Kommentar: Lukaschenko ist als Partner im europäischen Haus nicht mehr tolerierbar
Belarus: Alexander Lukaschenko hat eine rote Linie überschritten
Alexander Lukaschenko ist dieses Mal zu weit gegangen und hat seine Karte überreizt. Er ist als Partner im europäischen Haus nicht mehr akzeptierbar. Es ist ein absolut beispielloser Vorgang. Belarussische Geheimdienstagenten mischen sich unter die Passagiere eines Linienfluges von Griechenland nach Litauen und zwingen die Besatzung des Flugzeuges unter Vortäuschung falscher Tatsachen die Flugroute zu ändern, um in Minsk notzulanden.
Zivile Piloten mit Kampfjet eingeschüchtert

Angeblich sei eine Bombe an Bord des Flugzeuges gewesen. Um die Crew von Ryanair einzuschüchtern, lässt die Luftwaffe von Belarus zusätzlich einen Kampfjet aufsteigen, kurz bevor der Flieger den Luftraum des Landes verlassen hätte, um die Notlandung auch wirklich zu erzwingen. Bei all dem sind die vier Geheimdienstagenten mit der Crew wenig zimperlich vorgegangen.
Ihr Befehl war es offensichtlich, den oppositionellen Journalisten Roman Protasewitsch nach Hause zu bringen. Dem 26jährigen wird durch das Lukaschenko-Regime die Anstiftung zu Massenunruhen vorgeworfen. Der KGB konnte schließlich Vollzug melden. Protasewitsch wurde auf dem Flughafen festgenommen ebenso wie eine russische Studentin. Alle anderen Passagiere durften wenig später nach Litauen weiterfliegen.
Dieses Mal hat der Diktator seine Karten überreizt

Machthaber Alexander Lukaschenko, der seit fast 27 Jahren mit harter Hand Belarus regiert, hat seine Karten dieses Mal überreizt. Im Sommer und Herbst letzten Jahres gab es monatelange Proteste gegen die Fälschung der Präsidentenwahl, die ihn ein weiteres Mal im Amt bestätigt hatte. Damit hatte er nicht gerechnet und ließ schon damals seinen Geheimdienstapparat rigoros gegen die Demonstrierenden vorgehen.
Die ließen sich jedoch nicht einschüchtern und gingen weiter auf die Straße. Doch an Rücktritt dachte er zu keiner Sekunde. Aussitzen und mit harter Hand gegen die mutmaßlichen Wortführer der Protestbewegung vorgehen… - das schien zu funktionieren. Die Protestbewegung ist weiter präsent, doch hat an Stärke verloren. Die führenden Köpfe sind entweder im Exil oder sitzen in Haft.
Lukaschenko missachtet internationale Verträge und operiert mit Mitteln des staatlichen Terrorismus

Und der Westen? Er reagierte pflichtgemäß mit scharfer Kritik und auch Sanktionen gegen Einzelpersonen, aber Lukaschenko konnte dies nicht sonderlich beeindrucken, er ließ das alles abperlen. Doch jetzt er eine rote Linie überschritten. Ein Passagierflugzeug entführen und mit einem Kampfjet zur Notlandung zwingen, ist nicht tolerierbar. Unter keinen Umständen.
Litauen hat noch am Sonntag eine strafrechtliche Untersuchung eingeleitet und wirft Belarus den Verstoß gegen internationale Verträge und die Entführung eines Flugzeuges zu terroristischen Zwecken vor. Der polnische Präsident Morawiecki spricht von einem „Akt des Staatsterrorismus“.
Inzwischen haben sich auch die Europäische und die Nato zu Wort gemeldet. Noch im Verlaufe des Tages eine Entscheidung der EU-Staats- und Regierungschefs zum weiteren Vorgehen erwartet.
Ein Mann wie Alexander Lukaschenko, der internationale Verträge missachtet, gegen die Grundprinzipien der zivilen Luftfahrt verstößt und mit Mitteln des staatlichen Terrorismus gegen Oppositionelle vorgeht, ist als Partner im europäischen Haus nicht mehr akzeptierbar.