Ministerpräsidentin: "Wollen nicht weiter wachsen"Insel vorm Kollaps? Mallorca will Ende der Touri-Flut

14.08.2022, Spanien, Capdepera: Menschen schwimmen und sonnen sich am Strand Cala Agulla nahe Cala Rajada auf Mallorca. Noch immer herrschen hier hohe Temperaturen und Hitzewarnungen. Foto: Clara Margais/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
"Overtourism" auf Mallorca: Einheimische kämpfen gegen den Massentourismus.
sab, dpa, Clara Margais

Touristen so weit das Auge reicht. Die Folge: überfüllte Strände, Restaurants und Straßen. Ja, Mallorca ist und bleibt eines der beliebtesten Reiseziele und zieht auch nach der Corona-Pandemie vor allem im Sommer die Urlauber wieder massenhaft an. Die Einheimischen kennen das Phänomen Overtourism, sind mächtig genervt und kämpfen weiter für ein Ende der Touri-Überflutung. Steht die Baleareninsel tatsächlich vor dem Kollaps?
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Touristen sind in jedem Winkel der Insel

Bedingt durch die Corona-Pandemie war es in den letzten zwei Jahren eher ruhig auf Mallorca. Doch jetzt sind die Touristen in Scharen zurück und entfachen erneut die Debatte um das Phänomen Overtourism. Die Einwohner sind mächtig sauer und genervt von den Urlaubern, die laut der „Mallorca Zeitung“ „in nahezu jedem Winkel der Insel anzutreffen“ seien. Doch nicht nur die Einheimischen machen ihrem Ärger in den sozialen Medien und der Presse Luft, auch die balearische Ministerpräsidentin Francina Armengol meldete sich laut „Mallorca Zeitung“ in der Debatte am Dienstag (23. August) zu Wort: „Wir wollen beim Tourismus nicht weiter wachsen.“

Auch das eigens von der Regierung beschlossene Tourismusgesetz, das die Zahl der Gästebetten begrenzen soll, helfe da nur wenig. So seien beispielsweise die Straßen nahezu „kollabiert“, als letzte Woche bei bewölktem Himmel viele Touristen mit dem Auto einen Ausflug nach Palma machten. Bereits einen Tag später habe sich zwischen „Palma und Valldemossa ein nicht enden wollender Autokorso die Serpentinenstraße nach oben“ gebildet, so die Zeitung.

Umgewandelte Aufkleber verdeutlichen den Protest

Schon seit 2017 zeigen die Spanier mit „Tourism kills the city“-Aufklebern oder „Tourists go home“-Graffiti, was sie von den vielen Touristen in ihrer Heimat halten. Jetzt hat die Umweltschutzorganisation Terraferida das Logo „SOS Turismo“, das während der Corona-Pandemie auf die dramatische Situation in der Tourismusbranche aufmerksam machen sollte, in „SOS Residents“ umgewandelt. Mit dem neuen Symbol des Widerstands will die Organisation verdeutlichen, dass mehr Rücksicht auf die Einwohner genommen werden solle. In den sozialen Medien schreibt sie über die Situation der Touristen, dass man über das wie und wo sprechen könne. „Aber wenn wir nicht fähig sind, uns auf ein Limit zu verständigen, sind wir am Ende.“

Aber nicht nur die Straßen seien voll, sondern auch viele Hotels. Nach Angaben des Präsidenten der Hoteliersvereinigung von Palma, Javier Vich, habe die Auslastung im Juli 93 Prozent betragen, fünf Prozent mehr als 2019. Und auch die Nachfrage in ländlicheren Gegenden habe zugenommen. Klar, dass bei diesem Andrang auch Hochbetrieb am Flughafen und den Häfen herrscht.

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Grund für den Ansturm sind Buchungen aus mehreren Jahren

Die Vertreter der Tourismusbranche weisen jedoch darauf hin, dass insbesondere in diesem Jahr auch Buchungen aus den Jahren 2020 und 2021 in diesem Sommer zusammenfallen. Denn viele Urlauber mussten ihre Reisen in der Zeit pandemiebedingt verschieben. Laut dem balearischen Tourismus- und Arbeitsminister Iago Negueruela spiele zudem „die extrem gute Lage auf dem Arbeitsmarkt“ eine Rolle. Der hohe Ansturm habe sogar den Energieverbrauch auf den Inseln nach oben getrieben. Die Präsidentin der Hoteliersvereinigung von Cala Millor, Inés Batle, sagte man müsse versuchen, die Balance zu halten.

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Denn nicht mehr enden wollende Autoschlangen und völlig überlaufene Hotspots frustrieren am Ende wohl nicht nur die Einwohner Mallorcas, sondern auch die Urlauber selbst. (kko)