Damit hatte niemand gerechnetIhr Bruder starb bei Unfall: 50 Jahre später erhält sie seine Nachricht an die Nachwelt

Durch puren Zufall – und dank eines hartnäckigen Bauarbeiters – erhält die Britin Julie Tucker eine Nachricht, die sie zutiefst bewegt. Es sind Worte ihres Bruders Gary, auf ein Stück Pappe geschrieben. Dass sie noch einmal eine Nachricht von Gary in den Händen halten würde, hätte die 64-Jährige niemals gedacht – denn ihr Bruder ist da bereits seit fast 50 Jahren tot.
Baustellen-Leiter findet Brief in einer alten Kegelbahn
Als der 32-jährige Nicky Martin beim Abriss des Pubs "Lord Nelson" in Bristol arbeitet, entdeckt er ein Stück Pappe, gut versteckt unter einem Stapel Kegel in der alten Kegelbahn der Kneipe. Es springt ihm sofort ins Auge, denn darauf befindet sich, in leicht verblichener Schrift, eine Botschaft, die jemand dort vor fast 50 Jahren für die Nachwelt hinterlassen hatte. „Gary Wait hat diese Nachricht am 8.3.1975 geschrieben“ ist darauf zu lesen. Martin erkennt sofort, dass es sich bei den Worten um etwas ganz besonderes handeln muss.
Gemeinsam mit seiner Frau beschließt der Baustellen-Leiter, den Autor der Nachricht zu finden. Die beiden starten einen Aufruf in den sozialen Medien - auf den sich Julie Tucker meldet. Die 64-Jährige erkennt in den Worten ihren vor langer Zeit verstorbenen Bruder.
„Ich scrollte so durch Facebook und sah dabei den Aufruf – aber der Groschen ist nicht sofort gefallen. Doch dann habe ich gedacht ‚Moment mal, ist das mein Bruder?‘. Ich habe die Handschrift sofort erkannt!“, erinnert sich Julie Tucker im Interview mit „Kennedy News“. „Die Nachricht wurde vier Jahre vor seinem Tod geschrieben. Es war die ganze Zeit da und ich bin wahrscheinlich jahrelang daran vorbeigelaufen.“
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Brief soll an "glückliche Zeiten" erinnern
Die Worte in dem Brief lauten:
„Gary Wait hat diese Nachricht am 8.3.1975 geschrieben. Ich bin 16, bin ziemlich groß, habe blaue Augen und dunkelblonde Haare. Ich komme dreimal die Woche hierher, ins ‘The Lord Nelson’, um zu arbeiten. Ich bekomme ein Pfund pro Nacht. Ich schreibe das hier, damit ich es eines Tages vielleicht finde und lese. Ich mache diesen Job, damit ich etwas Geld abbezahlen kann, das ich für mein Moped schuldig bin. Ich muss 117 Pfund bezahlen.
„Mein Lieblingsonkel ist Tony Wait. Er hat mir geholfen, als ich Probleme mit meinem Fahrrad hatte. Ich werde das hier verstecken, damit ich, wenn ich es wiederfinde, an glückliche Zeiten erinnert werde.“
Julie verlor bei dem tragischen Unfall gleich zwei ihrer Brüder
Als Julie den Brief endlich in Händen hält, wird sie von ihren Gefühlen übermannt. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so emotional werden würde, aber es war so. Ich fing an zu weinen und wir umarmten uns", erinnert sich Julie im Gespräch mit „Kennedy News“. Die Worte ihres Bruders bewegen sie tief. Denn Gary ist, zusammen mit dem gemeinsamen Bruder David, der damals gerade einmal 19 Jahre alt war, bei einem tragischen Motorradunfall ums Leben gekommen. Auch Julies Eltern leben nicht mehr.
Dennoch kann die pensionierte Verwaltungsfachangestellte dem unerwarteten Fund auch etwas Gutes abgewinnen. Der Brief, erzählt sie, habe sie dazu motiviert, sich wieder mit alten Bekannten aus der Zeit von damals in Verbindung zu setzen. Mit einer alten Freundin gehe sie demnächst einen Kaffee trinken. (dhe)


