"Mama, ich kann mich nicht aufsetzen"

Kleiner Oliver (4) über Nacht gelähmt – was steckt hinter dem Guillain-Barré-Syndrom?

Oliver Davis im Krankenhaus im Rollstuhl
Vier Wochen lang war Oliver vom Hals abwärts gelähmt.
Starlight Children´s Foundation/Oliver´s story

Als der 4-jährige Oliver Davis im Juni 2018 aufwachte, fühlte er sich anders als sonst, konnte sich nicht bewegen, schrie vor Schmerzen. 24 Stunden später war er vom Hals abwärts gelähmt. Oliver hat das Guillain-Barré-Syndrom (GBS). Drei Jahre später geht es dem heute 7-Jährigen deutlich besser, geholfen hat ihm vor allem eine Schwimmtherapie, die die Starlight Children's Foundation ihm ermöglichte. Um weiteren über 76.000 kranken Kindern zu helfen, sammelt die Organisation nun Spenden.

"Er musste sich aus dem Bett rollen, weil er keine Kraft im Bauch hatte"

Es war ein Schicksalsschlag über Nacht: Als ihr 4-jähriger Sohn am Morgen des 2. Juni 2018 sagte "Mama, ich kann mich nicht aufsetzen", ahnte Belinda aus dem australischen New South Wales nicht, welcher Albtraum ihrer Familie in den kommenden Monaten bevorstehen würde. Weil Oliver sich kaum noch bewegen konnte, brachte Belinda ihren Sohn zum Arzt. „Zuerst dachte ich, er sei nur albern, aber er musste sich aus dem Bett rollen, weil er keine Kraft im Bauch hatte", erinnert sie sich gegenüber „Daily Mail Australia“.

Dass es ernst war, merkte die Mutter spätestens, als der Hausarzt sie und ihren Sohn ins Krankenhaus schickte. „Als wir dort ankamen, wurde er narkotisiert und ein MRT durchgeführt, um herauszufinden, was nicht in Ordnung war", so Belinda. Zwar konnten die Ärzte Hirntumore oder Krebs ausschließen, doch schnell war klar: Oliver hat das Guillain-Barré-Syndrom (GBS), eine seltene neurologische Erkrankung, bei der das Immunsystem des Körpers die Nerven angreift.

Oliver mit den Starlight Captains
Mit Spielen und Verkleidungen konnten die Starlight Captains den kleinen Oliver in seiner schweren Zeit im Krankenhaus ein wenig aufmuntern.
Starlight Children´s Foundation/Oliver´s story

Was ist das Guillain-Barré-Syndrom (GBS)?

Das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) ist eine Erkrankung der Nerven. Warum Patienten an GBS erkranken, ist nicht vollständig geklärt. Meist tritt GBS in Verbindung mit vorangegangenen Infektion der Atemwege oder des Darmtraktes (Campylobacter jejuni) auf. „Durch eine überschießende Autoimmunreaktion, häufig in Folge von Infekten, wird die Myelinschicht der peripheren Nerven geschädigt, sodass die Nervenfasern keine Reize mehr übertragen können“, erklärt die Deutsche Gesellschaft für Neurologie in einer Pressemitteilung.

Folgen seien Lähmungen, die meistens beidseitig in den Beinen beginnen und später auch die Arme und das Gesicht betreffen. Bei einigen Patienten könne sogar die Atemmuskulatur in Mitleidenschaft gezogen werden, sodass sie beatmet werden müssen, heißt es weiter.

Bei dem kleinen Oliver war das zum Glück nicht der Fall. Doch auch der 4-Jährige war 24 Stunden nach den ersten Symptomen vom Hals abwärts gelähmt, verlor jegliche Kontrolle über seine Reflexe und Nerven.

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„Ich habe in diesen ersten Tagen so viel geweint, weil wir nicht wussten, wie es weitergehen würde“

Vier Wochen lang war Oliver vollständig gelähmt. Wie lange die Lähmung anhalten würde, konnte der Familie vorher keiner sagen, erinnert sich Belinda. Einige Tage musste Oliver auf der Intensivstation bleiben, seine Mutter immer an seiner Seite, obwohl zu Hause ein neun Monate altes Baby auf sie wartete. „Ich habe in diesen ersten Tagen so viel geweint, weil wir nicht wussten, wie es weitergehen würde“, zitiert „Daily Mail Australia“ Belinda.

Insgesamt blieb Oliver drei Monate im Krankenhaus, musste anfangs über eine Sonde ernährt werden, lernte schließlich aber langsam wieder zu krabbeln und zu laufen. „Er hatte extreme Schmerzen am ganzen Körper und bekam Morphium, aber er hatte immer noch Schmerzen", erklärt seine Mutter weiter. „Er war empfindlich gegen Hitze und Kälte. In einem Moment war er in eine warme Decke eingewickelt, im nächsten hatte er Eispackungen auf dem Körper. So ging das die ganze Nacht hin und her.“

Oliver im Superheldenkostüm
"Oliver ist ein echter Kämpfer", sagt seine Mutter Belinda.
Starlight Children´s Foundation/Oliver´s story

"Die Starlight Captains brachten Oliver zum ersten Mal seit seiner Einlieferung zum Lachen"

Kraft gaben dem kleinen Jungen während der Behandlung die Mitarbeiter der australischen Starlight Children's Foundation. Die sogenannten Starlight Captains bieten kranken Kinder die nötige Ablenkung im Krankenhaus und sorgen mit Kinderschminken, Luftballons, Spielen, Gesang und Verkleidungen für das ein oder andere so wichtige Lächeln in dieser schweren Zeit. Bei Oliver habe die Wirkung sofort eingesetzt, zitiert die Organisation Belinda auf ihrer Internetseite. "Die Starlight Captains brachten Oliver zum ersten Mal seit seiner Einlieferung zum Lachen."

Darüber hinaus erfüllte die Starlight Foundation Oliver seinen Wunsch, mit der ganzen Familie in Sea World mit Delfinen zu schwimmen. Eine Erlebnis, das den heute 7-Jährigen auch jetzt noch begleitet. Drei Jahre später geht es Oliver wieder deutlich besser. „Er ist ein echter Kämpfer", sagt Belinda bei „Daily Mail Australia“. „Manchmal fühlen sich seine Finger komisch an oder er ist müde, aber im Großen und Ganzen sieht er aus wie jedes andere Kind.“

Neben seiner wöchentlichen Physiotherapie geht Oliver weiterhin zum Schwimmunterricht. Weil das Schwimmen ihrem Kind so sehr geholfen hat, setzt sich Belinda nun für die Schwimmkampagne der Starlight Children's Foundation ein. Vom 1. bis zum 28. Februar 2022 sollen nun drei Millionen Dollar gesammelt werden, um über 76.000 kranken Kindern zu helfen – so wie auch dem kleinen Oliver geholfen werden konnte. (akr)