Foodwatch findet krebsverdächtige Mineralöl-Rückstände
Nestlé äußert sich zum geforderten Verkaufsstopp von Säuglingsmilch

Laboranalysen von Foodwatch, die am Donnerstag veröffentlicht wurden, sollen krebsverdächtige Mineralöl-Rückstände in Säuglingsmilch von Nestlé und Novalac belegen. Verbraucherschützer fordern den sofortigen Rückruf und Verkaufsstopp. Jetzt hat Nestlé reagiert.
Säuglingsmilch-Produkte von Nestlé und Novalac betroffen
Folgende Produkte sind laut Foodwatch in Deutschland und Österreich betroffen:
Die Nestlé-Produkte:
„Beba Optipro Pre, 800 g, von Geburt an“,
„Beba Optipro 1, 800 g, von Geburt an“
sowie die in Apotheken in Deutschland erhältliche:
„Novalac Säuglingsmilchnahrung Pre, 400g“.
Foodwatch fordert Verkaufsstopp und Rückruf von Nestlé und Novalac
Foodwatch forderte Nestlé und Novalac auf, die belasteten Produkte sofort zurückzurufen und die Eltern vor dem Gebrauch der Produkte zu warnen. Zudem forderte Foodwatch Handelsketten und Apotheken auf, den Verkauf der Produkte zu stoppen. In einem Online-Appell können Verbraucherinnen und Verbraucher die Forderung von Foodwatch unterstützen.
„Jeder weitere Tag, an dem Hersteller wie Nestlé ihre mit krebsverdächtigen Mineralölen verunreinigte Babymilch in den Verkaufsregalen stehen lassen, erhöht das Risiko für Neugeborene – das ist vollkommen unverantwortlich. Die Produkte müssen sofort und überall aus dem Verkauf genommen werden,“ erklärte Martin Rücker, Geschäftsführer von Foodwatch-Deutschland in einem Statement.
Jetzt äußert sich Nestlé: Babys können weiterhin sicher mit Säuglingsnahrung gefüttert werden
Den Bericht von Foodwatch nehme man laut Alexander Antonoff, Pressesprecher bei Nestlé, "sehr ernst" und wolle "mit Foodwatch in Kontakt treten, um den Bericht besser nachvollziehen zu können". Dem Säuglingsnahrungs-Hersteller sei bewusst, dass der Bericht bei vielen Eltern Besorgnis erregt hätte.
"Wir möchten allen Müttern und Vätern versichern, dass die Babys weiterhin sicher mit unserer Säuglingsnahrung gefüttert werden können. "Beba Optipro Pre" und "Beba Optipro 1" erfüllen alle lebensmittelrechtlichen Vorschriften in Deutschland und der EU", so Antonoff gegenüber RTL.
Besorgte Eltern können sich bei Fragen direkt mit dem Säuglingsmilch-Hersteller in Kontakt setzen: +49 (0)800 23 44 944.
Mineralöl-Bestandteile durch Weißblechdosen in die Babymilch gelangt
Nach Einschätzung von Foodwatch könnten die nachgewiesenen Mineralöl-Bestandteile von den als Verpackung verwendeten Weißblechdosen auf die Produkte übergegangen sein. Bei deren Produktion werden sogenannte Walz- und Schneidöle verwendet.
Bis die Hersteller belegen können, dass die Produkte unbelastet sind, rät Foodwatch den Eltern, ihren Kindern vorsorglich keine Babymilch aus Weißblechdosen mehr zu geben.
Darum sind Mineralöle so gefährlich
Mineralöle gehören zu den größten Verunreinigungen im menschlichen Körper. Die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) beschreibt besonders die „aromatischen Mineralöle“ (MOAH) als potenziell krebserregend und erbgutschädigend.
Deshalb sollten solche Rückstände selbst in kleinsten Mengen nicht in Lebensmitteln enthalten sein.
Keine gesetzlichen Grenzwerte für Mineralöle in Lebensmitteln
Neben Maschinen bei Ernte und Verarbeitung ist auch oft die Verpackung der Grund für die Mineralöl-Verunreinigung in Lebensmitteln. So enthalten zum Beispiel Verpackungen aus Altpapier oft Mineralöle aus Druckfarben, die auf Lebensmittel übergehen können. Bereits 2015 hatte Foodwatch in einem internationalen Labortest 120 Lebensmittel wie Nudeln, Reis oder Cornflakes untersuchen lassen – 43 Prozent der Produkte enthielten aromatische Mineralöle.
Obwohl die Gefahr von Mineralöl-Verunreinigung in Lebensmitteln seither bekannt ist, gibt es bisher keine gesetzlichen Grenzwerte. Deshalb fordert Foodwatch sichere Grenzwerte für Mineralöle in Lebensmitteln. Bei den besonders kritischen aromatischen Mineralölen (MOAH) müsse eine Null-Toleranz gelten.
Bundesernährungsministerin Julia Klöckner bezieht Stellung:
Nach den massiven Enthüllungen äußert sich auch die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner:
„Es geht hier um die Gesundheit von Kindern und Babys, die besonders schutzbedürftig sind. Ich verlange hier Transparenz. Wenn sich herausstellt, dass Baby- oder Säuglingsmilch der Gesundheit unserer Kleinsten schaden könnte, darf sie nicht im Supermarkt landen. Unsere Lebensmittel müssen sicher sein. Darauf müssen sich unsere Verbraucher verlassen können – das ist die gesetzliche Grundlage.“
Sie stellt klar, dass die vorliegenden Daten sorgfältig analysiert werden müssten. Dann solle nicht nur eine bundesweite, sondern eine europäische Lösung angestrebt werden. Aktuell werde ein nationaler Verordnungsentwurf finalisiert, damit Mineralölrückstände nicht über Lebensmittelverpackungen aus Altpapier in Lebensmittel übergehen können, so Klöckner.