Urteil nach Mord in Obernkirchen
Schreibwarenhändlerin (75) stranguliert, erstochen, missbraucht: Täter muss lebenslang hinter Gitter
Ende Juni 2022 macht ein Mann eine schreckliche Entdeckung: Seine Mutter war nicht zur gemeinsamen Verabredung erschienen, also sieht er in ihrem Schreibwarenladen in Obernkirchen (Niedersachsen) nach ihr. Auf dem Boden liegend findet er die 75-Jährige. Sie ist nackt, ihre Kleidung fehlt. Nur wenig später nimmt die Polizei einen damals 45 Jahre alten Mann fest, der den Mord zunächst auch gesteht. Während des Mordprozesses gegen ihn zieht er dieses Geständnis jedoch wieder zurück, benennt einen anderen Schuldigen. Am Donnerstag (19.1.) hat das Landgericht Bückeburg nun das Urteil gegen den Angeklagten gefällt.
Heimtückischer Mord, schwere räuberische Erpressung, schwere Brandstiftung
Lebenslange Haft – so lautet das Urteil gegen den heute 46-jährigen Angeklagten aufgrund gleich mehrerer Delikte. So sieht es das Gericht als erwiesen, dass der Mann heimtückisch zur Befriedigung seines Geschlechtstriebs gemordet, sein Opfer zuvor schwer räuberisch erpresst und im Anschluss daran schwere Brandstiftung begangen hat. Mit diesem Urteil kommt das Gericht teilweise den Forderungen der Staatsanwaltschaft nach – eine besondere Schwere der Schuld stellten die Richter entgegen des Antrags der Staatsanwaltschaft jedoch nicht fest.
Die Verteidigung des Angeklagten hatte auf eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren wegen schweren Raubes und Brandstiftung plädiert. Der 46-Jährige hatte den Mord zwar zunächst gestanden, bei Prozessbeginn jedoch behauptet, ein Drogendealer aus Bielefeld habe die 75-Jährige getötet. Für den vorsitzenden Richter war diese Version jedoch „die berühmte Räuberpistole“ und „völliger Quatsch“.
Geplanter Mord - zur Befriedigung seines Fetisches
Dem Mord ging laut Gericht eine Phase der planvollen Vorbereitung voraus: Der Angeklagte war zu dieser Zeit arbeitslos, hatte viel Zeit und entwickelte sexuelle Macht- und Gewaltfantasien sowie den Fetisch, Sex mit einer toten Frau zu haben. Im Internet soll er diese Neigungen vertieft haben und wollte seine Vorstellungen schließlich selbst in die Tat umsetzen. Dafür wählte er gezielt sein 75-jähriges Opfer aus, die beiden kannten sich.
Unter einem Vorwand soll der Mann dann im Juni 2022 das Schreibwarengeschäft seines Opfers betreten haben: Er suche Bastelpapier für seine beiden Kinder, soll er behauptet haben. Die arglose Geschäftsfrau ahnt laut des vorsitzenden Richters nicht, dass der Mann, der tatsächlich zweifacher Vater ist, ein Klappmesser und einen Dolch bei sich trägt und dreht ihm den Rücken zu. Sie will ihm bei seiner Suche helfen. Von hinten sticht der Täter nach Schilderung des Gerichts seinem Opfer daraufhin mit dem Klappmesser in die Hüfte, zwingt sie die Ladentür zu verschließen, hält ihr den Mund zu und bringt sie in einen nicht einsehbaren, abgeschirmten Bereich des Geschäfts, wo er sie auffordert, sich vollständig auszuziehen. Auch Geld stiehlt er aus ihrer Kasse – rund 345 Euro.
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Täter geht nach Mord einkaufen
Der vorsitzende Richter ist davon überzeugt, dass der Täter sein Opfer dann mit ihrer eigenen Strumpfhose erdrosselt, ihr mit dem Dolch zwei Mal in die Brust sticht und ihren leblosen Körper missbraucht. Anschließend soll er ruhig den Tatort verlassen, die Kleidung der Frau als Trophäe mitgenommen haben und einkaufen gegangen sein. Erst am Abend überkommen ihn laut Gericht Schuldgefühle, woraufhin er seine Wohnung in Brand steckt, um Suizid zu begehen. Der Mann rennt jedoch rechtzeitig aus dem brennenden Gebäude und rettet sein Leben. Die Polizei kommt dem Angeklagten auf die Schliche und verhaftet ihn. Ein anfänglicher Verdacht, der Kalletal-Mörder könnte hinter der Tat stecken, können die Beamten rasch verwerfen.
Urteil noch nicht rechtskräftig
Die beiden Söhne der Getöteten erscheinen zur Urteilsverkündung nicht vor Gericht. Der Angeklagte selbst verzichtet darauf, noch etwas Abschließendes zu der Tat zu sagen, bevor ihm seine Strafe verkündet wird. Sollte sein Urteil für rechtskräftig erklärt werden, wird seine Haftstrafe erst frühestens nach 15 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden können. (dpa/xas)