Konsequenzen der Corona-Lockerungen am 20. März
Lauterbach und Wieler über aktuelle Corona-Lage: "Lage ist viel schlechter als die Stimmung"
Der Frühling kommt, Corona geht? Leider nein. Seit gut einer Woche steigt die Zahl der Neuinfektionen in Deutschland wieder an. Experten gehen davon aus, dass dafür vor allem die Ausbreitung der wohl noch leichter übertragbaren Omikron-Untervariante BA.2 verantwortlich ist, in Kombination mit der Lockerung vieler Schutzmaßnahmen. Am 20. März sollen fast alle Einschränkungen fallen, bundesweit soll nur noch ein Basisschutz greifen. Werden die Zahlen dann noch stärker steigen? Stehen wir am Beginn einer sechsten Corona-Welle? Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und RKI-Präsident Lothar Wieler erläutern die aktuelle Lage in einer Pressekonferenz.
Lese-Tipp: Alle Infos rund um das Corona-Virus und seine Auswirkungen finden Sie jederzeit in unserem Liveticker
Lauterbach: Lage ist nicht "zufriedenstellend"
„Die Gesamtlage kann uns nicht zufrieden stellen. Wir sind in einer Situation, die ich als kritisch bezeichnen möchte. Die Pandemie mit der Omikron-Variante hat sich verschoben. Das ist nicht nur ein Problem für die Steigung der Inzidenz, sondern auch der Krankenhausbelastung und der Todesopfer“, erklärt Karl Lauterbach. Und weiter: „Ich lese immer wieder: ‘Omikron sei eine milde Variante’ – das stimmt nur begrenzt.“ Der Gesundheitsminister beruft sich darauf, dass die Sterbezahl weiter steigen kann und perspektivisch auch noch weiter steigen wird. „Wir können nicht mit einer Lage zufrieden sein, in der 200 bis 250 Menschen jeden Tag sterben. Die Perspektive ist, dass in den kommenden Wochen mehr Menschen sterben werden. Es ist eine unhaltbare Situation. Die Lage ist viel schlechter als die Stimmung“, so Lauterbach.
Der SPD-Politiker appelliert an die Bundesländer, sich auf das neue Infektionsschutzgesetz vorzubereiten. Sie sollen sich nicht mit der „Kritik am Gesetz aufhalten“, sondern lieber mit der „Nutzung des Gesetzes“ beschäftigen. „Mit der Entwicklung der Fallzahlen erwarte ich zahlreiche Hotspots in den Bundesländern“, erklärt Lauterbach. Deshalb verdeutlicht er auch noch einmal die Wichtigkeit einer allgemeinen Impfpflicht. „Die Omikron-Variante steigt stark und zeigt, dass wir ohne allgemeine Impfpflicht die Pandemie nicht in den Griff bekommen werden“, so der Gesundheitsminister. Er erwartet eine ähnliche, „wenn nicht schlimmere“ Lage im Herbst, wenn die Impflicht nicht durchgesetzt wird. Das Argument „Omikron sei nicht gefährlich“, das viele anbringen, sei „wissenschaftlich falsch“.
Wieler verdeutlicht Infektionsdruck auf Bevölkerung
Auch RKI-Präsident Lothar Wieler pflichtet Lauterbach beim Appell zur Impfpflicht bei. „Nach wie vor erkranken viel zu viele an Covid, nach wie vor sterben viel zu viele an Covid und nach wie vor erleiden viel zu viele Long-Covid-Symptome“, verdeutlicht Wieler. Wie viele mit Long-Covid zu kämpfen haben, erklärt die Expertin Frau Dr. Jördis Frommhold im Anschluss.
Dr. Jördis Frommhold schockiert mit Long-Covid-Beispielen

„Long-Covid ist längst kein Einzelfall mehr. Es sind allein in Deutschland mehrere Hunderttausend sogar bis zu Millionen von diesem Krankheitsbild betroffen“, so Frommhold. Und das seien nicht „wie häufig angenommen“ die Alten, Kranken oder Menschen mit einer ungesunden Lebensweise, sondern auch die „jungen, sportlichen, dynamischen Menschen, die häufig noch ihr ganzes Leben vor sich haben“. Die Medizinerin habe es in der Reha-Klinik oft mit Patienten zu tun, die zunächst einen milden Krankheitsverlauf haben, doch im Abstand von ein bis drei Monaten Long-Covid-Symptome entwickeln. An einer Reihe von erschreckenden Beispielen macht sie deutlich, wen und wie hart Long-Covid zuschlagen kann.
„Ich erinnere mich an den 40-jährigen Triathlet, der einen leichten Verlauf hatte und jetzt ist schon ein langsamer Spaziergang von 20 Minuten eine Herausforderung, die für ihn nicht zu bewältigen ist. Die Infektion war im April 2020. Die 35-jährige Mutter mit zwei Kindern kann ihrem Erstklässler die Hausaufgaben vielleicht vorlesen, sie kann ihm aber nicht bei der Lösung helfen, weil sie den Inhalt nicht versteht. Der 25-jährige Student muss wieder anfangen, die Grundrechenarten zu lernen, weil er auch das vergessen hat. Die 42-jährige Krankenschwester überflutet ihre Küche, weil sie vergessen hat, dass sie zum Abspülen den Wasserhahn angemacht hat“, zählt Frommhold die Beispiele auf. Und weiter: „Das sind alles Menschen, die vorher so gut wie keine Vorerkrankungen hatten, die ein ganz normales Leben geführt haben und die durch Long-Covid massiv eingeschränkt sind.“ (lkr)
Spannende Dokus zu Corona gibt es auf RTL+
Das große Geschäft mit der Pandemie: Ausgerechnet in einer Zeit, in der jeder um seine Gesundheit bangt, finden Betrüger immer wieder neue Wege, illegal Geld zu machen. Egal, ob gefälschte Impfpässe, negative Tests oder Betrügereien in den Testzentren - die Abzocke lauert überall. Sogar hochrangige Politiker stehen in Verdacht, sich während der Corona-Zeit die eigenen Taschen vollgemacht zu haben. Unsere Reporter haben europaweit recherchiert – die ganze Doku auf RTL+