Sauber-Fabrik ein teurer Faktor für Formel-1-Team
Standort Schweiz kostet Alfa Romeo "20 bis 30 Prozent Potenzial" seines Autos

Wer schon einmal in der Schweiz war, in einem Restaurant eine hundsgewöhnliche Pizza Margherita bestellt und verspeist hat, weiß nach dem Blick auf die Rechnung (20 Franken plus x): Das Leben in der Confoederatio Helvetica ist teuer. Ein Umstand, der auch dem Formel-1-Team Alfa Romeo/Sauber zu schaffen macht – und die Vorteile des F1-Budgetdeckels zu einem Teil wieder auffrisst.
"Budget-Cap kompensiert nicht die Lebenskostenunterschiede zwischen den Ländern"
In der Formel 1 gilt seit etwas mehr als einem Jahr ein Budgetdeckel für die zehn Rennställe. Mehr als 140 Millionen Dollar dürfen die Teams im Jahr nicht ausgeben. Der Cost Cap soll mehr Chancengerechtigkeit bringen, den finanzielle Graben zwischen den großen (Mercedes, Ferrari, Red Bull) und den kleinen F1-Fischen verringern.
Alfa Romeo/Sauber hat allerdings einen Wettbewerbsnachteil, den auch die Geld-Obergrenze nicht aufwiegen kann. Und zwar den Sandort Hinwil (Kanton Zürich), wo das von Peter Sauber gegründete Team seine Fabrik hat.
„Das Problem ist, der Budget-Cap kompensiert aktuell nicht die Lebenskostenunterschiede zwischen den Ländern“, erläutert Sauber-Technikchef Jan Monchaux im „Motorsport-Magazin“ – und schiebt die eingangs erwähnte, völlig einleuchtende Frage hinterher: „Waren Sie schon einmal im Restaurant in der Schweiz?“
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Saubers Problem mit der Gehaltsliste
Das Sauber-Dilemma: Der Standort in der Heimat ist zwar schön und schafft Verbundenheit für die Mitarbeiter Die hohen Lebenshaltungskosten in der Schweiz führen bei Sauber aber auch zu hohe Lohnkosten. Heißt: Der Posten „Gehälter“ macht im Sauber-Budget einen größeren Teil aus als bei Teams, die in England (dort sind sieben der zehn Teams) oder Italien (dort sind Ferrari und AlphaTauri) ihre Fabriken haben.
„Wir haben zwar alle 140 Millionen Dollar zur Verfügung. Aber verglichen mit einem Team, das vielleicht in England oder Italien stationiert wäre mit derselben Anzahl an Personal, haben wir ein relativ großes Problem mit der Gehaltsliste“, sagt Monchaux – und rechnet vor: „Das frisst im Endeffekt 20 bis 30 Prozent und viel Potenzial, die sonst im Auto stecken würden.“
C42 hat viel Potenzial
Und wie viel Potenzial im Alfa Romeo C42 steckt, hat die Schweizer Truppe um Altmeister Valtteri Bottas und China-Youngster Zhou Guanyu schon eindrucksvoll angedeutet. Beim Saisonauftakt in Bahrain raste Bottas auf Platz 6, sammelte acht Punkte, Zhou schaffte es in seinem ersten F1-Grand-Prix als Zehnter auf Anhieb in die Punkteränge. In Saudi-Arabien verhinderte nur ein Defekt an Bottas’ Wagen die nächsten Zähler. Alfas großes Plus: Als ein einziges Team hat es die Truppe um Monchaux und Sportdirektor Beat Zehnder mit ihrem Konzept geschafft, das Gewichtslimit für die neuen Boliden von 798 kg zu treffen, die Konkurrenz fährt (noch) deutlich schwerer.
Konkrete Pläne, in eines der F1-“Niedriglohn-Länder“ umzuziehen, gibt es bei Sauber nicht. Ein solch radikaler Schnitt würde dem Team ein großes Stück seiner Identität nehmen. Er wäre überdies auch deutlich schwerer zu vollziehen, als für ein Unternehmen in der „freien Wirtschaft“. Denn eine F1-Fabrik an einem anderen Standort ist teuer und stampft sich nicht eben so aus dem Boden. Alfa Romeo/Sauber wird also bis auf weiteres seinen Lohnkosten-Nachteil mit Schweizer Innovationsgeist wettmachen müssen – und der ist bekanntlich groß. (mar)