Betroffene fühlen sich von den Behörden im Stich gelassen
Leipzig: DJ soll heimlich Nacktfotos von Frauen auf Porno-Plattform xHamster hochgeladen haben
Nachtbilder ohne Zustimmung der Frauen auf Pornoportal
Sonja (Name geändert) bekam im November 2020 einen Anruf von einem Bekannten. Er hatte Nacktfotos von ihr auf der Pornoseite xHamster entdeckt. Doch die Frau ist nicht die einzige: Auf dem Porno-Profil sind noch Hunderte weitere Bilder von anderen Frauen und sogar von offenbar Minderjährigen zu sehen. Das berichten Sonja und weitere Betroffene auf der Internetseite „ourbodiesnotyours.com“. Sie erzählen, dass ein Mann, ein DJ aus Leipzig, ihre Bilder ohne ihre Zustimmung auf der Plattform hochgeladen haben soll. Weil die Frauen sich von der Polizei im Stich gelassen fühlen, haben sie den Fall nun öffentlich gemacht.
Über 50 Frauen aus der Leipziger Drum and Bass Szene finden Bilder von sich
Sonja entdeckte nicht nur Fotos von sich, sondern auch von Freundinnen und Bekannten. Sie informierte die anderen Frauen und die informierten wiederum ihre Freundinnen, die sie auf den Bildern erkannten. Inzwischen haben sich über 50 Betroffene zusammengefunden, die gemeinsam dagegen vorgehen wollen, dass jemand intimste Bilder von ihnen im Internet veröffentlicht hat. Der Täter habe die Frauen teils schlafend fotografiert, Aufnahmen von ihren nackten Brüsten, Pos und Intimbereichen gemacht.
„Ich zitterte am ganzen Körper. Ich hatte tagelang Schlafstörungen. Ich hatte wochenlang Angst. Ich war 14 Tage arbeitsunfähig. Ich musste immer wieder weinen“, beschreibt eine der Frauen auf der Internetseite, wie sie sich fühlte, als sie ihre Fotos bei xHamster entdeckte. „Erst jetzt weiß ich, in welchem Maß Ekel empfindbar sein kann“, schreibt eine andere. Viele der Betroffenen berichten, dass sie bis heute unter Angstattacken, Wut und Schamgefühlen leiden.
DJ aus dem Bekanntenkreis soll die Bilder hochgeladen und ekelhaft kommentiert haben
Die Frauen tauschten sich in einer Whatsapp-Gruppe aus und kamen schnell darauf, dass sie alle in der Leipziger Drum and Bass Szene unterwegs waren. Und sie hatten alle einen gemeinsamen Bekannten. „Ein nice guy, ein Mensch, der sozial vernetzt ist, ein Mensch, der sich unter anderem auch in Club-Strukturen bewegt. Ein Mensch, dem wir so etwas niemals zugetraut hätten“, beschreibt ihn eine der Betroffenen.
Der Mann soll DJ sein und nicht nur heimliche Intimaufnahmen seiner Sexualpartnerinnen hochgeladen haben. Er soll sich auch an den Social-Media-Accounts mehrerer Frauen bedient haben, um eigentlich harmlose Bilder auf seiner xHamster-Seite hochzuladen. Dazu soll er frauenfeindlich, beleidigende Kommentare geschrieben haben. Teilweise wurden auch Namen, Altersangaben, Berufe und Adressen der abgebildeten Frauen veröffentlicht. Der Mann soll die Bilder teils über Jahre gesammelt haben.
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Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verbreitung pornografischer Schriften
Die Staatsanwaltschaft Leipzig bestätigte der Nachrichtenagentur dpa inzwischen, dass sie gegen einen 36-Jährigen wegen der Verbreitung pornografischer Schriften ermittelt. Vor gut einem Jahr seien die Wohnräume des Mannes durchsucht und mehrere Datenträger sichergestellt worden, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Donnerstag mitteilte. Zu weiteren Details machte er keine Angaben. Die Ermittlungen dauern an.
Für viele der Betroffenen ist genau das so schwer auszuhalten. Sie fühlen sich von der Polizei im Stich gelassen. Vor über einem Jahr hätten fast alle der über 50 Betroffenen bei der Polizei Anzeige erstattet. „Eine von uns wurde zu einer Zeug*innenaussage vorgeladen. EINE“, ist auf der Homepage zu lesen. Alle anderen warten offenbar noch immer darauf, überhaupt angehört zu werden.
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Frauen starten Petition, damit Bilder nicht mehr so einfach auf Pornoseiten landen
Die Frauen machen sich außerdem keine großen Hoffnungen, dass der Mann, der sie so übel bloßstellte, ernsthafte Konsequenzen zu befürchten hat. „Aktuell vermuten wir, dass es höchstens auf eine Verurteilung aufgrund von Beleidigung hinauslaufen wird, denn die Kommentare und Beschreibungen unter unseren Fotos nahmen eindeutig Ausmaße extremer Qualität an“, erklären die Frauen.
Sie haben darum auch noch eine Petition gestartet, die Nachbesserungen im Strafrecht, strengere Regeln für Pornoplattformen und mehr Unterstützung für die Betroffenen seitens der Behörden fordert. „Ein Großteil unserer Gesellschaft hat verstanden, dass eine Frau, die einen kurzen Rock trägt, damit niemandem das Recht gibt sie anzufassen oder gar zu vergewaltigen“, steht in der Petition. „Jetzt müssen wir akzeptieren, dass eine Person mit einem privat aufgenommenen Foto oder Video, niemandem das Recht gibt dieses zu verbreiten. Die Polizei, Strafverfolgung und Porno-Plattformen müssen die Täter endlich verfolgen und verurteilen!“ (jgr)