Zukunftsvisionen aus dem SOS-Kinderdorf Hamburg
Körperliche Gen-Veränderungen und Erziehungsroboter: Wie sieht die Kinder-Welt in 50 Jahren aus?

Wie sieht die Welt wohl in 48 Jahren aus? Welche Gesellschaftsformen, welche technischen Möglichkeiten und Chancen werden dann Realität für Kinder und Jugendliche sein? Zum 50. Jubiläum hat sich das SOS-Kinderdorf genau diese Fragen gestellt und passender weise fast 50 Jahre in die Zukunft geblickt – doch ein Zukunftsforscher hofft auf andere Entwicklungen.
Technische Innovation als treibende Kraft
Ob fahrende Klassenzimmer, künstliche Intelligenz, die die Stimmung von Kindern erkennt oder Implantate für das Gehirn und die Hornhaut, die in kritischen Situationen einen Filter über das Gesehene legen. Gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen für strategische Zukunftsfragen, Z_punkt, hat das SOS-Kinderdorf Hamburg sechs verschiedene Visionen für die "Kinderwelten 2070“ entwickelt. Klar im Fokus stehen dabei die Technik und die Möglichkeiten, die technische Innovationen mit sich bringen.
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Widerstandfähiger durch das Resilience Kid
Für diese Visionen gilt jedoch: Sie stellen keineswegs Wünsche oder realistische Zukunftsbilder dar. Stattdessen sollen sie provozieren und dazu anregen, aktuelle und mögliche zukünftige Entwicklungen aus neuen Perspektiven zu betrachten und zu hinterfragen.
Dazu zählt beispielsweise die Vorstellung, dass es 2070 ein sogenanntes ‘Resilience Kid’ geben könnte. Bei diesem geht es darum, Kinder bereits vor oder kurz nach der Geburt durch genetische oder technologische Anpassungen widerstandsfähig zu machen. Das bedeutet, dass sie durch das ‘Resilience Kid’ bestimmte Fähigkeiten ausprägen können, die ihnen erlauben, ein angenehmes Leben in einer vom Klimawandel gezeichneten Welt zu führen. Behandelte Kinder könnten dann unter Wasser atmen, Salzwasser trinken oder verschmutzte Luft filtern. Da dieser Eingriff jedoch sehr kostspielig wäre, könnten ihn sich nur wohlhabende Familien leisten. Die Ungleichheit zwischen Kindern würde weiter zunehmen.
Erziehungshilfe dank des Edu-Bots
Freuen würden sich Kinder und Eltern möglicherweise im ersten Moment über einen ‘Edu-Bot’. Dieser durch künstliche Intelligenz gesteuerte Bot wäre ein lebenslanger Begleiter, der Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder unterstützt und den Nachwuchs individuell fördert. Dank des ‘Edu-Bots’ hätten alle Kinder unabhängig von ihrer individuellen Ausgangssituation die gleiche Chance auf ein selbstbestimmtes Leben, gleichzeitig bestünde aber auch die Gefahr eines stetig steigenden Leistungsdrucks und der Entfremdung von den eigenen Eltern.
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Zukunftsforscher Reinhardt: "Technisch machbar"
Zukunftsforscher Ulrich Reinhardt hält im Gespräch mit RTL alle erstellten Zukunftsszenarien für „technisch wahrscheinlich machbar“. Für ihn stellt sich jedoch eher die entscheidende Frage: „Wollen wir das?“ So sprächen die Bedürfnisse, die die Menschen heute haben – die Wünsche nach mehr Gemeinschaft, Freundschaft, Familie und Nachbarschaft – eine andere Sprache.
Er selbst prognostiziert eine Zukunft, in der die Technik nicht im Fokus steht, sondern den Menschen ermöglicht, wieder mehr Zeit für die Dinge zu haben, die ihnen wirklich wichtig sind und die sie wirklich tun wollen.
Zukunftsvisionen sind sinnvoll
Auch wenn Zukunftsvisionen auf den ersten Blick wie wahnwitzige Spinnereien erscheinen mögen – die in der prognostizierten Form vielleicht niemals so eintreten werden – sind sie dennoch wichtig. „Prognosen sind etwas, woran sich Menschen orientieren können“, erklärt Ulrich Reinhardt. „Gerade in der heutigen Zeit leben wir in einer ängstlichen Gegenwart und haben eher Angst vor der Zukunft.“ Daher sei es immer gut, durch Zukunftsvisionen einen Ausblick zu ermöglichen.