Coronavirus-Pandemie hat Ausrottungsziele verlangsamt
Deutscher Forscher warnt vor Tuberkulose - unterschätzen wir die Infektionskrankheit?
Erlebt die Infektionskrankheit Tuberkulose eine Renaissance?
Die chronische Infektionskrankheit Tuberkulose ist auch im Jahr 2021 noch ein ernstzunehmendes Thema: Rund ein Viertel der Weltbevölkerung sind mit TBC, auch Schwindsucht genannt, infiziert. Im Jahr 2019 sind laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sogar 1,4 Millionen Menschen an Tuberkulose gestorben. Damit ist die Krankheit offiziell die weltweit am häufigsten auftretende Infektionskrankheit, noch vor Malaria und HIV. Aktuelles Problem: Das Coronavirus und die damit verbundene Pandemie haben die eigentlichen Ausrottungsziele der WHO über den Haufen geworfen.
Ein deutscher Professor, die WHO sowie einige Fachleute warnen vor einer weiteren Ausbreitung der Krankheit.
Eine Infektion mit Tuberkulose hat dramatische Auswirkungen
Tuberkulose ist seit etlichen Jahren eine der am weit verbreiteten bakteriellen Infektionskrankheiten und sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Auch wenn nicht mehr so viele Menschen an einer Infektion sterben wie früher, ist der „Weiße Tod“ trotzdem noch nicht besiegt. Die chronische Krankheit, bei der die Lunge von Tuberkulose-Erregern befallen wird, kommt in Deutschland zum Beispiel nur noch selten vor. Weltweit gehen Mediziner aber davon aus, dass immer noch über 1,8 Milliarden Menschen infiziert sind. Die meisten Betroffenen leben dabei in Ländern wie Indien, China, Pakistan, Indonesien oder Südafrika, die Situation bleibt dort weiterhin dramatisch. Grund dafür sind der Mangel an Medikamenten sowie die immer resistenter werdenden Erreger.
Professor Gerhard Grüber von der Nanyang Technological University in Singapur hat im Rahmen der Tagesschau die Krankheit TBC mit der aktuell vorherrschenden Infektionskrankheit Covid-19 verglichen. Wie stehen die beiden Erkrankungen im Verhältnis zueinander? Wenn man davon ausgeht, dass jeder vierte Mensch weltweit schlummernde Tuberkulose-Erreger in sich trägt, würde das zehn Millionen neue Fälle jährlich bedeuten. Für den Professor bedeutet diese Tatsache „eine Renaissance der Tuberkulose“ – im negativen Sinne.
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Tuberkulose gerät in den Hintergrund, Fokus liegt auf Covid-19
Ursprünglich wollte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Tuberkulose bis zum Jahr 2030 ausrotten. 2018 sagten die Vereinten Nationen der Krankheit den Kampf an – dann sollte jedoch alles anders kommen. Das Coronavirus ist ausgebrochen und verbreitete sich auf der ganzen Welt. „Wir sehen ganz klar, auch im Zusammenhang mit Covid-19, dass man das Ziel wahrscheinlich nicht erreichen wird. Und das geht einher damit, dass man Prävention nicht einhalten kann – und natürlich auch nicht die Behandlung“, sagt Grüber gegenüber der Tagesschau.
Vor allem in ärmeren Ländern wurden 2020, aufgrund der vorherrschenden Pandemie, über eine Million Menschen weniger behandelt als noch im Jahr zuvor. Das teilte die WHO unter Berufung auf vorläufige Daten aus mehr als 80 Ländern im Frühling diesen Jahres mit. Behandlungen seien zunächst unterbrochen worden und Labore und Forschungszentren wurden und werden immer noch für Covid-19 gebraucht. So gehen nicht nur die Behandlungs- und Hilfsmöglichkeiten verloren, sondern auch das Bewusstsein für eine weitere bakterielle und ernstzunehmende Infektionskrankheit, wie Grüber weiter ausführt.
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Pläne für die Zukunft
Für die Zukunft sei eines bereits jetzt schon klar: Da das Bakterium immer neue Wege finden wird, im Körper des Menschen zu überleben, muss die Forschung zukunftsorientierter arbeiten und sich anpassen. Neue Kommunikationsmethoden zwischen den forschenden Teams sollen helfen – und Rückschläge hoffentlich wieder aufholen. „Wir müssen auch verhindern, dass diese Erreger, die in uns schlafen, jemals wieder wachwerden. Das ist die große Gefahr, und darum auch eine fast schon hoffnungslose Aufgabe", führt Grüber dazu weiter aus. Trotzdem solle man die Hoffnung nie aufgeben, dass auch diese Infektionskrankheit irgendwann vollständig eingedämmt werden kann. (vdü)