"Wir haben nicht gesprochen"
Hülkenberg bei RTL: Hatte keinen Kontakt zu Mick seit Haas-Entscheidung
Er ist zurück! Nico Hülkenberg ersetzt 2023 Mick Schumacher im amerikanischen Formel-1-Team Haas. Damit ist der 35-Jährige der einzig verbliebene deutsche Pilot im Feld. Warum das für ihn kaum eine Rolle spielt, welcher Rekord ihm einfach nur „bumms“ ist und warum er vor sowie nach der Haas-Entscheidung keinen Kontakt zu Mick Schumacher hatte, erklärt der Formel-1-Routinier im RTL/ntv-Interview. Seine Antworten sehen Sie im Video.
Hülkenberg-Comeback nach drei Jahren
Die Zeit als Feuerwehrmann ist vorbei. Seit Ende 2019, als das Engagement bei Renault endete, war Nico Hülkenberg zwar ein gefragter „Springer“, allerdings keine Stammkraft mehr. Feuerwehrmann für Racing Point. Später dann für das Nachfolgeteam Aston Martin und Mercedes. Und der Allrounder lieferte, sprang mehrmals spontan in ein Arbeitsgerät, das er kaum kannte, teilweise auf Strecken, die er noch nie gefahren war wie 2022 in Saudi-Arabien. 2020 erreichte ihn in seiner eigentlichen Rolle als RTL-Experte beim Kaffeetrinken ein Anruf, er solle doch bitte den erkrankten Lance Stroll ersetzen. Schnellstmöglich. Hülkenberg, ganz in seinem Element, sprang erst in seinen Privat-Porsche, dann in den Racing-Point-Renner. Fast so, als wäre er nie weg gewesen.
Die Geschichte zeigt, dass Hülkenberg vor allem eines ist: ein Profi. Ein Profi, der sich drei Jahre lang hinten anstellte, im Hintergrund eher leise seinen Job erledigte und dennoch beste Kontakte gehalten hat, weil er als Ersatzmann eben oft an den Formel-1-Strecken auftauchte. Kontakt pflegte er zum Beispiel zu Günther Steiner. Der polarisierende Teamchef von Haas entschied sich Ende des Jahres für einen Wechsel in seinem zweiten Cockpit. Hülkenberg statt Schumacher. Erfahrung statt Jugend.
Der Wechsel hatte sich die Wochen zuvor angedeutet, verursachte dennoch einen Knall in Deutschland. Schumacher punktete nach Haas-Auffassung zu wenig, hatte mit ein paar Crashes hohe Kosten verursacht. „Wir mussten Mick tragen“, sagte Steiner hinterher. Hülkenberg lief sich im Hintergrund warm, hielt sich fit, einen direkten Austausch zu Schumi jr aber pflegte er in dieser Zeit nicht, wie er im RTL/ntv-Interview verriet. „Wir haben seitdem nicht miteinander geredet. Wir haben uns auch davor nie wirklich ausgetauscht“, sagt Hülkenberg. Natürlich plausche man mal auf der Fahrerparade, weil man eben die gleiche Sprache spreche, erklärt Hulk weiter. „Mick ist auch eine andere Generation. Wir hatten nie eine richtige Beziehung, so etwas wie er mit Sebastian (Vettel, Anmerkung der Redaktion) hat. Die Story ist jetzt, wie sie ist. Wenn es ich nicht gewesen wäre, wäre es vielleicht jemand anderes gewesen.“
Video: Aus für Mick Schumacher bei Haas - Hülkenberg kommt
Harte Worte. Vermutlich sehr ehrliche Worte. Denn in der Motorsport-Königsklasse regiert ein klares Prinzip: Leistung zählt (okay, Pay Driver ausgenommen). „In der F1 geht es über Leistung. Wenn man überzeugt und leistet, hat man einen Job, ist man eine heiße Aktie. Wenn die Leistung ausbleibt, dann ist es ganz schnell vorbei“, analysiert der neue Haas-Pilot.
Hülkenberg war so eine heiße Aktie im rummeligen Fahrerkarussell 2022. Kaum zu glauben: Der 35 Jahre alte Haas-Pilot ist nun der letzte deutsche Fahrer im F1-Zirkus. Erstmals seit 1993 ist nur ein Deutscher vertreten (damals Michael Schumacher, im Jahr darauf folgte Heinz-Harald Frentzen). Keine Frage, der große Boom in Deutschland ist vorerst vorbei. Kein Michael Schumacher mehr, kein Sebastian Vettel, kein Nico Rosberg, kein Deutschland-Rennen auf absehbare Zeit. Aber eben Nico Hülkenberg, der die Fahne hochhält. Für ihn spiele das keine all zu große Rolle. Es sei nicht so relevant, „wie viele Fahrer aus deinem Land am Start stehen“, sagt er im RTL-Interview. Es zähle nur eines: „Wenn du im Grid stehst, geht das Visier runter, dann ist jeder ein Gegner.“
Deutsche Fahrer? "Keiner drängt sich auf

Aber woran liegt der deutsche Niedergang in der Königsklasse? Hülkenberg macht in der Formel 1 Zyklen aus. 2010 gab es noch sieben deutsche Fahrer. 2023 nur noch ihn. „Jetzt haben wir einen Zyklus, eine Generation ausgesetzt“, lautet seine trockene Analyse. „Das hat man aber auch bei den Franzosen oder Südamerikanern gesehen.“ Auch im deutschen Nachwuchs gebe es aktuell keinen, der sich aufdrängt. Aber: „Das kann sich wieder in ein, zwei, drei Generationen, Jahrzehnten ändern.“
Wobei zwei, drei Generationen eine durchaus lange Zeit sein können. Vorerst liegt die deutsche Hoffnung und damit wohl auch Last auf den Schultern von Hülkenberg. Davon ist dem Haas-Zugang wenig bis nichts anzumerken. Viel mehr überragt die Freude, wieder im System Formel 1 mittendrin zu sein. Das Training für das nächste Jahr läuft auf Hochtouren.
Erster Test ein "Riesenschock" - Negativrekord einfach nur "bumms"
„Die Vorbereitung läuft gut. Es fühlt sich gut an, mal wieder reinzuklotzen. Das Volumen und Intensität im Training sind wieder hochgeschraubt, da waren die letzten Jahre entspannter. Es fühlt sich gut an, morgens aufzustehen, den Körper zu fühlen.“ 75 Kilogramm sei seine untere Gewichtsgrenze. Damit sei er schon fast nur Haut und Knochen – und ein bisschen Muskeln.
Direkt nach dem Abu-Dhabi-GP war er Ende November für erste Testrunden in den VF-22 gestiegen. „Ein Riesenschock“ für den Körper. „Wenn man keine F1 fährt monatelang, dann wieder diese Belastung. Diese G-Kräfte, die beim Fahren sehr auf den Körper einwirken, sind sehr speziell. Da kann man trainieren wie ein Weltmeister, das erste Mal in so einem Auto, da leidet jeder.“
Was für den 35 Jahre alten Fahrer drin ist bei Haas, ist zu diesem Zeitpunkt so gut wie nicht vorherzusagen. Teamchef Günther Steiner freute sich zwar schon über einen „Bomben-Motor“ aus der Ferrari-Fabrik. Hülkenberg weiß: „Bei aller Euphorie und Freude muss man realistisch bleiben. Man ist abhängig vom Auto.“ Die hohe Kunst in der Formel 1 sei es, „24 Mal im Jahr, jede Session, jedes Training das Optimum zu erreichen.“
Optimum wäre neben reichlich Punkten auch das ersehnte Podium. Hülkenberg ist weiter Inhaber des Negativrekords der meisten GP-Starts ohne Podest. 181 sind es Stand heute. Natürlich wäre das Podium eine schöne Story, sagt er fast schon unemotional. Der Negativrekord aber sei ihm schlichtweg „bumms“. „Da denke ich gar nicht drüber nach. Wer den hält, ist nicht wirklich in meinem Kopf drin.“ Voller Fokus, auf das, was da kommt also – zurück als Stammfahrer in der Formel 1.