Selbstwertgefühl-AbhängigkeitRTL-Redakteurin gesteht: Deshalb MUSSTE ich Instagram (vorerst) löschen

Dutzende US-Bundesstaaten ziehen vor Gericht gegen Facebook und Instagram – weil die psychische Belastung für Kinder und Jugendliche so groß ist!
Vielen Erwachsenen geht es genauso – und deshalb habe ich Instagram ganz gelöscht. Was das mit mir gemacht hat und warum ich wieder mehr zu mir gefunden habe.
Jetzt reicht's! Ich will Instagram löschen - aber das ist nicht so einfach
Vor etwa dreieinhalb Monaten war ich morgens um kurz nach sechs Uhr ganz kurz davor, mir für 40 Euro ein grünes Pulver zu bestellen. Weil mir eine junge Frau auf Instagram erzählt hat, dass ihre Haut so viel straffer und reiner geworden ist, seit sie es jeden Morgen als Smoothie trinkt. Ich war schon dabei, die Zahlungsmethoden auszuwählen, als ich dachte: Jetzt reicht’s. Und dann habe ich mein Instagramkonto deaktiviert. Einfach so.
Also, so einfach war es nicht, ich brauchte mein Passwort zum Deaktivieren und das hatte ich natürlich vergessen, also musste ich ein neues beantragen und hin und her ... Aber als ich damit fertig war, hatte ich plötzlich kein Instagram mehr.
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Nicht schön, dünn, reich, interessant genug - die geschönte Instagram-Welt
Zugegeben, ich war nie „Heavy-Userin“, ich habe Freundinnen, die absurde Statistiken in ihrer App-Nutzung für Instagram haben. Mit absurd meine ich über sechs Stunden täglich. Ich würde sagen, dass ich so mittelmäßig viel auf Instagram war. Es hat auf jeden Fall gereicht, um mich glauben zu lassen, dass ich nicht genug bin.
Nicht schön genug, nicht dünn genug, nicht reich genug, nicht interessant genug und auch nicht klug genug oder selbstständig genug oder stark genug oder ehrlich genug oder kreativ genug.
Vielleicht liegt das auch an mir ganz persönlich, es gibt bestimmt Menschen, die stark genug (haha) sind, Instagram nicht an ihrem Selbstwert kratzen zu lassen. Ich bin es offensichtlich nicht.
Und das, obwohl ich seit mehr als fünf Jahren im Bereich Social Media arbeite und mir dadurch sehr bewusst ist, dass es oft nur bewusst gewählte Ausschnitte sind, die wir gezeigt bekommen. Das Allermeiste ist sehr inszeniert, bearbeitet oder sogar verfälscht.
Mein Gehirn kann es offensichtlich trotzdem nicht unterscheiden. Ich war seit Jahren nicht mehr mit irgendwas so richtig zufrieden, nichts war mir mehr genug. Wie auch, wenn die Menschen auf Instagram der Maßstab sind?
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Meine Entscheidung konnten alle nachvollziehen
Da war ich jetzt also – ohne Instagram. Mein Daumen hat in den ersten Tagen noch öfter automatisch die App gesucht. Meine Freundinnen wollten mir lustige Memes schicken und haben mich nicht mehr gefunden. Sogar meine Mutter hat mich angerufen, sie wollte mir etwas zeigen und hat mich nicht gefunden. Ob alles in Ordnung sei?
Komischerweise haben alle sofort verstanden, wieso ich Instagram gelöscht habe. Alle konnten es vollkommen nachvollziehen, denken selbst schon lang darüber nach, haben aber einen bestimmten Grund, der es unmöglich macht. Hatte ich auch immer.
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Ohne Instagram habe ich mehr zu mir gefunden
In der nächsten Zeit habe ich gemerkt, dass ich wieder mehr und mehr darauf höre, was ich selbst will. Ich hatte nichts zu essen im Hinterkopf, worauf ich beim Scrollen durch Instagram Lust bekommen habe. Ich hatte keine Idee im Kopf, was ich anziehen will, weil ich es davor auf Insta gesehen habe. Ich habe Fotos von mir gesehen und mir tatsächlich darauf gefallen. Ohne Filter. Ich habe meine Waage in den Keller gebracht. Ich habe ziemlich lang keine neuen Einträge in meiner Wunschliste gemacht. Ich habe auch ziemlich lange keine Einträge mehr in meiner „Muss ich gucken“ oder „Muss ich lesen“ oder „Muss ich hören“-Liste gemacht. Ich gucke, höre und lese jetzt einfach, was mir so begegnet und was ich gucken, hören und lesen will.
Offen gesagt war es aber auch stellenweise ganz schön scheiße, weil ich einige Geburtstage vergessen habe, Tage später erst erfahren habe, dass Twitter jetzt X heißt und immer alle bitten musste, Screenshots für mich zu machen.
So und jetzt? Jetzt aktuell ist mein Konto wieder aktiv, ich nutze Instagram aber nicht mehr. Das sage ich an der Stelle, weil ich der Tatsache, dass ich es gelöscht habe, nicht zu viel Bedeutung geben will. Es geht eher darum, dass man bewusst und vorsichtig damit umgeht und das war für mich bis dahin nicht möglich. Ich musste es erst ganz löschen und mich entwöhnen, kalter Entzug sozusagen. Und das würde ich allen empfehlen, die zu viel in Instagram hängen. Probiert es einfach mal aus und schaut, ob es euch auch so guttut, wie mir. Es muss ja nicht für immer sein.
Es geht auch ohne Total-Verzicht
Instagram kommt Nutzern entgegen, die ihre Zeit bewusster verbringen wollen. In den Kontoeinstellungen lässt sich unter „Deine Aktivitäten“ die verbrachte Zeit einsehen. Und dort kann man sich Erinnerungen einstellen:
Etwa eine Pauseneinstellung, die sich nach zehn, zwanzig oder dreißig Minuten meldet.
Alternativ lässt sich auch ein Tageslimit einstellen.
Auch die Benachrichtigungseinstellungen helfen. Hier kann man Push-Nachrichten deaktivieren. So ist man nicht beim ersten Like oder Kommentar geneigt, die App sofort zu öffnen.
Wichtig bleibt: Wer merkt, dass er mehr Zeit im Netz verbringt, als der Psyche guttut, sollte eine Pause einlegen.