Kannibale von Bodenfelde: Warum tötete er Nina und Tobias?

Der Kannibale von Bodenfelde: Er tötete Nina und Tobias und prahlte im Internet mit seinen Taten.
Der Kannibale von Bodenfelde: Er tötete Nina und Tobias und prahlte im Internet mit seinen Taten.

In seinem schriftlichen Geständnis, das vor dem Landgericht Göttingen verlesen wurde, schildert Jan O. auf 19 Seiten die grausame Tötung der Jugendlichen Nina und Tobias und die Schändung ihrer Leichen. Die Schilderungen der Taten treiben auch routinierten Justizbeamten den Schrecken ins Gesicht, geschockte Zuhörer verlassen den Schwurgerichtssaal. Jan O. selbst sagt auf die Frage des Vorsitzenden Richters, ob die Anklage wegen des zweifachen Mordes in Bodenfelde zutreffe, einfach: "Das stimmt so."

Beim Betreten des Landgerichts Göttingen hat der 26-Jährige erst sein Gesicht hinter einem Aktendeckel verborgen. Dann zeigt sich der schüchtern wirkende Mann mit schwarzer Kurzhaarfrisur und Schnäuzer. Die Anklage will den Suchtkranken für immer wegsperren lassen. Er sei eine Gefahr für die Allgemeinheit, sagt der Staatsanwalt.

Der Staatsanwalt stützt sich auf die Expertise eines Gutachters, der dem 26-Jährigen eine schwer ausgeprägte Persönlichkeitsstörung und eine gestörte Sexualität bescheinigt. Nach einem Schuldspruch könnte der Prozess mit der Einweisung in die Psychiatrie enden.

Wie viel kriminelle Energie und Perversion in dem Angeklagten stecken, konnten die 14-jährige Nina und der ein Jahr jüngere Tobias nicht ahnen, als sie von Jan O. im vergangenen November in dem beschaulichen 3400-Einwohner-Städtchen Bodenfelde angesprochen wurden.

Nina starb nur wenige hundert Meter von ihrem Elternhaus entfernt, als sie sich gegen den Versuch einer Vergewaltigung zur Wehr setzte. Den 13-jährigen Tobias tötete der Angeklagte fünf Tage später, als er dem Jungen unweit von Ninas Leiche begegnete - zunächst hielt er auch ihn für ein Mädchen, an das er sich heranmachen wollte.

Derart schweres Verbrechen war nicht abzusehen

Einen heimtückischen Doppelmord zur Befriedigung des Geschlechtstriebes wirft die Anklage dem ehemaligen Förderschüler aus der Lüneburger Heide vor. Vor Gericht wird auch das Geständnis der "Tatabläufe, für die ich mich schäme", verlesen.

Die Angehörigen sollen die Wahrheit wissen, schreibt Jan O. zu Beginn. Die Einzelheiten extremer Grausamkeiten und Perversionen bringen die Anwesenden im Gerichtssaal an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Das Geschehen beinhaltet kannibalistische Handlungen, Teile seines Tuns hält der mutmaßliche Täter mit einer Handy-Kamera fest. "Habe gestern ein Mädchen geschlachtet, jeden Tag eine. Bis sie mich erwischen", schrieb der Täter auf seine Facebook-Seite.

Warum fiel Jan O. nicht früher auf? Bei der Polizei wird er zunächst mit Diebstählen aktenkundig, Alkohol und Drogen kommen ins Spiel. Nach einer Verurteilung landet er in einer Therapieeinrichtung in der Nähe von Bodenfelde. In der Zeit vor dem Doppelmord verstößt er gegen Bewährungsauflagen, trinkt wieder Alkohol, und es kommt zu Diebstählen. Gründe, ihn in Sicherungshaft zu nehmen, habe es aber nicht gegeben, erklärt die Justiz später. Ein derart schweres Verbrechen sei nicht abzusehen gewesen.