Petition fordert höheres Elterngeld

"Wer ein Baby bekommt, darf nicht an der Armutsgrenze leben"

 Symbolbild Geld 28.11.18, Symbolbild Geld, Kinderhand greift nach Stapel von 2 Euro Muenzen auf Geldscheinen Berlin Berlin Deutschland *** Symbol picture money 28 11 18 Symbol picture money child hand reaches for stack of 2 Euro coins on banknotes Berlin Berlin Germany
Wer heute Kinder kriegen möchte, überlegt sich das vielleicht zweimal, denn selbst staatliche Förderungen können Verdienstausfall und Co. nicht vollkommen ausgleichen.
www.imago-images.de, imago images/Andreas Gora, Andreas Gora, via www.imago-images.de
von Kathrin Hetzel

Diese Petition hat einen Nerv getroffen! Gibt es bald mehr Elterngeld vom Staat?
Reichen 300 Euro Elterngeld, um ein Kind zu ernähren? So hoch ist nämlich der Mindestsatz des staatlichen Elterngeldes. Dieses wurde seit 16 Jahren nicht mehr erhöht! Trotz Inflation und Co. Eine Petition fordert deshalb jetzt eine Erhöhung und bekommt dabei prominente Unterstützung.

So funktioniert das Elterngeld

Elterngeld gibt es vom Staat für alle Mütter und Väter. Es soll das fehlende Einkommen ausgleichen, das ausfällt, wenn Eltern ihr Kind betreuen. Berechnet wird es nach dem Einkommen vor der Geburt und beträgt höchstens 1.800 Euro, mindestens aber 300 Euro.

Hier können Sie lesen, welche Leistungen Familien insgesamt zustehen: Elterngeld, Kindergeld, Kinderzuschlag und Co.

Mindestsatz vom Elterngeld sogar unter Bürgergeld

Das Problem: Das Elterngeld wurde seit rund 16 Jahren nicht mehr erhöht. Wegen der Inflation ist das Geld weniger wert und besonders Eltern mit geringem Einkommen oder vielen Kindern kommen nicht mehr damit aus. Der Mindestsatz von 300 Euro liegt sogar unter dem Bürgergeld und dem Existenzminimum.

„Im Winter traf ich beim Discounter an der Kasse eine Mutter, die mit dem Mindestsatz des Elterngeldes in Höhe von 300 Euro ein paar Lebensmittel im Wert von 40 Euro nicht bezahlen konnte, weil der Dispo bereits überschritten war. Sie stand unter Tränen an der Kasse mit zwei kleinen Kindern,“ erzählt Daniela Weckmann im Interview mit RTL. Weckmann hat zusammen mit zwei weiteren Müttern – Sandra Runge und Nancy Koch – die Petition „#elterngeldhoch“ gestartet.

Das Ziel: Das Elterngeld muss an die Inflation angepasst werden, Mindest- und Höchstsatz erhöht werden, sowie Prozentsätze des durchschnittlichen Nettogehaltes erhöht werden und das alles regelmäßig.

Lese-Tipp: Weil das Amt Probleme hat: RTL-Reporterin soll bis zu sechs Monate auf ihr Elterngeld warten

Und was sagen Sie zu dem Thema?

Anmerkung der Redaktion: Ergebnisse unserer Opinary-Umfrage sind nicht repräsentativ.

Elterngeld: "Zeit für ein Update"

„Fürsorgearbeit darf keine Arbeit zweiter Klasse sein und muss auch entsprechend finanziell vergütet und gewertschätzt werden. Wer ein Baby bekommt, darf nicht an der Armutsgrenze leben und mit ein paar Hundert Euro abgespeist werden,“ so Sandra Runge zu RTL.

Die Petition hat einen Nerv getroffen: Innerhalb weniger Tage hat sie die benötigten 50.000 Unterschriften erreicht und muss nun dem Bundestag zur Diskussion vorgelegt werden. „Es freut uns sehr, dass wir dieses drängende Thema nun deutlich an die Politik adressieren können,“ so Koch.

Lese-Tipp: Kinderzuschlag: 250 Euro zusätzlich zum Kindergeld beantragen – Habe ich 2023 Anspruch?

Marie Nasemann und Sebastian Tigges unterstützen Petition

Der schnelle Erfolg liegt wohl auch an prominenten Unterstützern: Influencerin Marie Nasemann und Ehemann Sebastian Tigges werben unter anderem in ihrem Podcast „Family Feelings“ für die Erhöhung des Elterngeldes. Nasemann und Tigges haben zwei Kinder: „Für diese Arbeit, die man da jeden Tag mit einem kleinen Baby leistet, sind 300 Euro wirklich ein Witz. Wir wollen, dass sich nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis etwas ändert,“ so Nasemann zu RTL.

Lese-Tipp: Mutterschaftsgeld beantragen – das steht Schwangeren zu

Nur wenige Väter nehmen Elternzeit

Niedriges Elterngeld hat noch eine weitere negative Folge: Väter gehen nur kurz oder gar nicht in Elternzeit, weil auf das meist höhere Gehalt des Vaters nicht verzichtet werden kann. Es entsteht eine erhebliche Lücke zwischen den Geschlechtern, der Gender-Pay-Gap wird erhöht und Frauen sind finanziell abhängig vom Mann.

Würden Väter mehr Elternzeit nehmen, würde die Arbeit von Müttern auch insgesamt besser in der Gesellschaft wahrgenommen werden. So sieht es auch Sebastian Tigges: „Als Vater die alleinige Verantwortung und Sorge zu tragen, war für mich augenöffnend. Und ich wünsche diese Erfahrung jedem werdenden Vater. Wenn sich jeder Mensch einmal allein um ein Kind gekümmert hat, wird er spätestens dann auch in die Diskussion einsteigen, warum es überhaupt einen Ausfall geben sollte.“

Lese-Tipp: Gender Pay Gap 2022: So viel weniger verdienen Frauen immer noch als Männer

Im Video: Unheilbar krank und im Kampf gegen die Behörden: "Um Elterngeld zu bekommen, muss ich durchhalten"

Und wie reagiert die Politik? Hat die Petition eine Chance?

Und warum unternimmt die Politik nichts dagegen? Auf RTL-Anfrage sagt das Bundesfamilienministerium: „Auch wenn die Einkommensersatzrate von 65 Prozent über die Jahre unverändert geblieben ist, ist der Auszahlungsbetrag für viele Eltern über die Jahre gestiegen, da sich die Löhne und Gehälter erhöht haben.“

Trotzdem wolle man etwas ändern, der Mindest- und Höchstbetrag könnten also angepasst werden: „Um auch diese Eltern angemessen durch das Elterngeld zu unterstützen, ist im Koalitionsvertrag von SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgesehen, Mindest- und Höchstbetrag zu dynamisieren. Derzeit wird die konkrete Umsetzung dieser Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag innerhalb der Bundesregierung beraten.“

Wann genau das Elterngeld also wirklich erhöht werden soll, ist noch unklar. Vielleicht bringt die Petition „#elterngeldhoch“, die kurz vor Ablauf der Frist fast 65.000 Unterschriften gesammelt hat, jetzt einen wichtigen Stein ins Rollen.

Lese-Tipp: Empfänger von Bürgergeld - mit diesen Leistungen sparen alle Eltern mit Schulkindern

Politik & Wirtschaftsnews, Service und Interviews finden Sie hier in der Videoplaylist

Playlist 50 Videos

Spannende Dokus und mehr

Sie lieben spannende Dokumentationen und Hintergrund-Reportagen? Dann sind Sie auf RTL+ genau richtig: Sehen Sie die Geschichte von Alexej Nawalny vom Giftanschlag bis zur Verhaftung in „Nawalny“. Oder: Die Umstände des mysteriösen Tods von Politiker Uwe Barschel werfen auch heute noch Fragen auf. Sehen Sie auf RTL+ die vierteilige Doku-Serie „Barschel – Der rätselhafte Tod eines Spitzempolitikers“.

Außerdem zur aktuellen politischen Lage: „Krieg in der Ukraine – So hilft Deutschland“ und „Klima-Rekorde – Ist Deutschland noch zu retten?“

Spannende Dokus auch aus der Wirtschaft: Jede sechste Online-Bestellung wird wieder zurückgeschickt – „Retouren-Wahnsinn – Die dunkle Seite des Online-Handels“ schaut hinter die Kulissen des Shopping-Booms im Internet.