia 2024 in Paris angreifen! Mit ihrer Form der Erkrankung könne man für eine lange Zeit gesund und fit sein, sagte sie. „Ich kann immer noch auf einem guten Level performen und die Finals bei der WM und Olympia als Ziel ausgeben.“ (msc)