Neue Studie

Moderne Väter sehen sich nicht mehr als Familienernährer - trotzdem noch Gender Care Gap

Moderne Väter haben ein ganz anderes Bild von sich selbst
Moderne Väter haben ein ganz anderes Bild von sich selbst.
Nicolas Hansen

Lange Zeit sah es in vielen Familien so aus: ein Mann, der hauptsächlich dafür sorgt, Geld nach Hause zu bringen und den Großteil der Erziehung der Frau überlässt. Spielen mit den Kindern? Vielleicht am Wochenende. Und die Hausarbeit wird delegiert… Dieses Klischee war auch im Selbstbild vieler Männer verankert. Das scheint sich nun zu ändern. Laut einer Studie wollen Väter nun selbst mehr Kontakt zu ihren Kindern pflegen und Zeit mit ihnen verbringen. Dabei sehen sie die finanzielle Sicherheit nicht mehr allein als ihre Aufgabe an.

Nur rund zwölf Prozent der Väter sehen sich als Hauptverdiener

Drei Generationen: Männer wollen heute anders sein als ihre Väter
Drei Generationen: Männer wollen heute anders sein als ihre Väter.
iStockphoto

Viele Väter in Deutschland haben sich einer Studie zufolge vom Selbstbild des Familienernährers gelöst. Nur rund zwölf Prozent halten es für ihre wichtigste Aufgabe, der Familie finanzielle Sicherheit zu bieten, wie Wissenschaftler der Technischen Universität Braunschweig und der Fachhochschule Kiel gemeinsam mitteilten. Das Bild vom Papa, der mit seinem Job die Familie ernähre und mit den Kindern höchstens am Wochenende spiele, sei passé, erklärten die Forscher.

Auch Pflegeväter und homosexuelle Väterpaare wurden befragt

Moderne Väter: Wer sich richtig engagiert, hat ein Vereinbarkeitsproblem - Symbolbild
Moderne Väter: Wer sich richtig engagiert, hat ein Vereinbarkeitsproblem.

Für die Studie erhielt das Team 2200 verwertbare Ergebnisse einer bundesweiten Online-Umfrage und führte selbst 55 qualitative Interviews. Da der Studienschwerpunkt auf dem Selbstbild von Vätern lag, schauten sich die Forscherinnen und Forscher auch sieben Instagram-Accounts von Väterbloggern genauer an. Sie berücksichtigten nach eigenen Angaben nicht nur rechtliche und biologische Väter, sondern auch Pflegeväter oder etwa homosexuelle Väter-Paare.

Die Forscher sehen eine Entwicklung: Die Vater-Rolle sei stärker in den gesellschaftlichen Fokus gerückt. Viele Männer wünschten sich eine aktivere Vaterschaft, wollen sich in ihrem Freundeskreis, in Vereinen oder bei der Versorgung der Eltern einbringen und ihren Kindern auf diese Weise soziale Werte vorleben, erläutert Kim Bräuer, Soziologin an der TU Braunschweig. Der eigene Vater taugte dabei den wenigsten Befragten als Vorbild, ganz im Gegenteil: Die modernen Männer wollen bewusst anders sein. Die Kritikpunkte vieler Studienteilnehmer an ihren eigenen Papas: zu bestimmend, abwesend und zu sehr mit der Arbeit beschäftigt, berichtet Kai Marquardsen von der Fachhochschule Kiel.

Aber ganz ausgeglichen sind die Verhältnisse trotz eines modernen Selbstbildes der Väter in der Realität noch nicht. Das Gutachten für den Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung ermittelte 2019, dass Frauen täglich im Schnitt 52,4 Prozent mehr für unbezahlte Care-Arbeit aufwenden als Männer – also 87 Minuten Unterschied. Männer leisten täglich zwei Stunden und 46 Minuten unbezahlte Sorgearbeit, Frauen vier Stunden und 13 Minuten. Hier ist noch Luft nach oben bei der Geschlechtergerechtigkeit, vor allem weil die Reduzierung von bezahlter Arbeitszeit zugunsten von Care-Arbeit dauerhaft finanzielle Nachteile hat.

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Viele Väter haben Zweifel: Vereinbarkeitsproblematik trifft nun auch die Männer

Ein weiteres Ergebnis der Studie sei, dass viele Väter ihren eigenen Vorstellungen guter Vaterschaft nicht gerecht werden. Job, Kita, Pflege, Verein: Wenn Väter überall glänzen wollen, stoßen sie schnell an Grenzen. „Hier zeigen sich Parallelen zur Mutter als Allrounderin, die im Job erfolgreich sein muss und gleichzeitig liebevoll die Kinder und ihre Verwandten umsorgt“, sagt Kim Bräuer von der TU Braunschweig und ergänzt: „Das Vereinbarkeitsproblem ist ein enormes Thema“. Wie die Studie zeigt, nun auch für alle Geschlechter.

Was da helfen könnte? Für die Autorinnen und Autoren der Studie eine klare Sache: Ein neues Vaterbild ist schon da. Nun geht es darum, die Väter stärker in alltägliche Aufgaben einzubinden. Es wäre denkbar, Väter aktiv als Elternsprecher anzufragen, Väterschwimmkurse anzubieten oder sie aktiv zum Beispiel in Elternchats anzusprechen, schlägt Soziologin Bräuer vor. Auch familienpolitische Reformen zum Beispiel beim Elterngeld wären aus ihrer Sicht ein probates Mittel.

(dpa/kko/mzi)