Schon fünf bis zehn Gramm sind tödlichGesundheitslexikon: Mutterkorn

Gesundheitslexikon: Mutterkorn
Mutterkornpilz; Claviceps, purpurea
Manfred Ruckszio, Manfred Ruckszio (Manfred Ruckszio (Photographer) - [None]

Bis ins 17. Jahrhundert stellte das Mutterkorn, welches zu den Schlauchpilzen gehört, ein großes Problem bei der Getreidekultivierung dar. Der unabsichtliche Verzehr hat zu zahlreichen epidemischen Vergiftungen bei Menschen geführt. Inzwischen besteht für den Verbraucher allerdings keine Gefahr mehr, denn die Verunreinigung wird durch moderne Maßnahmen in der Lebensmitteltechnologie sehr gering gehalten. Heute macht sich die Pharmaindustrie die Inhaltsstoffe des Pilzes sogar zunutze, vor allem in der Frauenheilkunde.

Was ist Mutterkorn?

Mutterkorn ist ein Pilz, der sich an Getreideähren, hauptsächlich beim Roggen, bildet. Bei feuchter Witterung können die Sporen des Pilzes leicht in die Blüten gelangen und die Ähre befallen. Daraufhin bildet sich ein hornähnliches, dunkelviolettes bis braunes, härteres Gebilde, das mit bis zu sechs Zentimetern Länge größer als die Getreidekörner selbst ist. Mutterkorn ist hochgiftig für den menschlichen Organismus. Bereits fünf bis zehn Gramm wirken tödlich. Pflanzenschutzmaßnahmen, Sieb- und Reinigungstechnologien bei der Herstellung und zuverlässige Lebensmittelkontrollen reduzieren das Risiko, dass das Mutterkorn in Getreide- und Mehlprodukte gelangt, auf ein Minimum, sodass heute kaum mehr die Gefahr einer Vergiftung besteht.

Was passiert bei einer Vergiftung?

Der Pilz produziert mehr als 30 Alkaloide. Eine Einnahme löst Darmkrämpfe, Halluzinationen, Durchblutungsstörungen und epileptische Anfälle bis hin zu Atemlähmungen und Kreislaufversagen aus. Einzelne Gliedmaßen können absterben, da das Gift der Alkaloide die Blutgefäße verschließt. Bemerkbar macht sich dies durch Kribbeln bzw. Taubheitsgefühl in Extremitäten, Nase oder Ohren. Dunkle bis schwarze Flecken auf der Haut werden sichtbar. Diese Vergiftungen waren bis vor wenigen Jahrhunderten noch verbreitet und als Antoniusfeuer bekannt, bis der Zusammenhang im 17. Jahrhundert entdeckt wurde. Verwendet wurde Mutterkorn bisweilen vor allem, um einen Schwangerschaftsabbruch herbeizuführen, da das Gift vorzeitig Wehen einleitet.

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Wie wird Mutterkorn in der Medizin eingesetzt?

Die toxischen Eigenschaften des Mutterkorns haben in der Medizin einen hohen Stellenwert. Verwendung findet es vorwiegend in der Gynäkologie. So werden Medikamente hergestellt, die das Mutterkornalkaloid Ergometrin enthalten und als Wehenmittel eingesetzt werden. Zudem helfen Präparate mit Mutterkornalkaloiden dabei, das Blut nach einer Geburt zu stillen. Weiterhin wird Mutterkorn als Arzneimittel bei Maßnahmen zum Senken oder Erhöhen des Blutdrucks verwendet. Bei der Behandlung von Brustkrebstumoren, aber auch bei der Bekämpfung von Migräne spielen die Wirkstoffe ebenfalls eine Rolle. Durch die Bekämpfung des Pilzes ist die Nachfrage durch Pharmazieunternehmen erheblich gestiegen, sodass Mutterkorn inzwischen um ein Vielfaches teurer ist als Getreide.

Das müssen Sie beachten

Es sollte vorsichtshalber darauf verzichtet werden, ungereinigtes Getreide von Bauernhöfen zu verwenden. Auch wenn das Mutterkorn entfernt werden kann, können dennoch unsichtbare Sporen übrig bleiben, die eine Vergiftung herbeiführen können. Das im Mutterkorn enthaltene Alkaloid Lysergsäure entdeckte der Chemiker Albert Hofmann aus der Schweiz im Jahre 1938. Dieses Alkaloid führt Rauschzustände herbei und bildete später die Basis für die Droge LSD. Eine missbräuchliche Verwendung von Mutterkorn, um sich absichtlich einer berauschenden Wirkung auszusetzen, kann lebensgefährlich sein und sollte unterlassen werden.

Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel enthält nur allgemeine Informationen und Hinweise über Heilpflanzen und Arzneimittel, hat jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt daher nicht die Beratung durch einen Arzt oder Apotheker. Da die Medizin sich ständig weiterentwickelt, sollten Sie immer die aktuelle Gebrauchsinformation zu Ihrem Arzneimittel sorgfältig durchlesen und Ihren Arzt oder Apotheker zurate ziehen.