Team verhandelt mit der FIA
Red Bull will Budget-Verstoß schnell aus der Welt schaffen - und keilt gegen Konkurrenz

Red Bull und der Motorsport-Weltverband FIA verhandeln am Rande des US-GP in Austin über eine Vereinbarung, um den Budget-Verstoß des Rennstalls aus dem Vorjahr zu den Akten zu legen. Bullen-Teamchef Christian Horner betont in Texas, dass sein Team schnell Klarheit schaffen will. Einen ersten FIA-Vorschlag hat Red Bull aber offenbar abgelehnt. Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff fordert derweil eine Strafe, die wehtut.
Verstappen-Titel bei Einigung nicht in Gefahr
Accepted Breach Agreement, kurz: ABA – ein Begriff, der im F1-Fahrerlager gerade in aller Munde ist. Über eben eine solche Vereinbarung zur Anerkennung des Budgetregelbruchs verhandeln Red Bull und die FIA. Das Finanzreglement des Automobil-Weltverbandes sieht ein solches ABA vor, wenn ein Team mehr Geld ausgegeben hat, als es der Kostendeckel erlaubt.
Red Bull, das ist seit dem 10. Oktober amtlich, hat 2021 die Kostengrenze von 148,6 Millionen Dollar überschritten – „geringfügig“, also um weniger als fünf Prozent des Maximalbetrags. An welcher Stelle und um wie viele Dollars der Rennstall um Weltmeister Max Verstappen überzogen hat, ist ebenso unklar wie die Strafe für die Regelverletzung.
Genau hier setzt das ABA an. Einigt sich ein Team, das den Budgetdeckel gesprengt hat, mit der FIA auf ein ABA, …
… akzeptiert es die Strafe, die der Weltverband für das Vergehen ausspricht.
… verzichtet es auf das Recht, Einspruch gegen die Strafe einzulegen.
… stellt es sicher, dass gewisse Strafen ausgeschlossen sind.
Letzteres ist in Artikel 6.29, Absatz c, des Finanzregelwerks festgeschrieben. Einigt sich Red Bull mit der FIA, wäre ein nachträglicher Punktabzug für das Team oder Max Verstappen in der Saison 2021 vom Tisch, der erste Titel des Holländers somit nicht in Gefahr.
VIDEO: Steiner fordert von FIA konsequentes Durchgreifen
25 Prozent weniger Windkanalzeit für Red Bull wohl nicht akzeptabel
Dass Red Bull und die FIA einen ABA-Nenner finden, ist laut Teamchef Christian Horner eine Frage der Zeit. Der Brite betonte in Austin, sein Team sei an einer schnellen Lösung interessiert. Er hoffe auf eine Einigung noch in Austin.
Sollte es die nicht geben, droht ein echter Hängeprozess vor den entsprechenden Instanzen. „Es könnte weitere sechs, neun Monate dauern. Das ist nicht unsere Absicht“, sagte Horner: „Es ist im Interesse von jedem, des Sports und der Formel 1, die Angelegenheit so schnell wie möglich zu klären.“
Einen ersten Vorschlag der FIA für ein ABA hat Red Bull offenbar abgelehnt. Laut „auto motor und sport“ schlugen die Funktionäre einen Abzug von 25 Prozent der Windkanalzeit für die kommende Saison plus eine Geldstrafe vor. Red Bull soll damit nicht einverstanden gewesen sein, weswegen die Gespräche in Austin weitergehen.
Horner sauer auf die Konkurrenz
Horner zeigte sich am Samstag bei einer Pressekonferenz auf dem Circuit of the Americas sichtlich angefressen und enttäuscht über das Verhalten einiger Konkurrenten in der brisanten Angelegenheit, die zum Teil deutliche Strafen gefordert hatten. Horner betonte auch, dass Red Bull „null Nutzen“ bei der Entwicklung des Formel-1-Wagens im betroffenen vergangenen Jahr und darüber hinaus gehabt habe.
Horner nahm bei der offiziellen Pressekonferenz zum viertletzten Saisonrennen links neben McLaren-Geschäftsführer Zak Brown Platz. Die Miene grimmig, kein Lächeln. Brown hatte zu Wochenbeginn einen Brandbrief an den Präsidenten des Internationalen Automobilverbandes und den Chef der Formel 1 verfasst und die Überschreitung des Budgetlimits als Betrug bezeichnet.
"Es ist ungeheuer enttäuschend, wenn man von einem Mitbewerber des Betrugs beschuldigt wird. Es ist absolut schockierend, ohne jegliche Fakten und Kenntnis der Details solche Anschuldigungen zu erheben", sagte Horner, der von Schaden für die Marke, die Partner, Fahrer und die Belegschaft von Red Bull sprach: "Wir sind absolut entsetzt über das Verhalten einiger unserer Gegner."
Die Zahlen, die genannt würden, seien meilenweit entfernt von der Realität, erklärte der Red-Bull-Teamchef. 148,6 Millionen Dollar waren 2021 erlaubt. Medienberichten zufolge soll Red Bull um knapp zwei Millionen überzogen haben. Details gab es dazu von der FIA nach dem zweimal verschobenen Bericht noch nicht. Das befeuerte wiederum die Spekulationen. Horner sprach von einer „orchestrierten Kampgane“ mit dem Ziel, dass die FIA Red Bull drakonisch bestrafe.
Wolff: "Finanzreglement ist wie das Technik- oder Sportreglement"
Unterdessen meldete sich auch Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff zu Wort. Er spricht sich dafür aus, Verstöße gegen die Budgetgrenze konsequent zu bestrafen, um Klarheit zu schaffen. "Das Finanzreglement ist wie das Technik- oder Sportreglement. Wenn du wegen eines technischen Verstoßes disqualifiziert wirst, dann muss das auch für einen finanziellen Verstoß passieren, auch wenn das Finanzreglement noch neu ist“, zitiert die „Gazzetta dello Sport“ den Österreicher.
Zur Erinnerung: In Brasilien wurde Lewis Hamilton im Vorjahr bestraft, weil sein Heckflügel an einer Stelle um 0,2 Millimeter (!) zu weit aufklappte.
Er kenne das Ausmaß des Red-Bull-Verstoßes nicht, so Wolff. „Aber ein bis zwei Millionen können eine WM entscheiden. Die FIA muss also eine Entscheidung treffen, die wehtut und die dem Verstoß angemessen ist." (mar/dpa/sid)