Unfall-Drama mit vier Toten in Berlin

Schock-Geständnis vor Gericht: SUV-Totraser ignorierte ärztliches Fahr-Verbot

ARCHIV - 06.09.2020, Berlin: Figuren, die die Opfer darstellen, liegen bei der Mahnwache zum Jahrestag des SUV-Unfalls in der Invalidenstraße am Boden. Ein Unfall hier mit vier Toten hat vor zwei Jahren für großes Aufsehen gesorgt. Nun sollen die Hintergründe vor Gericht geklärt werden. Die Verkehrssituation in dem Kiez hat sich seitdem verändert, relativ schnell wurde Tempo 30 eingeführt, es entstanden sogenannte geschützte Fahrradwege auf beiden Straßenseiten.  Die Änderungen sorgen für Diskussionen. (zu dpa-KORR.: "Vier Menschen sterben bei Unfall - Gesundheit des Fahrers im Fokus") Foto: Fabian Sommer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Mit diesen Figuren wurde bei einer Mahnwache in der Invalidenstraße den vier SUV-Unfall-Opfern gedacht.
som jai fdt, dpa, Fabian Sommer

Vor zwei Jahren raste Michael M. in Berlin vier Menschen in den Tod. Grund war ein epileptischer Anfall. Das Unfall-Drama schockierte 2019 ganz Deutschland. Vor dem Berliner Landgericht gesteht der Angeklagte jetzt, die ärztliche Weisung missachtet zu haben. Er glaubte, die Kontrolle über sich, seine epileptischen Anfälle und das Auto zu haben – eine gefährliche Fehleinschätzung.

Unfallfahrer interpretierte Fahrverbot als Empfehlung

Die Patientenakte von Michael M. sei eindeutig, berichtet die „Berliner Zeitung“. Beim Prozess erklärt der Angeklagte, dass ihm im August 2019 ein Hirntumor entfernt wurde. Seine Neurologen hätten ihm gesagt, dass er nach der Operation mindestens ein Jahr ohne einen epileptischen Anfall leben muss, um wieder Auto fahren zu dürfen.

Dieser Weisung kam der Angeklagte nicht nach. Er sei davon ausgegangen, dass mit dem Tumor die Ursache für seine Epilepsie beseitigt worden sei. „Ich sah es als Empfehlung, nicht als Verbot“, erklärt Michael M. Er habe sich gut gefühlt und fuhr immer wieder „kleine Strecken“. Er habe geglaubt, er würde es merken, wenn er am Tag einen epileptischen Anfall erleiden würde. „Ich dachte, ich kann es kontrollieren.“ Doch diese Einschätzung erwies sich als falsch.

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Schwerer Unfall mit vier Toten in Berlin
Hier wird der zerstörte SUV auf einen Abschleppwagen gehoben.
deutsche presse agentur

Kurz vor Unfall macht Michael M. „komische Geräusche“

Zehn Tage später raste Michael M. mit seinem Porsche-SUV vier Menschen an der Berliner Invalidenstraße in den Tod. Er war gemeinsam mit seiner Mutter und seiner Tochter auf dem Weg in ein italienisches Restaurant – sie bleiben unverletzt.

Michael M. bekam am Steuer einen epileptischen Anfall – den zweiten seines Lebens. Die Mutter des Angeklagten erklärte im Gericht, dass ihr Sohn den Kopf plötzlich nach links gedreht und „komische Geräusche“ von sich gegeben hat. „Ich dachte zunächst an einen Herzinfarkt.“ Ihr Versuch, den Motor auszuschalten und das versteifte Bein ihres Sohnes vom Gaspedal zu heben, scheiterte. Dann raste der SUV direkt in die Menschenmenge, die an der Ampel wartete.

Am Mittwoch (03. November 2021) wird die Ehefrau von Michael M. vor Gericht als Zeugin erwartet. (tgr)