Augenzeugen berichten von Schüssen und Panzern

Iranische Armee marschiert in Mahabad ein: Sicherheitskräfte sollen Proteste brutal niederschlagen

 November 19, 2022, Barcelona, Catalonia, Spain: Activists shout slogans while marching through Barcelona in solidarity with protests in Iran that have erupted since the death of 22-year-old Masha Aminiy in custody of so-called morality police. Barcelona Spain - ZUMAo105 20221119_zap_o105_026 Copyright: xMatthiasxOesterlex
Eine Frau maschiert bei einer Solidaritätskundgebung für den Iran in Barcelona mit. (Foto: Motivbild)
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In der kurdischen Stadt Mahabad im Nordwesten des Irans soll es bei Protesten zu massiver Gewalt gekommen sein. Augenzeugen berichten, dass Polizei- und Sicherheitskräfte am Samstagabend mit Panzern in die Stadt einmarschiert seien und wahllos auf Demonstranten geschossen haben. Die Situation sei völlig eskaliert, mehrere User sprachen von einem „Massaker“ in der Stadt. Sicherheitskräfte würden in Häuser eindringen und Menschen erschießen.

Droht den Menschen in Mahabad ein Massaker?

Die Schilderungen lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Auch Strom und Internet in Mahabad sollen kurzfristig abgeschaltet worden sein. Laut Augenzeugen soll es zahlreiche Verletzte geben. Über Todesopfer liegen noch keine gesicherten Berichte vor.

Die regierungsnahe Nachrichtenagentur Tasnim stellte die Situation allerdings ganz anders dar: In der Nacht zum Sonntag hätten „bewaffnete Terroristen“ Privathäuser und öffentliche Einrichtungen in Brand gesetzt und die ganze Stadt und deren Einwohner in Panik versetzt. Mehrere Anführer der „Terrorgruppen“ hätten jedoch überführt und inhaftiert werden können, so der Tasnim-Bericht unter Berufung auf örtliche Sicherheitsbehörden.

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Proteste im Iran: Videos zeigen Militärkonvois in Mahabad

Tausendfach in den sozialen Medien geteilte Videos zeigten Militärkonvois, die durch die Straßen fuhren. Die in Oslo ansässige Menschenrechtsorganisation Hengaw berichtete von Helikoptern, die über dem Himmel der kurdischen Stadt kreisten. Ort und Zeit der Aufnahmen ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Medienberichten zufolge gab es am Samstagabend auch in anderen Teilen des Landes erneut Proteste gegen den repressiven Kurs der islamischen Führung. Seit Monaten gehen die Menschen im Iran auf die Straße.

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Ermittlungen gegen Prominente im Iran

Die iranische Justiz leitete unterdessen Medienberichten zufolge Ermittlungsverfahren gegen mehrere Prominente aus Politik, Film und Sport ein. Zwei ehemalige Abgeordnete, fünf Schauspielerinnen und ein Fußballtrainer wurden demnach zum Verhör einbestellt. Ihnen werde vorgeworfen, sich in den sozialen Medien «provokant und beleidigend» Offiziellen gegenüber geäußert zu haben.

Falls die Ermittlungen zu einer Anklage gegen die acht führen sollten, droht ihnen ein längerfristiges Arbeitsverbot. Alleine die Unterstützung für die systemkritischen Proteste, insbesondere von Prominenten in sozialen Medien, wird von der Justiz als Gefährdung der nationalen Sicherheit bewertet. Die iranische Führung sieht in den Protesten eine westliche Verschwörung mit dem Ziel, einen Regimewechsel in dem Land einzuleiten. (jgr, mit dpa)