„Sozial nicht gerecht!"

Deutschlands oberster Sozialrichter fordert Abschaffung von Minijobs und Ehegattensplitting

Was ist gerecht?
Minijob und Ehegattensplitting zumindest nicht, findet Rainer Schlegel, noch Präsident des Bundessozialgerichts. Warum er Reformen für dringend notwendig hält und was Betroffene zu seinen Forderungen sagen.
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Minijob als Existenzfalle

Worum geht es? Der Präsident des Bundessozialgerichts, Rainer Schlegel, fordert das Aus für geringfügige Beschäftigungen, die sogenannten Minijobs, in Deutschland.

„Viele Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik stammen aus Zeiten, als wir hohe Arbeitslosigkeit hatten. Auch die geringfügige Beschäftigung, die sogenannten Minijobs, sind ein Anachronismus", sagte Schlegel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Seine Forderung: „Man sollte sie abschaffen oder nur noch für Schüler und Studenten zulassen. Eine solche Reform würde die Sozialkassen entlasten und dem Arbeitsmarkt guttun."

Und Schlegel ist nicht der einzige Experte, der die Minijobs kritisch sieht. „Minijobs sind eine echte Existenzfalle. Und sie bieten eben diesen unzureichenden Schutz vor Arbeitslosigkeit. Das Recht auf Entgeltvorzahlung im Krankheitsfall und Urlaub wird oft nicht gewährt. Und sie werden für viele zur Teilzeitfalle. Insbesondere für Frauen, für die ist es auch eine echte Armutsfalle“, sagt Michaela Engelmeier, Vorständin im Sozialverband Deutschland, im Gespräch mit RTL. Außerdem reichen Minijobs weder in der Erwerbsphase noch im Alter zum Leben aus, fügt Engelmeier hinzu.

Das sieht auch Sozialrichter Schlegel so: „Wenn Menschen ein Leben lang geringfügig beschäftigt sind, erhalten sie keine auskömmliche Rente."

Allerdings: Betroffene wie Nadine Lugner haben zusätzlich zu ihrem Vollzeitjob einen Nebenjob, mit dem sie ihr Einkommen etwas aufstocken. Was die Deutschen von dem Vorstoß halten, zeigen wir im Video.

Umwandlung von Ehegattensplitting Familiensplitting

Rainer Schlegel kritisiert allerdings auch weitere politische Maßnahmen als verfehlt: Etwa die beitragsfreie Mitversicherung der Ehepartner in der Krankenkasse.

„Selbst wer minimale Beiträge zahlt, erhält das komplette Leistungsspektrum, das die moderne Medizin bietet. Was das kostet, erfahren gesetzlich Versicherte nicht einmal. Dieser umfassende Schutz im Falle von Krankheit gilt in unserem Sozialstaat als Selbstverständlichkeit“, moniert der Präsident des Bundessozialgerichts.

Und auch das Ehegattensplittings sollte in ein Familiensplitting umgewandelt werden. „Damit würde geringfügige Beschäftigung weniger attraktiv“, so Schlegel.

Lese-Tipp: Ehegattensplitting abschaffen? Wem das etwas bringt

Sein Fazit: „Die Politik sollte die veränderten Realitäten in der Arbeitswelt endlich zur Kenntnis nehmen und daraus die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.“ (aze)