"Worst Case" ist eigetreten
Leichtathletik-WM: Weber patzt, deutsches Team fährt ohne Medaille nach Hause

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Julian Weber schlug die Hände vor das Gesicht, pustete enttäuscht durch und legte sich erst einmal hin. Der "Worst Case" ist tatsächlich eingetreten, auch Weber konnte es nicht fassen: Der Europameister hat die letzte Medaillenchance für das deutsche Team bei der Leichtathletik-WM vergeben. Im Speerwurf lieferte der Mainzer nur 85,79 m ab und wurde am Ende schon wieder nur Vierter.
Julian Weber ist Deutschlands letzte Medaillenhoffnung
"Ich hätte sehr gern die Medaille geholt, ich weiß, dass ich es drauf hatte. Das tut mir mega leid, ich hätte es sehr gern gemacht", sagte Weber am ZDF-Mikrofon und ergänzte: "Ich weiß gar nicht genau, was heute los war. Ich habe alles reingelegt, alles gegeben. Der Speer wollte einfach nicht weiterfliegen."
Damit wurde am letzten Tag der Titelkämpfe tatsächlich das Horror-Szenario schlechthin für den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) bittere Realität: Erstmals in der Geschichte holte das deutsche Team nicht eine einzige Medaille. Ein "Worst Case", sagte DLV-Präsident Jürgen Kessing: "Wir hätten uns diese WM natürlich anders gewünscht."
Weber und Co. gaben in Budapest alles, doch mit der Weltklasse konnten sie nicht mithalten. Elf Monate vor den Olympischen Spielen gehen sie damit geschlagen und geknickt in die Vorbereitung auf Paris. "Wir sind nicht hergekommen, um mit leeren Händen wieder nach Hause zu fahren", sagte Kessing.
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Es geht um die Ehrenrettung
Doch genau das muss nun auch Weber wie all die anderen Kollegen tun. Der Sportsoldat, der mit seinen 88,72 m als Nummer zwei der Welt nach Budapest gereist war, hatte schon eine wacklige Qualifikation hingelegt - im Finale fehlte ihm dann wieder die nötige Power. Womöglich hemmte den 28-Jährigen auch der enorme Erwartungsdruck.
Lange hatte Weber auf Bronze-Kurs gelegen, doch dann zog der Tscheche Jakub Vadlejch (86,67) im fünften Versuch vorbei, der Deutsche konnte nicht mehr kontern. WM-Gold ging an Olympiasieger Neeraj Chopra (88,17/Indien), Silber sicherte sich Arshad Nadeem (87,82/Pakistan).
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So wurde Weber wieder Vierter. Schon wieder. Keine Medaille, nur Blech. Wie schon bei Olympia in Tokio und der WM in Eugene im Vorjahr.
Dabei war Weber voller Selbstvertrauen vor den Titelkämpfen. "Ich bin derzeit so gut wie nie und will in Budapest eine Medaille", hatte er gesagt. Doch dann konnte Weber im Finale nicht zeigen, was er kann - wirkte verkrampft, kam nicht in Fahrt. Am Ende fehlten ihm dann auch die Kräfte, um den "Worst Case" noch zu verhindern.
Eine ordentliche Leistung zeigten zum Abschluss der Titelkämpfe Hochspringerin Christina Honsel und Hindernisläuferin Olivia Gürth. Honsel belegte mit überquerten 1,94 m den guten achten Platz. U23-Europameisterin Gürth kam im Finale über 3000 m Hindernis mit einer erneuten persönlichen Bestleistung von 9:20,08 Minuten ins Ziel und schaffte damit auch die Norm für die Olympischen Spiele 2024 in Paris. (ckosid)