Singapur-Sieger musste zittern
FIA-Logik at its best (or worst) - so begründen die Stewards die Perez-Strafe

Die Formel 1 und der Weltverband FIA liefern beim Grand Prix von Singapur wieder einmal ein veritables Kasperletheater. Erst ermitteln die Rennkommissare stundenlang gegen Sieger Sergio Perez. Dann bestrafen die Stewards den Mexikaner – mit einer Begründung, die irgendwie nicht einleuchtet.
Perez fuhr genug Vorsprung raus
Perez’ Triumph in der Nacht von Singapur hing am seidenen Faden. Oder besser gesagt: Er lag nach Zieldurchfahrt in den Händen der Rennleitung. Zweimal hatte „Checo“ bei seinem Ritt durch den Stadtstaat hinter dem Safety Car zu wenig Abstand gelassen – bestraft wurde er aber nur für einen Verstoß mit einer 5-Sekunden-Strafe. Weil Perez in den letzten Runden noch 7,6 Sekunden Vorsprung auf Ferrari-Pilot Charles Leclerc herausgefahren hatte, war der vierte GP-Sieg seiner F1-Karriere perfekt.
Beweislage klar
Warum die Rennkommissare mehrere Stunden brauchten, um die Szenen zu analysieren und eine Entscheidung zu fällen, verstand im Fahrerlager kaum jemand. Perez hatte erst in Runde 10, dann in Runde 36 den vorgeschriebenen Abstand von zehn Fahrzeuglängen auf Pace-Car-Pilot Bernd Mayländer nicht eingehalten – was auf TV-Bildern eindeutig zu erkennen ist.
Das Strafmaß hierfür lag in der Vergangenheit meistens bei einer 5-Sekunden-Strafe wie auch Red-Bull-Berater Helmut Marko nach dem Rennen einräumte. Hätte Perez diese für beide Vergehen kassiert, wäre er nur Zweiter hinter Leclerc geworden. Mit mindestens einer Strafe rechnete auch Red Bull während das Rennen noch lief: Das Team wies Perez in der Schlussphase an, „zu verschwinden“. Der 32-Jährige gehorchte, vergrößerte sein Polster auf Leclerc in wenigen Runden von 3,5 auf 7,6 Sekunden.
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„Fehlkommunikation“ mit Mayländer
Als Perez unter dem Damoklesschwert einer addierten 10-Sekunden-Strafe Champagner spritzte, liefen die Hirne der Rennkommissare heiß. Was tun? Zunächst einmal musste Perez um 23.55 Uhr Ortszeit (17.55 Uhr MESZ) zum Rapport bei den Stewards antanzen. „Checo“ sprach von einer „Fehlkommunikation“ mit Mayländer, verwies außerdem auf die Bedingungen.
"Bei der Anhörung gab Perez an, dass die Bedingungen sehr nass waren und dass es sehr schwierig war, dem Safety Car mit wenig Hitze in seinen Reifen und Bremsen zu folgen", teilten die Kommissare dann um 1.35 Uhr mit.
Erst hü, dann hott
Die Wetter-Erklärung (oder Ausrede?) für das Nichteinhalten des Mindestabstandes ließen die Stewards aber nicht gelten. „Obwohl die Strecke teilweise nass war, akzeptieren wir nicht, dass die Bedingungen so waren, dass es für Perez unmöglich oder gefährlich war, den erforderlichen Abstand von weniger als zehn Fahrzeuglängen einzuhalten“, heißt es im Urteilsspruch zu Verstoß 1.
Gewohnt inkonsequent kassierten die Regelhüter ihre Argumentation danach aber wieder ein: „Nichtsdestotrotz haben wir die nassen Bedingungen und die von Perez hervorgehobenen Schwierigkeiten als mildernde Umstände für diesen Vorfall berücksichtigt und dementsprechend entschieden, dass eine Verwarnung ausgesprochen werden sollte."
Mit anderen Worten: Die Bedingungen waren keine Entschuldigung für Perez’ Vergehen, gelten aber trotzdem als Entschuldigung für das Vergehen. Gemäß dieser Logik setzte es für den ersten Verstoß des Mexikaners eben nur eine Verwarnung. Erst für Vergehen Nummer 2 wurden Perez als Wiederholungstäter dann fünf Sekunden aufgebrummt.
„Es ist sicher schwer für die Kommissare“, zeigte Williams-Teamchef Jost Capito im RTL/ntv-Interview Verständnis für die FIA, sagte aber auch, sicherlich stellvertretend für viele F1-Fans: „Es wird Zeit, dass die Regeln einheitlich angewendet werden.“ (mar)